Candia

Candia

Candia, 1) (türkisch Kirid, früher Kreta), Insel im O. des Mittelmeeres zwischen Morea, den griechischen Inseln u. der Nordküste Afrikas, die größte der den Türken gehörigen Inseln; wird ihrer ganzen Länge nach von einem Kalkgebirge durchzogen, welches der SKüste näher steht, als der NKüste, im Westen mit den Weißen Bergen (Sfakiottici, Asprovouna), die sich bis zu 4300 Fuß erheben u. 8–9 Monate mit Schnee bedeckt sind, beginnt, dann fast in der Mitte der Insel in dem Psiloriti, dem berühmten Ida des Alterthums, die größte Höhe von 7200 Fuß erreicht u. ostwärts in den Lassitidergen, den niedrigsten der Insel, endigt. Die Küsten sind zerrissen, mit tiefen Buchten u. weit vorspringenden Caps; an der hohen, steilen u. fast unzugänglichen Südküste ist das Cap Matala (Theodia), das gegen[629] W. die Bai von Messara bildet u. zugleich die südlichste Spitze der Insel ist, am SWEnde ist das Cap Crio, gegen W. die Caps St. Nicolas u. St. Mare, an der NWSpitze das Cap Buso u. Spada, zwischen beiden die Bucht Kisamos, dann weiter die Bai von Kanea, das Cap Meleck (Melaka), Drepano, Retimo u.a.; an der Ostküste die Caps Salomone u. Saero u. die Bucht von Paläo-Castro u. die Sudabucht. Die Flüsse sind nur Gießbäche kurzen Laufs, u. die bedeutendsten im S. der Messara, der in die gleichnamige Bai, u. im N. der Mylopotamos, der in die Retimobai mündet. Das Klima ist äußerst mild u. gesund, bedingt durch die Lage im Meer, Bodengestaltung u. Ausdehnung; die durchschnittliche Temperatur beträgt 13,4° R.; der herrschende Wind ist der Nordwind (Embat), doch bisweilen streift auch der Sirocco verderblich über die Insel hin. Sie ist vulkanisch, nicht selten Erdbeben ausgesetzt, aber äußerst fruchtbar u. ergiebig in allen angebauten Gewächsen, bes. in den Thälern von Gortyna, Candia, Canea, Girapetro, u. hat vorzügliches Weideland. Producte: Feigen, Orangen, Granaten, Cypressen u. Myrthen wachsen wild u. bilden zum Theil Wald, ferner Eichen, Kastanien, Platanen, Nüsse u.a.; die Bodencultur war früher gut u. ausgedehnt u. lieferte viel Getreide zur Ausfuhr, liegt aber jetzt so darnieder, daß eingeführt werden muß; doch kommen zur Ausfuhr auch jetzt noch Olivenöl, vorzügliche Rosinen u. Wein (Malvasier), Baumwolle, Flachs, Honig, Wachs, Seide, Käse, Seife, Häute, Wolle, jährlich über 1 Mill. Thlr. an Werth. An Thieren gibt es noch Eber, Wölfe u. Schlangen, Gemsen, Muflons, Kaninchen; gezüchtet werden Pferde, Schafe, Rindweh, Schweine u. Bienen. Aus dem Mineralreich nur Gyps, Kalk, Schiefer u. Wetzsteine. Der Handel damit, bes. zu Canea, ist beträchtlich, aber Kunstfleiß u. Bergbau fehlen. C. hat mit einigen umliegenden Eilanden u. kleinen Inselgruppen einen Flächengehalt von 197 QM. u. zählt 150,000 Einw., zum größten Theil Griechen, dann Türken, Araber, Albaner, auch Negersklaven, Sfakioten, Abadioten; ihre Zahl belief sich vor dem Griechischen Freiheitskampfe auf 270,000 u. soll noch früher 1 Mill. betragen haben. In der Verwaltung bildet die Insel ein Paschalik mit dem Hauptorte Candia u. zerfällt in 3 Sandschakate; die Griechen, jetzt wenig bedrückt, stehen unter 15 Bischöfen. 2) Sandschakat darin, der größte, östliche Theil der Insel; 3) Bezirk in der Mitte der Insel; 4) Hauptstadt, fast in der Mitte der Nordküste, befestigt, Citadelle, Mauern, die schon von den Venetianern erbaut sind; Sitz des Pascha u. eines griechischen Erzbischofs; hat ein ärmliches Aussehen, ist aber durch freie Plätze u. Gärten sehr erweitert; 14 Moscheen, Kathedrale, griechische u. armenische Kirche, Synagoge, Kapuzinerkloster; große Seifenfabriken, ziemlicher Handel; der Hafen ist versandet u. nur kleinen Schiffen zugänglich, weshalb die größeren an der vor dem Hafen liegenden Insel Dia (Standia) anlegen u. löschen müssen; 12,000 Ew., wovon 3/4 Türken, die übrigen Griechen; 5) Meer von C., der Theil des Mittelmeeres nördlich von C. bis zu den griechischen Inseln, u. östlich von der Insel Karpatho bis westlich zu Cerigo; 6) Marktflecken in der Provinz Ivrea des sardinischen Fürstenthums Piemont; 2700 Ew. Dabei fischreischer See. Geburtsort des Papstes Alexander V.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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