- Senföl
Senföl, 1) ätherisches Öl, welches aus den Samen des schwarzen Senses, ferner von Iberis amara, Thlapsi bursa pastoris, Raphanis raphanistrum, Sisymbrium officinale, Alliaria officinalis u. Thlapsi arvense durch Digestion mit Wasser u. nachfolgender Destillation gewonnen wird. Es ist nicht fertig gebildet im Senf enthalten, sondern bildet sich aus der Myronsäure durch einen Gährungsact, wobei das Myrosin als Ferment thätig ist; ob sich das S. aus den übrigen S. liefernden Pflanzen auf gleiche Weise bildet od. ob es in ihnen präexistirt, ist nicht bekannt. Seiner rationellen Zusammensetzung nach ist S. Rhodanallyl, C6H5, C2 NS2. Das S. wird künstlich dargestellt durch Destillation von Jodallyl mit Schwefelcyankalium, od. indem man ein Doppelsalz aus Allylquecksilbersulfuret u. Allylquecksilberchlorid mit Rhodankalium bis auf 120–130° erhitzt. Unter Schwärzung der Masse, von ausgeschiedenem Schwefelquecksilber herrührend, destillirt ein Gemisch von S.u. Schwefelallyl über. Das S. ist eine farblose, das Licht stark brechende Flüssigkeit, von scharfem durchdringendem Geruch u. brennendem Geschmack, ist unlöslich in Wasser, leicht in Alkohol u. Äther; specifisches Gewicht = 1,01; siedet bei 148° C., löst Schwefel u. Phosphor in der Wärme auf, beim Erkalten scheiden sie sich wieder[844] ab. Mit Ammoniak bildet es eine geruchlose, krystallinische, organische Base, das Thiosinammin, C8H8N2S2, aus welchem durch Behandeln mit Bleioxydhydrat eine schwefelfreie Base, das Sinammin, C8H6N2, entsteht. Durch Behandeln des S-s mit Bleioxydhydrat, Barytwasser u. wässerigen Lösungen der Alkalien gibt es einen Theil seines Kohlenstoffes u. seinen Schwefel unter Bildung von Schwefelmetall u. kohlensaurem Metalloxyd ab u. verwandelt sich in eine organische Base, Sinapolin, C14H12N2O2. Wenn man S. mit Schwefelkalium digerirt, so bildet sich Knoblauchöl. Salpetersäure verwandelt das S. in Nitrosinapylharz, C24H12N6S4O12, das durch längere Zeit fortgesetzte Einwirkung von Salpetersäure in Nitrosinapylsäure, C18H9N7SO17, übergeht. Hlasiwetz stellte S. aus dem flüchtigen Öle der Asa foetida durch Zusammentreiben mit Rhodankalium dar; derselbe erhielt aus dem S. Salbeiöl. 2) Fettes S., s.u. Senfsamen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.