- Moskitoküste
Moskitoküste (Mosquitoküste), ein unter britischem Schutze stehender Indianerstaat östlich von Honduras in Mittelamerika; Grenzen: Caraibisches Meer, Honduras u. Nicaragua, von welchem letzteren es im Nordwesten durch den Roman, im Südwesten durch den Siquia Blewfieldsfluß) getrennt wird; Größe: 900–950 QM.; Vorgebirge: Cameron, Patook, Gracias a Dios, Blewfields etc.; Baien: Brewers, Caratasca, Guana, Arenes, Wawa, Perlas etc.; mehre gute Häfen, wie der Bocca del Toro (der beste), der Hafen vom Cap Gracias a Dios, an der Mündung des Patook u. an der des Blackriver. Der größte Theil des Landes ist gebirgig, indem Verzweigungen der Cordilleren von Guatemala u. ein Theil der Terrasse von Honduras mit weiten Plateaus u. hohen Bergen das Land bedecken; die höchsten Berge liegen an der Nordküste, Ceros de la Cruz u. Pan de Asucar, 1872 Fuß. Flüsse: Roman, Blackriver (Tinto), Patook, Cartago, Segovia (Herbias), Croose, Tulca, Grand Perlas, Siquia (Escondido, Blewfields). Klima: die M. liegt in der Zone der tropischen Jahreszeiten, wobei zwei Regenzeiten (Oct. bis Febr. u. Juni u. Juli) mit zwei trockenen Jahreszeiten (Febr. bis Juni u. Aug. bis Oct.) wechseln. Das Land ist ungesund; fast das ganze Jahr, bes. aber in der Winterregenzeit, herrschen Fieber, denen bes. die Europäer erliegen. Es gibt viel Wald; Savannen sind selten u. mit 6–7 Fuß hohem Pfeilgras bedeckt. Producte: Mahagonibäume, Farbehölzer, Cocospalmen etc.; wilde Schweine u. Hirsche, halb verwilderte Pferde u. Ochsen, Waldtauben, Papageien, Schnepfen, Enten, Pelicane, Seevögel, Fische, Schildkröten; schädliche u. lästige Thiere: Haie, Alligatoren, giftige Eidechsen u. Schlangen, die giftigen Gallwespen, unzählige Moskitos, Stech- u. Schmeißfliegen, Sandfliegen u. die sehr gefährlichen Sandflöhe etc. Der Viehstand an Pferden u. Rindern ist gering, dagegen werden viele Schweine gezogen. Die Bewohner sind Indianer, meist vom Stamme der Moskitos, Poyais, Towkas u.a., jetzt nur noch etwa 20,000 Köpfe stark. An der Spitze des Staates steht ein König; Residenzstadt ist der südlich gelegene Küstenort Blewfields. Die Engländer haben einen Schein von Cultur verbreitet; der König u. einige Vornehme sind getauft, es ist ein gesetzgebender Körper, ein Geschwornengericht etc. eingerichtet; allein die Bewohner sind noch ganz roh, ungebildet u. in neuerer Zeit sehr entartet u. träg. Der Seeverkehr ist sehr gering; die Handelslage ist aber wegen der Nähe der projectirten Straße zwischen dem Atlantischen u. Stillen Oceane sehr wichtig, wenn auch Englands Versuch, die Grenze der M. bis an den S. Juan auszudehnen u. sich so den Besitz jener Straße zu sichern, an der Energie der Nordamerikaner scheiterte.
Dieser Strich Centralamerikas wurde von Columbus auf seiner vierten Reise entdeckt u. zwar von den Spaniern besetzt, allein wegen anderweitiger Eroberungen bald vernachlässigt, weshalb die Engländer mit dem Könige der M. in freundlichen Verkehr traten u. ein Protectorat über das Land erlangten. In Folge davon siedelten sich mehre englische Colonien dort am Schwarzen Flusse an, welche jedoch nach dem Vertrage von 1786 das Land verlassen mußten, worauf die Spanier dasselbe wieder besetzten. Doch waren die Spanier den Indianern stets verhaßt, u. in Folge eines Überfalls unter dem indianischen Führer Tempest verließen sie das Land, worauf der König der M. souverän war. 1820 überließ derselbe das Gebiet der Poyais an der Nordküste dem Engländer Mac Gregor, welcher eine Colonie hat gründen wollte, doch[485] scheiterte sein Unternehmen an dem feindseligen Benehmen der Indianer. Später machten die Staaten Nicaragua, Honduras u. Costa Rica zugleich Ansprüche auf die M., u. die Nicaraguaner. ließen sich 1836 an der Mündung des S. Juan nieder. Der König verlangte nun 1840 von den Engländern Hülfe, doch wurde erst 1844 ein Generalconsul für Mosquitia ernannt. Inzwischen hatte eine englische Gesellschaft den Strich vom Cap Gracias a Dios bis an die Mündung des Patook bis 40 Meilen tief in das Land, 296 QM. groß, gekauft, u. zwei englische Colonien ließen sich am Blackriver u. Blewfields nieder. Auch der deutsche Colonisationsverein unter dem Protectorat des Prinzen Karl von Preußen u. des Fürsten von Schönburg-Waldenburg wollte Colonisten dahin schicken, doch löste sich der Verein schon 1846 wieder auf, da die öffentliche Meinung gegen dieses Unternehmen war, u. nur 1846 u. 1848 gingen Colonien aus Königsberg u. Ostpreußen dahin. Dagegen hatten die Engländer die M. nie aus den Augen verloren u. waren die Berather des Königs. Indeß können die Engländer auf der M. nicht offen ihren Einfluß entfalten, da in dem Vertrage vom 4. Juli 1850 zwischen Nordamerika u. England ausdrücklich bestimmt ist, daß keins von Beiden eine Herrschaft über die M. erstreben sollte, u. wegen der großen Wichtigkeit der M. für den zukünftigen Handelsweg hält Nordamerika sehr eifersüchtig auf diesen Vertrag.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.