Zuckerrohr

Zuckerrohr

Zuckerrohr (Saccharum), Pflanzengattung aus der Familie der Gräser (Gramineae-Andropogoneae); A) das echte Z. (gewöhnliche, Kreolische Z., S. officinarum), am Euphrat u. in Ostindien ursprünglich heimische nach den Kreuzzügen nach dem nördlichen Afrika u. selbst nach Sicilien u. der Provence, im Jahre 1420 durch die Portugiesen nach Madeira, die Canarischen Inseln, 1506 nach Hispaniola verpflanzt u. jetzt in Westindien sehr häufig cultivirt; mit 8–20 Fuß hohen, 11/2 – 2 Zoll dicken, walzigen, 40–80 Knoten habenden, ein lockeres, zelliges, saftiges Mark unter einer dichten, festen, glatten, glänzenden, gelb, roth od. violet gefärbten Rinde enthaltenden Halmen, welche sich in eine sehr große pyramidalische, ästige, ausgebreitete, aus sehr vielen Blüthen bestehende, gipfelständige Blüthenrispe endigen, unter dieser aber an den Knoten glatte, nackte,[717] 4–5 Fuß lange, schmale, schilfartig schneidende, an der Basis den Halm umfassenden Blätter tragen, welche jedoch am unteren Theile des Stängels, welcher am reichsten an Zuckerstoff ist, bald abfallen. Die Ährchen stehen paarweise in der großen pyramidalen Rispe, alle zwitterlich, halb zweiblüthig, von langen seidenen Haaren umgeben. Staubgefäße kommen in der Blüthe 1–3 vor u. die langen Griffel tragen springwedelige Narben. Die ovalen, an beiden Enden spitzigen Karyopsen sind von den trockenen Spelzen umgeben. In den ersten 4–5 Monaten erzeugen sich die ersten Knoten, dann mehre, bis deren 25–30 sind, u. die Stande wird 12 Fuß hoch. B) Tahitisches od. Otaheitisches Z. (S. officinarum otahitense), von Bougainville auf Otaheiti entdeckt, zeichnet sich durch höhern, stärkern, violetten Halm u. größern Reichthum an Zuckerstoff aus, verträgt auch die Kälte besser. Wenn die gelbgewordenen Halme behufs der Zuckerbereitung abgehauen worden, so treiben mehre neue Halme aus der Wurzel, welche in Ostindien in 9, in Amerika in 12–18 Monaten ihre Reise erlangen. Nach vier- bis fünfmaligem Abschneiden wird die Pflanze ausgehoben, zertheilt u. frisch angepflanzt. Übrigens werden auch die vor der Ernte abgeschnittenen Gipfel als Stecklinge zur Anlage neuer Pflanzungen benutzt. C) In Westindien werden bes. vier Varietäten des Z-s cultivirt: a) Country cane (Landrohr, altes creolisches Rohr), die älteste aus Ostindien stammende Form; b) Ribon cane (Bandrohr, Canna tistada der Spanier, S. fasciolatum Tussac), mit purpurnen od. gelben Strichen auf den Gliedern, bes. reich an Zucker, später eingeführt; c) Bourboncane, durch Bougainville von Isle de France aus in den französischen Colonien eingeführt, wegen ihres Reichthums an Zuckerstoff vorzugsweise angebaut. Scheint identisch mit dem S. offic. otahitense (s. oben) zu sein; d) Violet cane (Violettes, gebändertes Z., S. violaceum Tussac, auf den französischen Inseln als Batavisches Rohr bekannt), mit schwach violetten Halmen u. Blättern, blüht u. reist früher, gibt aber weniger krystallisirbaren Zucker, dessen Farbe einen violetten Strich hat. Der Bau geschieht in Westindien durch Ableger (Schößlinge) von 15 Zoll Länge am besten im November (Regenzeit). Die nach 14 Tagen erscheinenden Pflänzchen werden behäufelt; sie wachsen bald heran, bis sie den Boden gehörig beschatten, kommen in 12 Monaten zur Blüthe u. sind 4–7 Monate später völlig reif. D) In Ostindien unterscheidet man drei Sorten von Z.: a) Karambou, mit grün u. violet gefärbtem Halm, saftigem Mark, wird deshalb gegessen, gibt aber wenig Zucker; b) Karsoubou-Kari, rothes Z., mit dunkel violettem Halm, liefert den unter dem Namen Dschagre in Indien bekannten Rohrzucker; c) Karambon-Valli, weißes Z., mit hellgelbem Halm, dient zur Bereitung der weißen Cassonade. E) In China ist eine besondere Species: S. sinense Roxb. heimisch; sie zeichnet sich durch starken, aufrecht gegliederten, 10–15 Fuß hohen, größtentheils mit Blattscheiden bedeckten Halm, bloß bräunliche, 4–8 Zoll lange Glieder, fast zweireihige glatte, am Rande stachlige Blätter aus u. dient daselbst zur Zuckerfabrication.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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