- Bessarabien
Bessarabien, 1) russische Provinz zwischen dem Schwarzen Meere, dem Pruth u. Jalpuch, grenzt im N. an Podolien, im O. an Cherson, im S. u. W. an die Moldau u. im NW. an Galizien; hat 794 QM., ist im Allgemeinen fruchtbar, im N. waldreich, gebirgig u. hügelig, im S. baumlose Steppen u. Weideland (Rudschäks), dünn bevölkert, Einw.: 7–800,000, Moldauer, Juden, Armenier, Zigeuner, Russen, Griechen, welche größtentheils Ackerbau u. Viehzucht treiben, doch steht die Landwirthschaft noch auf sehr niedriger Stufe u. die Industrie befindet sich noch in der Kindheit. Flüsse: Pruth u. Jalpuch, in die Donau mündend, Kagalnick, Sarata u. Dniestr mit dem Nebenfluß[676] Kobolta; meist bilden diese bei ihrem Ausfluß Seen u. Sümpfe (Limanen). Naturproducte: Gemüse (Gurken, Kürbisse, Melonen etc.), Obst, Getreide (Hirse, Gerste, Mais), Flachs, Hanf, Tabak, Färbekräuter, Mohn, Wein, namentlich am Dniestr-Liman in vorzüglicher Qualität, Wildpret, Bären, Luchse, Wölfe, Pferde, Büffel, Schafe, Schweine, viele Wasservögel u. Fische (Hausen, Sterlete); die Gebirge sind reich an Salz, Steinkohlen, Salpeter u. Marmor. Das Klima ist im Ganzen gesund u. mild. Sitz der Regierung u. des Civilgouverneurs ist Kischenew. Die Provinz zerfällt in 5 Kreise: Chotin, Beltzy, Kischenew, Bender u. Akjerman. 2) (Gesch.). Die Bewohner B-s waren früher skythische Nomadenstämme. Oft besiegt, nie bezwungen, machten sie auch keinen eigentlichen Theil des Römischen u. Byzantinischen Reiches aus. Später verschmolz B. wohl mit dem Bulgarischen Reich. Seit dem 13. Jahrh. gehörte es zur Moldau u. erhielt damals seinen Namen von der moldauischen Fürstenfamilie Bessaraba, s.d. (Gesch.). Beim Einfall der Türken nahmen die dort wohnenden Tataren den Islam an u. wurden von den Türken als dem moldanischen Hospodar unterworfen betrachtet, wenn dieser auch nicht immer die Oberherrschaft behaupten konnte. Später kam das Land unter die Botmäßigkeit des Tatarkhan, ein Verhältniß, welches im Frieden von Kutschuk Kainardschi (1774) förmlich anerkannt wurde, obgleich es noch immer dem Namen nach zur Moldau gehörte. Seitdem sich die Grenzen zwischen Rußland u. der Türkei regulirten, gehörte B. auch wohl letzterer an. Als sich der Khan bald darauf Rußland unterwarf, blieb es unter türkischer Botmäßigkeit, bis zum Frieden von Buckarest 1812, in Folge dessen B. an Rußland abgetreten wurde. Beim Frieden von Adrianopel 1829 kamen noch einige Annexa an Rußland, wodurch die Donaumündungen der Türkei verloren gingen. Diese Annexa, ein. Landstrich zwischen dem Pruth u. Jalpuch u. der südliche Theil bis zum Trajanswall, wurden von Rußland in Folge des Pariser Friedens, 1856, wieder abgetreten u. zur Moldau geschlagen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.