Essäer

Essäer

Essäer (Essener, wahrscheinlich von dem hebräischen Chasitim [die Heiligen], unter welchem Namen sie auch im Talmud vorkommen), jüdische Secte, schon 200 v. Chr. bedeutend, nach Einigen aus den alten Prophetenschulen, nach Anderen aus der der Pythagoreer hervorgegangen, später durch mehrere Länder verbreitet. Sie hatten reine Begriffe von Einem heiligen Urwesen, hielten sehr streng auf Religionsgesetze, bes. auf die Sabbathsfeier u. Fasten, brachten keine blutigen Opfer u. glaubten an ein zweites Leben, hielten den Eid für verboten, meinten die Zukunft, bes. durch mystische Auslegung der Religionsbücher, erkennen zu können u. gründeten ihre Sittenlehre auf Liebe zu Gott, zu der Tugend u. zu den Menschen. Strenge Mäßigkeit u. Reinheit achteten sie bes. u. übten die strengste Herrschaft über sich selbst aus. Sie beschäftigten sich mit Acker- u. Obstbau, Bienenzucht, Natur- u. Heilkunde. Sie trugen ein weisses Gewand, ihre Kost war höchst einfach, ihr Leben in der freien Natur, in einfachen Hütten, seltener in Städten. Wenige waren verheirathet; aber fremde Kindernahmen sie auf u. erzogen sie zu Weltbürgern. Ihren einfachen gemeinschaftlichen Mahlen ging eine einfache religiöse Feier vorher, Hymnen folgten. Viel. lebten in der Einsamkeit. Ihre Verfassung beruhte auf dem Grundsatze der natürlichen Gleichheit der Menschen u. auf dem der brüderlichen Liebe; keiner war Knecht; sie dienten einander wechselsweise u. hielten die Herrschaft über Andere od. ganze Länder für eine Verletzung der Naturordnung. Keiner besaß mehr, als er brauchte. Nur die Älteren u. Weisern hatten einen durch die Natur bestimmten Vorrang, sie hatten gemeinschaftliche Schatzmeister u. Vorsteher bei den gemeinschaftlichen Mahlen. Die richtende Gewalt lag in den Händen Aller (wenigstens 100 mußten beisammen sein). Ausstoßung war die härteste Strafe. Den Aufzunehmenden wurde als Zeichen eine Schürze u. eine kleine Hacke (dieses Werkzeug diente, eine Grube zu machen, in welche sie ihre Nothdurft verrichteten, u. dieselbe wieder zuzuschaufeln), gegeben; dem folgte eine feierliche Besprengung mit Wasser; aber erst nach 2 Jahren nahmen sie an den Mahlen u. den Rechten des Bundes Theil, nachdem sie vorher Treue der Tugend, dem Bunde u. Verschwiegenheit gelobt hatten. Sie wohnten namentlich an der Westseite des Todten Meeres. Symbole waren ihnen die Zahl 7 u. das △. Verwandt mit ihnen sind die Therapeuten (s.d.) in Ägypten, so wie nach Einigen das Christenthum u. die Freimaurerei aus ihnen hervorgegangen sein soll. Die ausführlichen Nachrichten über die E. finden sich bei Josephus u. Philo; außerdem schrieb über sie Bellermann, Berl. 1821; Sauer, Warschau 1829; Meyer, in den Hesperiden, I. S. 48 ff.; Leutbecher, Die E., Amsterd. 1857.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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