- Maccaronische Poesie
Maccaronische Poesie (Maccheronische Poesie), nannte man ursprünglich scherzhafte lateinische Gedichte, in welche Wörter der jedesmaligen Nationalsprache des Dichters mit lateinischen Endungen eingestreut waren, um einen komischen Effect hervorzubringen, od. überhaupt eine auf Vermischung der Sprachen gestützte Art der komischen Poesie. Als Erfinder derselben wird Typhis Odaxius (Tifi degli Odasi) aus Padua (gest. 1488) genannt, dessen wiederholt in Venedig gedrucktes Gedicht La Maccharonea zu den größten Seltenheiten gebört. Poetische Bedeutung erhielt die M. P. aber zuerst durch Teofilo Folengo (od. De Folenghi aus Cipada bei Mantua, geb. 8. Nov. 1491, trat 1507 in ein Benedictinerkloster, lebte dann mit einer schönen Frau als Abenteurer in verschiedenen Orten Italiens, kehrte jedoch 1557 zum Mönchsleben zurück u. st. 9. Dec. 1544 im Kloster Santa Croce di Campese). Sein Hauptwerk ist das Gedicht von den Thaten des Baldo da Cipada in 25 Büchern, eine Parodie der Äneis; diesem schließen sich die [663] Ekloge Zanitonella, die Moscheis od. Moscäa (herausgeg. von Genthe, Eisl. 1846, deutsch von Hans Christoph Fuchs, Schmalkalden 1580, dann 1600, Strasb. 1612), ein heroisch-komisches Gedicht vom Ameisen- u. Mückenkrieg in drei Büchern, u. das Chaos del Triperuno an; seine Macaronica gab er unter dem Pseudonym Merlinoes Cocqius 1517 heraus (Vened. 1530, Amst. [Mantua] 1768–1771, 2 Bde.) u. erklärte in der Einleitung den Namen M. P. daher, daß er zu ihr, wie zu den Maccaroni verschiedene Mischtheile genommen würden, das Lateinische mit dem Italienischen vermischte. Nach Folengo traten Guarini Capella, der Piemontese Giovanni Aglione od. Ariane aus Asti (1490–1560), Bartolommeo Bolla aus Bergamo (um 1570), Bernardinus Stephonius (gest. 1620), Andrea Bajani u. Cesare Orsini aus dem Genuesischen (um 1630), als maccaronische Dichter auf, doch reicht nur der Letztgenannte an den unübertroffenen Folengo hinan. Der erste u. zugleich auch beste maccaronische Dichter der Franzosen war Antonius de Arena, auch Sablon od. de la Sable genannt (aus Souliers in der Provence, gest. 1544), ein gelehrter Jurist, dessen Satyre auf den Kriegszug Karls V. gegen Frankreich am meisten geschätzt wird. Sonst haben noch die bekannten Dichter Remy Belleau, Etienne Tabourot u. Eduard du Monin sich in dieser Dichtungsart versucht, doch wurden dieselben von Janus Cäcilius Frey (aus Kaiserstuhl in Baden, gest. 1631), dem Leibarzt der Katharina von Medici, übertroffen, welcher in einem maccaronischen Gedichte den Aufruhr der Winzer des Dorfes Ruel u. der Häscher von Paris besang. Maccaronische Satyren lieferten auch Hotoman, Beza, Lichiard u. Andere. Die in dem dritten Zwischenspiel zu Molières Malade imaginaire vorkommenden Verse sind mehr Küchenlatein als maccaronisch. In Deutschland hat diese possenhafte Dichtungsart, zu welcher wahrscheinlich das Mönchslatein des Mittelalters Veranlassung gab, keinen festen Boden gewinnen können; das bedeutendste Denkmal derselben ist die Flohiade (s.d.), da das Gedicht Lustitudo studentich kein wirkliches Maccaronisch enthält. Einige maccaronische Stellen finden sich in Fischarts Geschichtsklitterung (Cap. 22). In England sind John Skelton, der Schotte William Drummond u. der katholisch-theologische Alex. Geddes (gest. 1802) als maccaronische Dichter zu nennen; einzelne Versuche sind auch aus Spanien u. Portugal bekannt. Vgl. Genthe, Geschichte der M-n Poesie u. Sammlung ihrer wichugsten Denkmale, Halle u. Lpz 1829; Eichstädt, De poesi maccaronica, Jena 1831.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.