- Gesichtslinien
Gesichtslinien, 1) Dimensionen gewisser Kopftheile von einander u. Bezug derselben auf andere Dimensionen derselben Art, um darnach die Eigenheit des menschlichen Gesichts zu bestimmen. Die Gesichtslänge überhaupt, vom oberen Theil des Stirnbeines bis zum Kinn, gilt für 1/10, der ganzen Körperlänge. P. Camper stellte zuerst im Besonderen eine G-e (Campersche G.) nach folgender [298] Grundlage auf: Man ziehe in der Seitenansicht eines Menschenkopfes von dem hervorragendsten mittleren Theile der Stirne über der Nase an gerade abwärts bis zu dem hervorragendsten Theile des Oberkiefers über den mittleren Zähnen in Gedanken eine Linie u. beziehe sie auf eine zweite, horizontal gezogen gedachte Linie, die in derselben Ansicht von dem äußeren Gehörgang aus vorwärts zur Grundfläche der Nasenhöhle ihre Richtung nimmt. Je kleiner der Winkel ist, den die erste Linie (als G.) mit der gedachten Horizontallinie bildet, desto mehr bekommt der zum Kiefersystem gehörige Theil der Kopfknochen über den zum Gehirnsystem gehörigen das Übergewicht. Beim Menschen ist der Winkel in dem Verhältniß spitzig, als der Kopf der Affenform sich nähert; doch hat er schon am Negerkopf 70°, beim europäischen Kopf aber gewöhnlich 80°, im schönen Kopf aber wird er zum rechten Winkel. In Abbildung schöner Köpfe der alten Griechen weicht diese Linie sogar noch bis über 10°, also bis zu 100° zurück. Doch reicht diese Bestimmung zur Charakterisirung von Nationalschädeln nicht hin. Spix stellte daher folgende drei G. auf: a) eine vom niedrigsten Punkt des Gelenkknopfes des Schädels zum oberen Rande des vorderen Schneidezahnes; b) eine von hier aus zur Verbindung des Stirnbeines mit dem Nasenbein; c) eine von hier aus zu dem gedachten Punkt am Gelenkknopf. Den Winkel, den die erste u. die zweite Linie einschließen, nennt er Gesichtswinkel, den der zweiten u. dritten Schädelwinkel; vgl. Kopflinien; 2) (Facen), die beiden Walllinien einer Bastion.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.