Gnome

Gnome

Gnome (gr., lat. Sententia, Sentenz), kurzer, körniger Spruch, welcher eine Regel od. einen Grundsatz (Maxime) enthält, z.B. die Sprüche der Sieben Weisen Griechenlands, wie: Kenne dich selbst! Nichts zu viel! Solche Sprüche wurden dann erweitert in dem Maß eines Hexameters od. Distichons, auch mehrer, als Gnomische Poesie, eine besondere Art der elegischen Poesie u. zunächst der politischen untergeordnet; ihr Inhalt sind Rathschläge u. Lehren für das praktische Leben, dessen Erfahrungen u. Beobachtungen darin niedergelegt sind. Da in ältester Zeit Recht u. Sitte, Gesetz u. Lehre noch nicht von einander geschieden waren, so wurden die ältesten Satzungen u. Gewohnheitsrechte gewöhnlich in der Form von G-n gegeben u. so der Jugend eingeprägt. Die Gnomische Poesie erscheint schon reich bei den Orientalen, so bei den Hebräern Salomos u. Jesus Sirachs Sprüche; bei den Arabern mehrere Sammlungen; bei den Persern Scheich Attar u. Sadi; Inder u. Chinesen stehen nicht nach. Bei den Griechen fanden sich die G., außer in den Schulen der Philosophen von Mund zu Mund getragen, an öffentlich aufgestellten Säulen, z.B. an den Hermensäulen in Athen, eingegraben. Dichter derselben, in künstlerischer Form (Gnomiker) waren bei den Griechen Solon, Theognis, Simonides, Phokylides, [432] Pythagoras; Sammlungen ihrer, zum Theil unechten G-n (Gnomologien) sind von Brunck, zuletzt Lpz. 1817; von Orelli, Zür. 1819–21, 2 Bde.; u. von Gaisford, Oxf. 1814–20, n.A. Lpz. 1823. Die G-n der römischen Dichter, unter denen bes. Dion. Cato bekannt ist, sammelte Tschucke, Lpz. 1790; Kremsier, ebd. 1809. Nicht weniger reich ist die germanische Literatur an solchen Spruchgedichten. Im Altnordischen wurde die Spruchform außer auf Regeln auch auf mythologische u. heldensaglichepische Stoffe angewendet. Das älteste Gedicht dieser Art ist das Havamal, später das Solarlied u. der Grongaldr, jenes Lebensregeln vom christlichen, dies vom heidnischen Standpunkt aus enthaltend; s.u. Edda.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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