- Keuchhusten
Keuchhusten (Tussis convulsiva, T. ferina, Pertussis), meist nur bei Kindern u. epidemisch auftretende, sich in periodisch wiederkehrenden, eigenthümlichen krampfhaften Hustenanfällen äußernde Krankheit. Die eigentliche Ursache des K-s zu ergründen, ist bis jetzt nicht gelungen u. mag wohl in der eigenthümlichen, zu Krampferscheinungen geneigten Natur des kindlichen Organismus u. der besonderen Enge der Stimmritze bedingt sein. Matt unterscheidet drei Zeiträume: a) der katarrhalische Zeitraum (Stadium catarrhale); dir H. beginnt als gewöhnlicher Katarrh zumeist mit gelindem Fieber. Ein trockener, hell- u. hochtönender Husten, der zumal Abends heftiger wird, nur aber mit einer sparsamen Absonderung eines serösen Schleimes aus Mund u. Nase verbunden ist. Schon in diesem Zeitraum zeigt sich, daß der Husten durch Gemüthsbewegungen, durch Esten od. Trinken geweckt wird. b) Der krampfhafte Zeitraum (Stadium convulsivum), bezeichnet durch die besondere Alt des Hustens, die intermittirende in Anfällen u. freien Zwischenräumen auftretende Form der Krankheit. Der Husten kommt sehr plötzlich, beginnt mit einem langen, zuweilen keuchenden Einathmen, worauf fünf, sechs od. mehrere kurz u. gellend abgestoßene Ausatmungen schnell hintereinander folgen, ohne daß dazwischen Einathmung, möglich wäre, die endlich (bei verengter Stimmritze) als ein langgedehntes, keuchend schallendes Stöhnen od. Pfeifen eintritt, aber oft auch wieder von neuen Anfallen gefolgt ist. Jeder Anfall dauert etwa 3 bis 4 Minuten u. stellt den eigenthümlichen, aus dem einige Mal sich wiederholenden Wechsel jenes Ein- u. Ausathmens bestehenden Krampfhusten bar. Zumeist treten die Anfälle von selbst auf, werden aber auch durch Gemütsbewegungen, Schreck, Weinen, Lachen, Schlingen, auch durch Anhören anderer Hustenden leicht angeregt. Diese Anfälle kommen Plötzlich, beginnen mit einem Vorgefühle (Aura), der Kranke wird ängstlich, richtet sich auf u. sucht durch Anklammern einen festen Stützpunkt für den Oberkörper zu gewinnen. Der K. ist mit gewaltsamen Zusammenziehungen der Hals-, Bauch- u. Brustmuskeln verbunden, die Athmung wird dadurch gehemmt, das Gesicht roch u. blau, der Puls frequent u. klein, die Extremitäten kalt; in manchen Fällen gesellen sich Gesichtszuckungen od. andere Krämpfe hinzu, häufig stellt sich am Ende Erbrechen ein u. es kommt Blut aus Mund u. Nase. Anfangs kommen nur wenige solcher Anfälle, nach u. nach werden sie immer häufiger u. anstrengender, u. die Kranken behalten oft ein gedunsenes Ansehen, hohle, auch wohl blutunterlaufene Augen. Der zweite Zeitraum ist von sehr unbestimmter Dauer, meist nicht unter 3 bis 4 Wochen, u. geht dann in c) den kritischen Zeitraum (Stadium criticum s. mucosum) od. das Schleimstadium über, indem der Husten nach u. nach seine Heftigkeit u. seine eigenthümliche krampfhafte Form verliert, weniger quälend, mehr feucht u. lösend wird u. der Auswurf eines reichlichen Schleimes erfolgt, womit sich dann die Krankheit in einigen Wochen[452] allmälig zertheilt od. in anderweite Nachkrankheiten übergeht. Der K. herrscht epidemisch u. pflanzt sich bisweilen auch durch wirkliche Ansteckung (wie Krampfkrankheiten überhaupt) fort. Am häufigsten kommt er in den späteren Wintermonaten u. im Frühlinge vor, begleitet bisweilen die Influenza, die Pocken- u. Masernepidemie u. befällt bes. die Kinder bis zum siebenten Jahre Die Dauer des K. ist gewöhnlich 6 Wochen u. hört dann bei zweckmäßigem Verhalten von selbst auf. Lange Dauer führt leicht zu Abzehrungen, Gehirnkrankheiten od. zu anhaltenden Brustübeln (zu Lungenemphysem od. Tuberkelkrankheiten); auch kann in heftigen Anfällen Tod durch Erstickung, Blutsturz, Schlagfluß eintreten, wiewohl selten. Auch sind die verschiedenen Epidemien von verschiedenem Charakter. Die Behandlung ist im Ganzen, so verschieden auch die angewendeten Mittel sind, wenig erfolgreich. Bei der Hannonschen tonisirenden Fleischdiät soll der K. in spätestens 14 Tagen verschwinden. Veränderung des Wohnortes u. Genuß reiner, nur nicht zu kalter Luft, Einathmung von Wasserdämpfen leisten noch die besten Dienste. Vgl. Markus, Der K., Bamb. 1816; Clossius, Über die Quelle des K-s, Coblenz 1818; Desruelles, Über den K. (Preischrift), aus dem Französischen (Par 1827) von v. d. Busch, Brem. 1828; Roe, Treatise on the nature et treatment of Hooping-Cough, Lond. 1838; Aberle, Tussis convulsiva, Wien 1843.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.