Kossuth [1]

Kossuth [1]

Kossuth (spr. Koschuth), Lajos, d.i. Ludwig, geb. 16. Sept. 1802 in dem Dorfe Monok im ungarischen Comitate Zemplin, von armen adeligen Eltern kroatischer Abkunft u. evangelischer Religion, erhielt seine erste Bildung im Piaristencollegium zu Sátoralja-Ujhely, seine wissenschaftliche Vorbildung in der Evangelischen Schule zu Eperies u.[742] studirte auf dem reformirten Collegium zu Sarospatack Jurisprudenz, widmete sich darauf der advocatorischen Laufbahn u. hatte bereits 1827 im Tomitate Zemplin eine ausgedehnte Praxis. 1831 siedelte er nach Pesth über, prakticirte dort ebenfalls als Advocat u. ging 1832 als Absentenlegat auf den Landtag nach Presburg. Daneben gab er auf Wesselenyi's Empfehlung im Auftrag der liberalen Partei eine Reichstagszeitung heraus, welche ihm aber die Verfolgung der oft hart getadelten Regierung zuzog. Um die Censur zu vermeiden, wurde diese Zeitung nachher lithographirt, später sogar abgeschrieben. Die Regierung verbot die Fortsetzung dieser Zeitung u. ließ, da dieselbe nicht unterblieb, im Mai 1837 K. verhaften, u. von der Septemviraltafel wegen Hochverraths zu vierjähriger Festungsstrafe verurtheilt, in die Festung Munkacs bringen, aus welcher er 1840 bei einer allgemeinen Amnestie wieder entlassen wurde. Nach Pesth zurückgekehrt, gründete K. eine neue politische Zeitung, Pesti hirlap, durch welche er nach u. nach einen immer größeren Einfluß auf die Stimmung seiner Landsleute u. namentlich der Jugend gewann. Auf den Landtagen dagegen machte K. längere Zeit wenig Glück, da die Conservativen u. die gemäßigten Liberalen seine demokratischen Tendenzen fürchteten u. durch ihn eine Aussöhnung mit der Wiener Staatskanzlei immer wieder gestört sahen. 1844 legte er die Redaction des Pesti hirlap nieder, wirkte aber in gleichem Sinne durch u. auf Vereine. 1847 wurde er von dem Pesther Comitat zu dem Landtage gewählt. Er wurde bald der Führer der Opposition u. trat gegen das Metternichsche System auf, dessen Sturz durch die Wiener Märzereignisse 1848 die Bildung eines selbständigen ungarischen Ministeriums unter Batthyanyi's Vorsitz herbeiführte, in welchem K. die Finanzen übernahm u. während des Sommers 1848 die Mittel zu dem Kampfe schaffte, welcher nun ausbrach. Nach der Auflösung des ungarischen Ministeriums im September 1848 trat K. an die Spitze des Landesvertheidigungsausschusses u. wurde hier die Veranlassung, daß die Kroaten u. Serbier, welche sich der Revolution angeschlossen hatten, aber mit ihrer Petition bei dem ungarischen Ministerium um die Anerkennung ihrer Nationalität u. den Gebrauch ihrer Sprache beim Landtage abgewiesen wurden, sich von der ungarischen Sache lossagten u. sogar die Waffen gegen Ungarn ergriffen. Während des nun folgenden Kampfes (s.u. Ungarn [Gesch]) entwickelte K. im Reichstage, wie als Präsident des Landesvertheidigungsausschusses, große Thätigkeit u. suchte durch sein persönliches Erscheinen im Lande das Volk zum Widerstande zu bewegen. Zu dem Kriege gegen die Slawen kam, nachdem die Vermittelungsversuche zwischen Ungarn u. dem Kaiserhofe gescheitert u. in Folge der Ermordung Lambergs durch kaiserliches Manifest vom 3. Oct. 1848 der Reichstag aufgelöst war, noch der Krieg mit Österreich. Als Windischgrätz gegen Pesth vorrückte, verließ K. in der Nacht vom 4. bis 5. Jan. 1849 diese Stadt u. ging mit der Regierungsarmee nach Debreczin, wurde, als auf seinen Antrag am 14. April 1849 das Haus Habsburg des Thrones verlustig erklärt ward, selbst zum Gouverneur von Ungarn ernannt, wählte sich ein Ministerium u. Arad zum Sitz seiner Regierung. Allmälig verwandelten sich die anfänglichen Siege der Magyaren in Niederlagen, K. mußte zum zweiten Male mit der Regierung aus Pesth flüchten, ging nach Szegedin u. legte am 11. Aug. nach der Schlacht bei Temeswar die Gewalt in die Hände Görgeys nieder. Nach der Capitulation bei Vilagos flüchtete K., nachdem er zuvor die Heilige Krone (s.d.) in der Nähe von Orsowa vergraben hatte, von Arad über Lugos, Tergava am 10. Aug. auf Türkisches Gebiet, zunächst nach Alt-Orsowa u. dann auf erhaltene Weisung am 22. Aug. nach Widdin; von wo er am 3. Nov. nach Schumla (wo Ende Jan. 1850 seine Gattin, Therese geb. Meszlényi, bei ihm ankam) u. am 15. Febr. nach Kiutahia übergeführt wurde (wo seine Kinder zu ihm gebracht wurden). In Folge der Anregungen zur Freigebung K-s, bes. durch Frankreich u. England, gab die Pforte, trotz der drohenden Note Österreichs, welche auf die Verlängerung der Internirung drang, K. frei, u. am 7. Sept. 1851 fuhr derselbe mit seinen Gefährten auf der von der Regierung der Vereinigten Staaten hierzu geschickten Dampffregatte Mississippi von Gemleck ab u. lief am 26. Sept. in Marseille ein, von wo er 1. Oct. weiter fuhr u. auf einem englischen Dampfer nach England ging, wo er am 23. Oct. vor Southampton ankam u. von vielen Orten mit Adressen begrüßt wurde; er besuchte London, Birmingham, Manchester u. am 13. Nov. 1851 Liverpool, überall heftige Reden gegen die bestehenden Verhältnisse auf dem Continent haltend. Darauf reiste er nach Amerika. Noch während seiner Fahrt auf dem Mittelmeere wurde die Sentenz des Kriegsgerichts am 22. Sept. 1851 gegen ihn zu Pesth verkündet, welche ihn u. 35 andere gravirte u. flüchtige Ungarn zur Confiscation ihres Vermögens in zur Todesstrafe verurtheilte; wegen ihrer persönlichen Abwesenheit wurden ihre Namen an den Galgen geschlagen. Nachdem er in den Vereinigten Staaten zu Gunsten einer neuen ungarischen Erhebung gewirkt hatte, sich aber bald in sei neu Erwartungen getäuscht fand, kehrte er 1852 nach London zurück, wo er unausgesetzt in gleichem Sinne thätig wat, bis er bei Beginn des Italienischen Feldzugs im Frühjahr 1859 seinen Plan für gereist hielt, anfangs durch die englische Presse für das Nichtinterventionsprincip kämpfte, dann mit dem Kaiser Napoleon in directe Unterhandlungen trat, mit den Häuptern der ungarischen Emigranten nach Oberitalien ging u. von dort aus die allgemeine Insurrection Ungarns anbahnte, deren Ausbruch jedoch die Friedenspräliminarien von Villafranca (12. Juli 1859) verhinderten. Darauf kehrte K. sofort wieder nach London zurück. Vgl. Ludwig Kossuth als Staatsmann u. Redner, Manh. 1848; K. u. die Revolution, Wien 1850; Horn, Ludw. Kossuth, Lpz. 1851; Ludw. Kossuth in England, Braunschw. 1851; Ungarns politische Charaktere, Mainz 1851; Szemere, L. Batthyányi, A. Görgei u. L. Kossuth, Hamb. 1852.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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