- Pol, St. [1]
St. Pol, 1) Valeran, Graf v. St. P., eigentlich Graf von Luxemburg-Ligny, Graf zu St. Pol, geb. 1355; ging nach mehren tapferen Thaten in französische Dienste, wurde von den Engländern gefangen, aber mit Auszeichnung behandelt u. erschien sogar am Hofe des Königs Richard II., wo er die Bekanntschaft von dessen Schwester, der Prinzessin Mathilde von Courtenai, machte u. sich mit ihr versprach. Als er nach Frankreich zurückkehrte, wollte König Karl V. diese Verbindung nicht zugeben, St. P. entfloh daher wieder nach England, wo seine Verbindung vollzogen wurde, kehrte aber unter Karl VI. zurück u. begleitete denselben auf der Expedition nach Bretagne; er ging 1396, um den Frieden zu unterhandeln, nach London. Da er eine Summe Geld nicht zurückerhalten konnte, welche sein Bruder dem Kaiser Wenzel geliehen hatte, fiel er in das Luxemburgische u. 1398 in das deutsche Gebiet ein u. brandschatzte Jülich. 1402 erregte die Absetzung u. das Ende des Königs Richard ein lebhaftes Rachegefühl in ihm; er bewirkte eine Landung auf Wight, wurde zwar von den Einwohnern zurückgedrängt, unterhielt aber diese Feindseligkeiten zwei Jahre lang, bis er vollkommen geschlagen wurde. Er wurde 1410 Gouverneur von Paris, wo er 1411 die ausschweifende, aus 100 Fleischern od. Ecorcheurs (Schindern) bestehende Miliz bildete, 1412 Connetable u. schlug die Armagnacs in der Normandie; 1413 wurde er seiner Würde als Connetable entsetzt u. st. 1417. 2) Ludwig von Luxemburg, Graf von St. P., Neffe u. Mündel Johanns von Luxemburg, geb. 1418; zeichnete sich, mit seinem Oheim auf der englisch-burgundischen Partei stehend, unter dessen Leitung in Grausamkeiten aus u. nahm 1440 ein Artillerie-Convoi weg, welches der König von Tournai nach Paris bringen ließ; er begab sich auf Vermittelung seiner Mutter an den Hof Karls VII. u. wurde daselbst mit solcher Auszeichnung aufgenommen, daß er seine Verbindungen mit England abbrach. Er schloß hier Freundschaft mit dem Dauphin (nachmaligem König Ludwig XI.), zog mit demselben gegen die Engländer u. wurde bei der Belagerung von Dieppe zum Ritter geschlagen; er befehligte hierauf ein Heer gegen die Briten, trug 1449 zur Einnahme von Rouen, Caen u. Honfleur bei, stand aber dessenungeachtet stets in Verbindung mit dem Hause Burgund u. diente 1452 den Empörern von Gent. Während des Kriegs der Ligue befehligte er bei Mont-l'hery die Avantgarde des Grafen Charolais; erhielt, weil man ihn von der burgundischen Partei entfernen wollte, durch den Tractat von Conflans den Titel eines Connetable von Frankreich, heirathete Maria von Savoyen, die Schwester der Königin von Frankreich, u. bekam die Grafschaft Guines nebst der Herrschaft Rovion. Dennoch diente er 1466 in der burgundischen Armee gegen die Lütticher u. daher indirect gegen Frankreich; nach dem Tode Philipps des Guten wurde er von Ludwig XI. mit verschiedenen Sendungen an den neuen Herzog, Karl den Kühnen, beauftragt, nahm eben diesem. Herzog 1470 St Quentin ab u. bewirkte 1471 die Übergabe von Amiens. Nun fuhr er fort die Zwietracht zwischen Karl dem Kühnen u. dem König Ludwig zu unterhalten, aber von beiden durchschaut u. für ihren gemeinschaftlichen Feind erklärt, flüchtete er endlich nach den Staaten des Herzogs von Burgund, wurde aber von seinem Vetter den französischen Commissarien übergeben, nach Paris in die Bastille gebracht u. am 19. Dec. 1475 hingerichtet.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.