- Potemkin
Potemkin, Gregor Alexandrowitsch, Fürst P., geb. 1736 auf einem Gute bei Smolensk, aus einer adeligen Familie; war erst zum Geistlichen bestimmt u. studirte in Moskau, trat aber später als Fähnrich in die Garde zu Pferde. Als Katharina II. am 28. Juni 1762 ihren Gemahl, Peter III, vom Throne stieß, bemerkte er, daß die Kaiserin in männlicher Kleidung u. den Degen in der Hand kein Porte Epee hatte, u. bot ihr das seinige. Dies machte die Kaiserin aufmerksam auf ihn, u. am andern Morgen war P. Oberst u. Kammerjunker, zeigte auch als solcher dem schwedischen Hofe die Revolution an. Obschon Katharina, welche eine heftige Neigung zu ihm gefaßt hatte, ihn zum Kämmerer u. in den Rang eines Generalmajors erhob, setzte es Orlow, welcher damals die Gunst der Kaiserin genoß, doch durch, daß P. gegen die Türken geschickt wurde. Er zeichnete sich hier aus, wurde Generallieutenant u. folgte, als Orlow in Ungnade fiel, als erklärter Günstling der Kaiserin am Hofe. Katharina ertrug seine Launen, welche so weit gingen, daß er oft auf ihre Anreden nicht antwortete, überhäufte ihn mit Ehrenstellen u. hatte keinen andern Günstling neben ihm. Eine geheime Gallerie führte aus seinem Palast in die Zimmer der Kaiserin, u. oft, wenn es einen wichtigen Entschluß galt, begab sich die Kaiserin zu ihm; auf seinen Rath geschah ihre Zusammenkunft mit Joseph II. in Mohilew u. 1787 ihre Reise nach der Krim, wo P. als Gouverneur der südlichen Provinzen des Reichs ihr das trügerische Bild von dem Aufblühen jener Provinzen vorhielt. Er traf dort alle Vorbereitungen zu einem Türkenkriege, u. als 1787 die Pforte selbst, in Folge der Intriguen P-s, Rußland den Krieg erklärte, befehligte er die Hauptarmee, welche 1788 Oczakow belagerte u. stürmte. Er kehrte nun nach Petersburg zurück, wo ihn Katharina zwar mit Auszeichnung empfing, aber da sie sich weigerte, den Günstling Mamanow, welcher sich nicht demuthsvoll genug gegen ihn benahm, zu entlassen, so ging er wieder zu der Armee, überließ aber die Leitung des Kriegs Anderen. Die Friedensunterhandlungen zu Jassy zog P., ungeachtet des Verlangens der Kaiserin nach dem Frieden, in die Länge. Mittlerweile war Platon Zubow Katharinens Günstling geworden; P. haßte diesen, weil er ihn nicht empfohlen hatte, u. eine pikante, oft bittere Correspondenz entspann sich zwischen P. u. seiner Herrscherin. Da P. die Zeichen seiner nahen Ungnade erkannte, eilte er nach Petersburg u. gab bei seiner Anwesenheit dort in seinem Palast, welcher zum Gedächtniß seiner Siege den Namen Palast von Taurien führte, die glänzendsten Feste. Darauf riefen die ohne sein Wissen erfochtenen Siege Repnins u. die nun rascher gehenden Friedensunterhandlungen P. wieder nach der Moldau, aber er st. auf dem Wege von Jassy nach Nikolajew zwischen Sulane u. Kischinew in den Armen seiner Nichte, der Gräfin Branicka, welche ihn begleitet hatte, den 15 Oct. 1791. Er hinterließ ein Vermögen von mindestens 44 Mill. Thlrn. Man sagt, daß er Südrußland zu einem unabhängigen Staate habe vereinen u. von Katharinen losreißen, od. sich in der Türkei unter dem Schutze Rußlands ein Besitzthum erkämpfen wollen. Schon vor seiner Erhebung zum Günstling hatte er ein Auge verloren. Kaiser Paul ließ 1796 seine Gebeine ausgraben u. in den Festungsgraben werfen, Kaiser Alexander aber dieselben wieder bestatten; 1836 wurde in Cherson seine Bildsäule aufgestellt u. später an der Stelle, wo er starb, von der Gräfin Branicka ein Obelisk errichtet.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.