- Mauritanĭa
Mauritanĭa (a. Geogr.), Landschaft in Nordwestafrika, grenzte im Osten an Numidien, im Süden an Gätulien, im Westen an den Atlantischen Ocean u. im Norden an das Mittelmeer; jetzt Fez u. Marokko, nebst einem Theil von Algerien. Zur Zeit als M. zum Römischen Reiche gehörte, wurde es eingetheilt in M. Caesariensis, den östlichen, u. M. Tingitana, den westlichen Theil, beide getrennt durch den Fluß Mulucha; erst später, unter Diocletian od. Constantin, wurde ersteres wieder getheilt in M. Caesariensis, westlich, bis zum Hafen Salda, u. das kleinere M. Sitifensis, östlich, bis zum Ampsaga. M. war ganz gebirgig; die Gebirge waren Theile des Atlas, so der Buzara an der Südgrenze, Phruräsum, mit Valva u. Garas; Madethubadus nebst Cinnaba, Durdus u. der Große Atlas (Dyrin); nördlich: Byryn, das Garaphische Gebirg, Ferratus, Zalacus, Transcellensis, Ancorarius, Phocra, Dinc, der Kleine Atlas; Vorgebirge an der Nordküste von Osten nach Westen: Audum, Apollovorgebirg, Großes Vorgebirg; Metagonitis, Russadir, Abyla, Cotes (Ampelusia); an der Westküste: Solois, Herculesvorgebirg, Ussodium; Flüsse an der Nordküste von Osten nach West: Usar (Sisar), Audus, Chinalaph, Mulucha (Maluana); an der Westküste: Subur, Sala, Asama, Phuth u. viele andere Gewässer. Obgleich M. gebirgig war, so war es doch, da die Gebirge nicht sehr hoch u. weder rauh noch kahl u. viele Thäler zwischen den Gebirgen waren, sehr fruchtbar, namentlich Cäsariensis, u. bes. zur Römerzeit gut angebaut, daher es, nebst Numidien, für Roms Kornkammer galt; außer Getreide waren Producte des Landes: Pastinaken, Artischoken, Wein, Melilotus, treffliches Holz, viele Medicinalpflanzen, bes. Aron u. Dracontium; Kupfer, Granaten, Rubine; Affen, Wiesel, Gazellen, Antilopen, Giraffen, Elephanten, Löwen, Parther u. andere wilde Thiere, Eidechsen, sehr große Blutegel, giftige Spinnen, Scorpionen, Austern etc. Die wichtigsten Städte waren im Cäsariensischen M.: Igilgilis, Saldä, Icosium, Cäsarea, Cartenna, Sitifis; im Tingitanischen: Russadir, Tingis, Lixus, Thymiaterium etc. Die Einwohner Mauri od. Maurusii stammten aus Asien u. waren Stammesgenossen der Numidier u. zwar sollten sie, nach der Behauptung der heutigen Araber, von den Amalekitern u. Kananitern abstammen, welche Josua aus Kanaan vertrieb. Sie waren Ackerbauer u. Viehzüchter, Anfangs blos Nomaden u. treffliche Reiter, liebten den Putz u. pflegten bes. den Bart sorgfältig. Sie zerfielen in eine große Menge Stämme, so in Cäsariensis die Massäsylii, Musones, Musulani, Mazices u. v. a.; in Tingitana die Herpeditani, Bacuntä, Macanitä, Metagonitä u. v. a.
Die Mauren kommen zuerst in der Geschichte im 4. Jahrh. v. Chr. als Bundesgenossen der Carthager vor; die Römer lernten sie in dem Jugurthinischen Kriege kennen, wo ihr König Boccchus 108 v. Chr. den Römern seine Hülfe gegen seinen Schwiegersohn, den König Jugurtha von Numidien, anbot; aber Metellus u. Marius wiesen seine Anerbietungen zurück, u. von Jugurtha durch Abtretung eines Theils von Numidien gewonnen, stieß er nun mit seinem Heere zu demselben, wurde aber 107 von Marius zweimal, zuletzt bei Cirtha, geschlagen. Bocchus schloß Frieden mit den Römern, liefert den Jugurtha in Sullas Hände u. erhielt 106 das an M. grenzende Gebiet der Massäsylier, nebst dem Titel römischer Bundesgenoß, zur Belohnung. Ihm folgten in der Regierung seine beiden Söhne Bocchus u. Bogudes, welche es beide mit Cäsar hielten u. daher den Titel als Könige bekamen; dem Bogudes verdankte Cäsar namentlich die Entscheidung des Sieges bei Munda, 45 v. Chr.; Bocchus eroberte 46 v. Chr. für sich Cirtha in Numidien. In dem Bürgerkriege zwischen Antonius u. Octavianus trennten sich die beiden Brüder, Bogudes hielt es mit Antonius, Bocchus mit Octavianus. Nachdem Bogudes nach der Schlacht bei Actium, 31 v. Chr., in Methone, welches er gegen Agrippa vertheidigte, gefallen war, erhielt Bocchus auch den von seinem Bruder beherrschten Theil M-s. Nach dessen Tode, 29 v. Chr., vermählte Octavianus seine u. der Kleopatra Tochter, Kleopatra od. Selene, mit Juba, Sohne des Königs Juba von Numidien, u. gab demselben M. nebst Gätulien als Reich. Dessen Sohn u. Nachfolger war Ptolemäos, welchen Kaiser Caligula 42 n.Chr. umbringen ließ, um sich seiner Schätze zu bemächtigen. Um den Tod des Ptolemäos zu rächen, machte ein Ergebener desselben, Ädemon, einen Aufstand, welcher vom Kaiser Claudius unterdrückt u. M. darauf gänzlich zur römischen Provinz gemacht wurde. Es kam 429 n.Chr. mit Nordafrika in die Gewalt der Vandalen, wurde aber 534 von den Byzantinern u. im 7. Jahrh. von den Arabern erobert; s. weiter unter Marokko (Gesch.).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.