- Rum [2]
Rum, orientalischer Name eines Reiches, welches im 11. Jahrh. auf Trümmern des Römerreichs in Kleinasien entstand u. davon den Namen hatte, auch nachher von der Residenz der Sultane das Reich von Ikonion hieß. Der erste Sultan von R., aus der Dynastie der Seldschuken, war Soliman, Sohn Kolotmischs, welcher 1074 in Kleinasien einfiel u. bis 1081 dieses ganze Land bis auf Trapezunt von den Byzantinern eroberte; 1084 (1085) führte er seine Armee nach Syrien u. eroberte Antiochien, Laodicea u.a. Städte. Diese Eroberung aber zog ihm 1085 einen Krieg mit den Persern zu, u. bei Helos geschlagen, erstach sich Soliman selbst. Nun warfen sich die Statthalter der Städte zu eigenmächtigen Herren auf u. zwangen [448] Solimans noch unmündigen Sohn, Kilisch Arslan I., nach Persien zu fliehen, wo ihn Malek Schah gefangen hielt. Erst 1093, nach Ermordung Abulkassems, des Sultans von Nikäa, u. Malek Schahs selbst, gelang es Kilisch Arslan sich in Freiheit zu setzen u. er trat nun die Regierung an. 1096 von den Kreuzfahrern unter Gottfried von Bouillon bei Ebraik (Hebraikos) geschlagen, verlor er Nikäa u. verlegte nun seinen Sitz nach Ikonion. 1097 erlitt er eine zweite Niederlage von ihnen bei Doryläon u. belagerte 1098 vergebens Antiochien, vernichtete aber in zwei mörderischen Schlachten 1101 die zwei Pilgerheere unter dem Herzog Welf von Baiern u. Wilhelm von Nevers. Mossul rief ihn 1106 gegen Al Jaweli, Sultan von Edessa, zu Hülfe, er nahm die Stadt in Besitz, als er aber bei dem Flusse Khabur auf Al Jaweli stieß, wurde er geschlagen u. ertrank in dem Flusse. Ihm folgte sein Sohn Saisan, welcher mit dem Kaiser Alexios kriegte u. nach abwechselnden Glücksfällen endlich bei Polybotos geschlagen ward u. Frieden suchen mußte. Saisan kehrte nach Ikonion zurück, wo ihn sein Bruder Masud erdrosseln ließ (1116). Masud selbst verband sich 1124 mit dem griechischen Kaiser Johannes Komnenos, um den damaligen Statthalter von Ikonion, Muhammed, zu bekriegen, zog sich aber später von dem Bündniß zurück; er führte dann Kriege mit den Byzantinern u. im Osten, wo er auch mehre Eroberungen machte; 1146 ward er von den Kreuzfahrern in Ikonion belagert u. st. 1152. Kilisch Arslan II., sein Sohn, führte Kriege mit dem Kaiser Manuel u. erhielt durch den Tod seines Bruders Yaghi ganz R. wieder. 1187 ließ ihn sein Sohn Kothb-Eddin in Ikonion gefangen setzen, es gelang ihm jedoch nach Cäsarea zu entkommen, wo ihn sein anderer Sohn Gaiath-Eddin aufnahm u. ihn 1187 nach Ikonion zurückführte. Darauf schlug Kaiser Friedrich Barbarossa auf seinem Kreuzzuge die Söhne des Kilisch Arslan bei Philomelion u. eroberte 1190 Ikonion, gab es jedoch dem Sultan zurück. Von Sala Eddin, dessen nördliche Provinzen er angegriffen, ward er geschlagen u. mußte nun einem allgemeinen Bündnisse gegen die Christen beitreten. Er fiel darauf von Neuem in die asiatischen Provinzen des griechischen Kaiserthums ein u. st. 1192. Ihm folgte sein Sohn Gaiath-Eddin Kai Khosru I. in Ikonion, die anderen Theile erhielten seine Brüder. Alexios Komnenos errichtete mit ihm ein Bündniß, brach es aber bald wieder u. fing 1199 Krieg an, welchen jedoch Kai Khosru mit Glück führte. Nachdem er von seinem Bruder Rokn-Eddin 1199 entthront worden war, lebte er in Constantinopel als Privatmann, wo er sich taufen ließ. Rokn-Eddin vereinigte nach Vertreibung aller seiner Brüder das ganze Reich wieder, u. als er 1205 starb, folgte ihm sein noch unmündiger Sohn Kilisch Arslan III.; jetzt aber kehrte Gaiath-Eddin nach Ikonion zurück, vertrieb seinen Neffen u. eroberte 1210 Attalia. Als er hierauf dem, von den Kreuzfahrern aus Constantinopel vertriebenen Kaiser Alexios gegen Theodoros Laskaris, Kaiser von Nikäa, zu Hülfe zog, ward er von diesem bei der Belagerung von Antiochia am Mäander angegriffen u. erschlagen. Ihm folgte sein Sohn Azz-Eddin Kaikaus, welcher 1219 mit Hinterlassung unmündiger Kinder starb, weshalb sein Bruder Ala-Eddin Kaikobad zum Sultan aus gerufen wurde; dieser erweiterte die Grenzen seines Reiches durch Eroberungen in Georgien, Armenien u. Mesopotamien u. gab weise Gesetze; er st. 1236 bei der Belagerung von Tarsus. Das Jahr vor seinem Tode hatte ihn Papst Gregor IX. vergebens brieflich aufgefordert, sich taufen zu lassen. Sein Sohn Gaiath-Eddin Kai Khosru II. dämpfte mit Hülfe fränkischer Söldner den Aufruhr eines turkomanischen Propheten Baba. 1241 drangen die Mongolen in Armenien ein, nahmen Erzerum u. überschwemmten das ganze Reich; der Sultan mußte 1244 um Frieden bitten u. Tribut versprechen, st. aber in demselben Jahre u. hinterließ drei Söhne, Azz-Eddin, Rokn-Eddin u. Ala-Eddin. Diese theilten das Land unter sich so, daß Azz-Eddin 1247 Ikonion erhielt. 1254 st. Ala-Eddin; Rokn-Eddin, welcher gegen Azad-Eddin gezogen war, wurde von diesem geschlagen u. gefangen, bis ihn die Mongolen, welche den Azz-Eddin verjagten, 1255 befreiten u. zum Sultan machten. Azz-Eddin gelangte indessen mit griechischer Hülfe wieder zur Regierung u. wurde auch als tributpflichtiger Fürst von den Mongolen anerkannt. 1259 theilte er auf Befehl des Mongolenkhans Hulaku sein Reich mit Rokn-Eddin; da er aber, um Hülfe zur Wiedereroberung des abgetretenen Theiles seines Reichs zu bitten, nach Constantinopel ging, lieferte ihn der Kaiser Michael dem Mongolenkhan aus, u. dort st. er 1278. Aber auch Rokn-Eddin ward inzwischen 1267 auf Befehl des Mongolen Moin Eddin erdrosselt u. sein unmündiger Sohn Gaiath-Rddin Kai Khosru III. folgte ihm, ward aber 1289 auf Befehl Achmed Khans hingerichtet, wo ihm Gaiath-Eddin Masud II., der Sohn Azz-Eddins, nachfolgte. Masud machte große Anstrengungen das Seldschukenreich in Asien wiederherzustellen, ward aber 1294 in einer Schlacht gegen einen seiner Emire getödtet. Sein Neffe Kaikobad war der letzte Sultan aus der Seldschukendynastie zu R.; da er sich wider seinen Lehnsherrn Gazan Khan empörte, wurde er 1300 hingerichtet, worauf das Reich R. ein Ende nahm, auf dessen Trümmern Othman den Grund zu seiner künftigen Macht baute.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.