Spiegelteleskop

Spiegelteleskop

Spiegelteleskop (Reflector, Reflectirendes Fernrohr, Katoptrisches Fernrohr [zum Unterschied von dem dioptrischen Fernrohr, s. Fernrohr]), Fernrohr, welches statt des Objectivglases einen Hohlspiegel hat, so daß man mit Hülfe dieses Werkzeuges nicht, wie bei den gewöhnlichen Fernröhren, das durch Brechung der Objectivlinse erzeugte, sondern das vom Hohlspiegel reflectirte Bild ansieht. Die ersten Fernröhre waren dioptrische; doch diese besaßen zwei große Fehler. Weil die Objectivlinse nicht anders als kugelförmig genau geschliffen werden kann, werden die von einem Punkte ausgehenden Strahlen nicht genau in Einem Punkte wieder vereinigt, sondern die von den Randstrahlen erzeugten Bilder weichen etwas von dem den mittleren Strahlen zukommenden ab (sphärische Abweichung). Will man diesem Umstande dadurch begegnen, daß man die Flächen der Objectivlinse nur sehr kleine Theile der Kugelfläche sein läßt, sie also sehr wenig convex schleift, so wird das Fernrohr sehr lang. Noch unbesiegbarer schien das Hinderniß, daß mit der Brechung des Lichts in Einer Substanz immer eine Farbenzerstreuung verbunden ist, daß also das blaue Bild an eine andere Stelle fällt, als das rothe, die Bilder mithin farbige Ränder bekommen u. undeutlich werden. Diese Übelstände suchte der italienische Jesuit Pater Zucchi zu Anfang des 17. Jahrh. durch Einrichtung eines S. zu vermeiden, bei welchem er mit einem metallenen Hohlspiegel ein Hohlglas als Ocularglas verband. Der Pater Mersenne machte um 1689 den Vorschlag zwei parabolische Hohlspiegel als Teleskop zu vereinigen; der größere, in der Mitte mit einem Loche versehene Hohlspiegel fängt das Object auf u. reflectirt das Bild. davon in dem ihm gegenüber gestellten, kleineren Hohlspiegel, welcher das Bild wieder durch das Loch des größeren Spiegels in das Loch des Beobachters reflectirt. Das von Gregory angegebene S. hat einen in der Mitte durchbohrten Hohlspiegel, welcher die von einem entfernten Gegenstande kommenden Lichtstrahlen im Brennpunkt desselben zu einem Bilde vereinigt. Von diesem Punkte ab steht ein kleiner Hohlspiegel um etwas mehr, als seine Brennweite beträgt, entfernt, u. dieser wirst nun die reflectirten Strahlen nach der im erstern Hohlspiegel befindlichen Öffnung zurück, in deren Nähe nun ein zweites, aufrechtes Bild entsteht, welches durch ein Ocular betrachtet wird. Der kleine Spiegel kann dem großen durch eine Schraube genähert werden, um das S. für verschiedene Entfernungen u. Augen gebrauchen zu können. Cassegrain machte den kleinen Spiegel convex, so daß dieser die Stelle eines concaven Ocularglases vertritt, ähnlich dem galileischen Fernrohr. Newton brachte ein S. zu Stande, welches 30–40mal vergrößerte u. folgende Einrichtungen hatte: an dem Boden eines inwendig geschwärzten Rohres ist ein großer sphärischer Hohlspiegel angebracht, welcher das Bild in einen nach oben zu befindlichen kleinen metallenen Planspiegel reflectirt. Nach diesem Bilde sieht man durch eine in der Seite des Rohres angebrachte Glaslinse. Später verbesserte Newton sein Teleskop, indem er statt des metallenen Hohlspiegels einen gläsernen u. statt des metallenen Planspiegels ein dreiseitiges Prisma von Glas anbrachte. Um 1723 verfertigte John Hadley Teleskope nach Newtons Angabe; bei dem einen hatte der große Hohlspiegel 1 Fuß 51/4 Zoll Durchmesser u. 625/6 Zoll Brennweite. Später zog er es aber doch vor nach Gregorys Angabe Teleskope zu verfertigen, welche zwei Oculargläser hatten u. sehr vollkommen waren. Das von dem durchbrochenen Spiegel zurückgeworfene Licht vereinigt sich vor demselben in das Bild, geht aber von da in den zweiten kleinen Spiegel, hier ein Hohlspiegel, welcher das umgekehrt einfallende Bild noch einmal umkehrt u. dasselbe durch die Öffnung des ersten großen Spiegels in das Auge bringt, welches dasselbe, um ein größeres Sehfeld zu bekommen, durch ein od. mehr Augengläser betrachtet. Durch ein solches Teleskop erblickt man die Gegenstände aufrecht u. indem man, wie bei dioptrischen Fernröhren, das Auge hinter dem großen Spiegel anlegt. Von 1734 an verfertigte der Schotte Schort sehr vollkommene Teleskope, wovon das größte 1200mal vergrößerte; er verbesserte vorzüglich die Verfertigung der Metallspiegel. Das größte aller S-e verfertigte aber Herschel nach Newtons Grundsätzen. Er ließ, aber den kleinen Spiegel u. die Seitenöffnung des Newtonschen S-s weg; dafür ist nach seiner Angabe die Achse des Hohlspiegels etwas seitwärts gedreht, damit das Bild an den Rand fällt u. dort durch ein concaves od. convexes Ocularglas betrachtet werden kann. Ein solches S. mußte natürlich eine große Weite haben, da der Kopf des Beobachtenden vor der Öffnung sich befindet, durch welche die Lichtstrahlen. einfallen. Das größte derartige S. fertigte er mit Georgs III. Unterstützung von 1781–1789. Die Röhre desselben war 40 engl. Fuß lang, hatte eine Öffnung von 4 F. 10 Z. u. wog 4000 Pfund; der Spiegel allein 1035 Pfd. Durch mechanische Einrichtungen war es leicht zu regieren. Ein kleines, dioptrisches Fernrohr oben auf der Röhre, der Sucher, diente den zu beohachtenden Gegenstand, ehe man ihn durch das Teleskop betrachtete, schnell aufzusuchen, so daß er nun zugleich auch im Gesichtsfelde des Teleskops selbst lag. Man sah von oben in das Rohr hinein, auf dessen Boden der große Hohlspiegel stand, welcher 491/2 Z. im Durchmesser hielt, aber nur 48 Z. geschliffen war u. 40 Fuß Brennweite hatte; die Dicke des Spiegels betrug 31/2 Z. Das Rohr war aus Eisenblech zusammengesetzt. Sehr kunstvoll war das. Gestelle, in welchem das Teleskop sich befand, so daß[548] es von einem einzigen Arbeiter regiert werden konnte. Die Basis, auf welcher sich die ganze Maschine drehte, war 42 F. im Durchmesser. Mittelst eines an dem Rohre angebrachten Sprachrohres gab der Beobachter dem unten befindlichen Arbeiter Befehle. Beim Gebrauch dieses Teleskops konnten durch die verschiedenen Oculargläser sehr bedeutende Vergrößerungen bewirkt werden; bei Beobachtung der Fixsterne konnte eine 7000fache Vergrößerung erreicht werden; bei Planeten betrug sie jedoch nur das 500- u. gewöhnlich nur das 250fache. Schon im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts erblindete der Metallspiegel dieses S-s u. in neuerer Zeit ist die ganze Vorrichtung zernommen worden (s.u. Herschel 1). Die meisten seiner Entdeckungen machte Herschel mit 20füßigen S-en, deren Spiegel 18 Z. Durchmesser hatten u. deren stärkste Vergrößerung 2000fach war. Solcher S-e fertigte er im ganzen 80 u. eine noch weit größere Zahl 10- u. 7füßige Später verfertigte Schröter in Lilienthal ein 25füßiges Newtonsches S., welches 800- bis 1000mal vergrößert. Der große Spiegel hat eine polirte Fläche von 191 Z. Durchmesser. Das Stiv zu diesem Teleskope ist ein Thurm, 21 F. hoch, 12 F. im Durchmesser, oben mit einer Gallerie für den Beobachter. Der ganze Thurm kann auf einem Walzenwerke, wie eine holländische Windmühle, herumgedreht werden. Ein ähnliches, 26füßiges Teleskop hat Schrader in Kiel zu Stande gebracht. Auch Dollond, Ramsden, Stairne u. Adams haben sehr gute S-e verfertigt. Da die Spiegel, wegen der doppelten Bilder, welche Glas zeigt, von Metall sein müssen, so muß man sie vor Rost in Acht nehmen. Auch muß der Spiegel parabolisch sein, parabolische Spiegel sind aber sehr mühsam zu verfertigen. Alles dieses hat, nachdem Dollond die Herstellung achromatischer Linsen, d.h. solcher, welche von der Farbenzerstreuung frei sind, erfunden hat, in neuerer Zeit den dioptrischen Fernröhren wieder den Vorzug verschafft; doch hat 1844 Lord Rosse (s.d.) in Parson-Castle wieder ein S. von 53 englischen Fuß Brennweite mit einem Spiegel von 6 Fuß Durchmesser gebaut. Außerdem ist das 20füßige S. von Professor Lassell zu Starfield bei Liverpool durch die Entdeckung des achten Saturnmondes u. zweier Uranustrabanten bekannt geworden. Ein Hauptpunkt bei Verfertigung der S-e ist immer die Verfertigung der Metallspiegel. Als Masse dazu gebraucht man 3 Theile Kupfer u. 11/4 Thl. Zinn, ferner 6 Thl. Messing u. 1 Thl. Zinn, ferner 32 Thle. Kupfer, 15–16 Thle. gekörntes Zinn, 1 Thl. Messing, 1 Thl. Arsenik, 1 Thl. Silber. Spiegel, welche nicht so leicht von der Witterung angegriffen werden u. eine schöne Politur annehmen, verfertigt man von Platina. Auch schmelzt man mit Platina 16 Thle. weißes gepulvertes Glas, 2 Thle. verkalkten Borar u. 1 Thl. Kohlenstaub mit Eisen zusammen; od. man schmelzt mit Platina 1/4 Eisen u. 1/6 Gold zusammen. Eine gute Metallcomposition erhält man auch aus 2 Thln. Messing, 1 Thl. Kobaltkönig u. 1 Thl. Arsenik.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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