Windmühle [1]

Windmühle [1]

Windmühle, 1) ein Windrad (s.d.) nebst dem damit verbundenen Gebäude u. sämmtlichen darin befindlichen, stützenden Theilen, Transmissionen u. Arbeitsmaschinen. Meist ist die W. eine Mahlmühle, doch kann sie auch eine Graupen-, Stampf-, Säge-, Schleif-, Bohrmühle etc. sein, od., wie oft in Holland, Wasser auspumpen, vgl. Holländerin. Das Windrad ist gewöhnlich ein Flügelrad u. muß daher nach der Windrichtung gedreht werden; je nach der Art u. Weise, wie dies geschieht, theilt man die W-n in deutsche od. Bockmühlen u. in holländische od. Thurmmühlen. A) Bei der deutschen od. Bockmühle ist das ganze Gebäude sammt Windrad um eine feststehende Säule, den Ständer, drehbar. Die Bockmühle ist daher gewöhnlich von Holz gebaut; sie ruht auf dem Bocke od. Bockstuhle, einem hölzernen Gerüste, welchem zwei Kreuzschwellen zur Grundlage dienen; in der Mitte derselben ist der Ständer (Hausbaum, Hausbank), welcher oben ein Stück in das Gebäude hineinreicht, unten in die Schwellen eingezapft u. mit Klauen versehen ist, welche in die von den Kreuzschwellen gebildeten vier Winkel greifen. Doppelte Strebebänder verbinden auf allen vier Seiten den Ständer mit den Kreuzschwellen. Am Kopfe des Bockes, da wo die Streben endigen, ist der aus den Sattelbäumen bestehende Sattel; auf diesem ruhen die Tragriegel (Fußbalken od. Fugbalken), auf welchen das Mühlgebäude errichtet ist, indem auf ihnen die Unterlags- od. Fußbodenbalken u. darauf die Dielung des untersten Raumes der W. liegt. Durch diesen Raum hindurch ragt der Ständer noch u. trägt auf seinem, mit einem Zapfen versehenen Kopfe den eine Pfanne für den Zapfen enthaltenden Mahlbaum, Mahlbalken od. Kopfbalken. Auf diesem Zapfen u. dem Sattel ruhend, kann die W. herumgedreht werden. Dies geschieht mittelst eines an der Rückseite 20–30 Fuß hervorragenden Baumes od. Hebels (Sterz, Stert od. Sturz). Die Flügelwelle ruht in einem Metall- od. Steinlager auf dem von dem Dachrahmen getragenen großen Wellbalken. Die Bockmühlen werden nur zu Mehl- u. Graupenmühlen benutzt u. meist nur auf einen Gang eingerichtet. Das Transmissionsrad greift dann in ein Getriebe ein, das auf dem Mühleisen (vgl. Mühle A) a) festsitzt, welches in dem oberen Raume der W. den Mühlstein (Läufer) trägt. Im Übrigen gleichen die W-n den Wassermühlen. Mehre Einrichtungen sind der W. eigenthümlich, so der Baß (Paßt), eine lange Stange, womit das Kammrad im Laufe aufgehalten wird; das Gabelwerk, eine Vorrichtung, durch welche der Beutel horizontal geschüttelt wird, es kann, wenn der Wind stärker geht, mittelst der Schlagruthe, eines senkrechten Stockes, auch schärfer gestellt werden; das Gebiet (s.d.); der Lüftbaum, ein Hebel, womit der auf der Lüftung, einem horizontalen Balken, ruhende Läufer in die Höhe gehoben werden kann. Die Mühlsteine sind auch schwächer u. haben einen größeren Durchmesser, damit sie als Schwungräder dienen u. den Gang etwas gleichmäßiger machen. Doch wird wegen des ungleichen, bald zu heftigen, bald zu langsamen Ganges das Mehl in diesen Mühlen nie so gut, wie in den Wassermühlen. Sie können bei sehr heftigen Winden leicht ganz über den Haufen geworfen werden. B) Bei den holländischen od. Thurmmühlen ist der untere Theil meist in Form eines abgestutzten Kegels aus Stein aufgeführt u. nur der obere Theil (Kappe, Haube) mit den Windmühlenflügeln beweglich u. kann gegen den Wind gestellt werden. Es gibt zwei Arten derselben, insofern entweder nur der die Flügelwelle einschließende oberste Theil od. ein größerer unter die Flügelwelle hinabreichender Theil des Gebäudes um eine verticale Achse drehbar ist. Die Bewegung[262] des Flügelrades wird durch ein Paar Zahnräder zunächst auf den Königsbaum od. Königswelle, eine starke, durch das ganze Gebäude gehende, stehende Welle übertragen, u. diese Welle muß daher genau mit der Umdrehungsachse des oberen Theiles zusammenfallen. Bei der zweiten Art der Thurmmühlen läßt sich der obere Theil gewissermaßen als eine auf den gemauerten Thurm aufgesetzte Bockmühle ansehen, welche meist auch durch einen Sterz mittelst eines Kreuzhaspels gedreht wird. Bei der ersten Art Thurmmühlen ruht die Haube mit dem Laufring auf konischen Rollen, welche auf dem oben auf dem Thurme fest liegenden Rollringe fortrollen, u. ist gegen das Herabwerfen durch den über den Rollring vorstehenden Kippring geschützt. Die Stellung der Flügelwelle nach dem Winde erfolgt hier entweder ebenfalls durch einen Sterz od. durch eine Kurbel mit Rad u. Getriebe, od. durch eine große Windfahne od. durch ein besonderes Steuerrad, d.h. ein kleines Windrad, dessen Ebene senkrecht zum großen steht u. durch einige Zahnräder ein in den äußeren verzahnten Rollring eingreifendes Getriebe umdreht Diese Mühlen sind auch zu Stampf- u. Sägemühlen anwendbar. Um die W-n beliebig anhalten u. ihre Geschwindigkeit nach Bedarf reguliren zu können, gibt man der W. ein Bremswerk (vgl. Presse 3), od. man vermehrt od. vermindert die Flügelbedeckung, od. man macht die Bedeckung klappenförmig stellbar (Durand', Cubit), so daß sie durch Winkelhebel sich selbst der Geschwindigkeit entsprechend vermehrt od. vermindert, indem sie sich mehr od. weniger schräg stellt. Die W-n, deren Flügel man von unten nach dem Winde richtet, heißen Undekrügers. Die Bockmühlen sind im 10. u. 11. Jahrh. in Deutschland, die Thurmmühlen im 16. Jahrh. in Holland erfunden worden.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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