- Tinos
Tinos, 1) früher Eparchie zum Nomos der Kykladen gehörig, enthält die Inseln T., Mykone u. Delos; 2) Insel des griechischen Archipelagus, zur Nomarchie der Kykladen gehörig, 4 QM., südöstlich von der Insel Andros, von welcher sie nur durch einen schmalen Kanal getrennt ist, wird von einer langen, hohen u. rauhen Bergkette gebildet. welche sich bis über 2000 Fuß erhebt, ist aber sorgfältig angebaut u. bes. wein- u. feigenreich (der beste Wein der Insel ist der Malvasier), ausgezeichnet durch die Arbeitsamkeit, Handwerksfertigkeit u. den Gewerbfleiß ihrer Bewohner, welche namentlich auch viel Seide, ein Haupterzeugniß der Insel, verarbeiten. Auch wird hier viel Marmor gebrochen u. man hat in neuester Zeit auch den berühmten Verde antico u. Chromeisenstein hier wiedergefunden. Handwerker aus T. sind über alle Hauptstädte Griechenlands, in Smyrna u. Konstantinopel verbreitet u. Dienstboten von dieser Insel, vorzüglich auch die Ammen aus T., sind sehr gesucht. Unter den Einw. (1853 über 21,000) sind fast drei Fünftel römische Katholiken; 3) (Nikolaos), Hauptstadt derselben, an der Südküste auf der Stelle der alten Stadt gelegen, Sitz eines katholischen Bischofs, mit 2 katholischen Kirchen, 1 hellenischen u. 1 Gemeindeschule, kleinem Hafen; über 3000 Ew. Nördlich von der Stadt liegt die seit 1824 weitberühmte Wallfahrtskirche der Panagia Evangelistria mit einem wunderthätigen Bilde u. eine der schönsten Kirchen des Königreichs, wohin namentlich am Hauptfeste der heiligen Jungfrau am 15. (27.) August zahlreiche Wallfahrten, selbst aus Kleinasien u. der Türkei unternommen werden. – T. hieß früher Hydrussa u. Ophiussa. Wegen der stürmischen Nordwinde (Etesien, jetzt Meltemia) sollte Äolos hier seinen Sitz haben. Im Perserkrieg kämpften die Tinier bei Platäa als Bundesgenossen der Athener gegen die Perser. 1207 wurde[607] T. zu der Herrschaft der Ghizis geschlagen, denen sie der türkische Pirat Heiraddin Barbarossa abnahm. Später entrissen die Venetianer den Türken die Insel, gaben sie aber 1714 denselben zurück. Die Venetianer hatten Statthalter (Proveditori) hier, welche das Bergschloß Xoburgo bewohnten. Vgl. Markaky Zallony, Voyage à Tine, Par. 1809.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.