Ölmühle

Ölmühle

Ölmühle, gewerbliche Anlage, in welcher aus ölhaltigen Samen, insbesondereaus Lein-, Hanf- u. Rübsamen (fettes) Öl gewonnen wird. Selten sind die Ö-n Windmühlen, z.B. in Holland, noch seltener Roßmühlen, gewöhnlich sind sie Wassermühlen od. Dampfmühlen u. oft ein. Nebenwerk einer Mehlmühle. Bevor man das Öl aus den Samen auspressen kann, müssen dieselben zuerst entsprechend gereinigt u. dann zerdrückt od. zerquetscht werden, um die Gefäße zu zerreißen, in denen das Öl enthalten ist. A) Zum Zerquetschen der Samen bedient man sich einer Stampfe od. eines Quetschwerkes. a) Die Stampfe ist einem gewöhnlichen Poch- od. Stampfwerke ähnlich. Ein 24–26 Zoll starker eichener Block (Grubenstock) enthält mehre eirunde, 16–18 Zoll tiefe u. oben 9–10 Z. weite Stampflöcher od. Gruben, auf deren Boden eine eiserne Platte eingelassen ist. Die 13–14 Fuß langen Stampfen sind von Ahorn- od. Buchenholz u. von unten herauf etwa 20 Zoll hoch mit einem eisernen Schuh beschlagen, welcher unten auf dem Boden kreuzweis gekerbt ist, od. man schraubt auch eine kreuzweis geschärfte eiserne Platte unten an. Bei den holländischen Ö-n steht in jeder Grube nur ein Stampfer, bei den deutschen deren zwei. Die Stampfen werden von einer Daumenwelle abwechselnd gehoben u. zerdrücken beim Niederfallen durch ihr Gewicht den in die Gruben geschütteten Samen. Die Zahl der Stampfen hängt von der verfügbaren Betriebskraft ab. b) Die Quetschwerke sind von verschiedener Einrichtung: aa) auf der flachen Seite eines großen Bodensteins, des Herdes, läuft ein od. gewöhnlich zwei Läufer mit seiner krummen Stirnfläche herum; der stärkere u. schwerere Läufer steht dem Mittelpunkte, der schwächere dem Rande des Bodensteins näher. Man nimmt zwei Läufer, um mehr Gleichgewicht in den Gang der Maschine zu bringen. Die Läufer sind in einen besondern Steinrahmen eingelegt, u. in diesem befinden sich auch die messerartigen Streicher, welche den Samen vor dem Zerquetschen auflockern (Anstreicher) u. nach dem Zerquetschen von den Steinen abstreichen (Abstreicher). Die Steine sind entweder cylindrisch od. konisch u. stehen aufrecht; solche Quetschwerke heißen Ölgänge. bb) Bei den nach Art einer Kaffeemühle construirten Quetschwerken dreht sich ein Stein, welcher nach oben u. unten konisch abgearbeitet ist, auf einem Mühleisen u. ist von einem nach unten zu enger werdenden eisernen Ringe umgeben. Den Stein kann man höher u. niedriger stellen, damit man zwischen der in der Mitte befindlichen hohen Kante des Steins u. dem eisernen gekerbten Ringe gröberen oder feineren Samen zerquetschen kann. Zu allen diesen Steinen nimmt man Marmor od. eine andere dichte Steinart. cc) Zwei Steine od. gußeiserne Quetschwalzen liegen, um horizontale Achsen drehbar, neben einander u. laufen mit ihrer glatten Stirn gegen einander, das Lager des einen Steins kann näher- od. abgerückt werden, um Samen von verschiedener Größe zerquetschen zu können. Solche Quetschwalzen benutzt man auch zur Vorbereitung des Samens für die Ölgänge u. die Stampfwerke. B) Der zerquetschte Samen wird nun erwärmt, um das Öl zum Fluß zu bringen u. das beim Zerquetschen etwa zugesetzte Wasser wieder zu verdampfen. Der dazu benutzte Wärmosen besteht aus einer eingemauerten Eisenplatte, welche mit ihrer 6 Zoll hohen Umfassungsmauer eine Art Pfanne zur Aufnahme des Samens bildet; od. man läßt das Feuer erst auf eine mit Wasser gefüllte Pfanne wirken, u. die Platte der den Samen enthaltenden Pfanne wird durch das Wasser erwärmt od. auch durch Wasserdampf. Nur das Speiseöl wird gewöhnlich kalt gepreßt. C) Das Auspressen des Öls besteht in einer zweimaligen Pressung (Vorpressen u. Nachpressen) u. geschieht a) gewöhnlich mittelst des Schlägels in der Öllade. Diese ist ein großer Klotz, in welchem sich die nach unten trichterförmigen, mit einem Bohrloche zum Abfließen des Öls versehenen Preßgruben befinden. Das Preßgut kommt in die Formen, welche aus dem Kern u. dem Napf (Ölnapf) bestehen; der Napf ist ein viereckiges Stück hartes Holz, auf der einen Seite mit einer runden od. viereckigen Vertiefung, in welche ein anderes viereckiges Stück Holz (der Kern) paßt; die Vertiefung des Napfes ist 10–11 Zoll im Quadrat u. 21/2–3 Zoll tief, der Kern aber ist 1–11/2 Zoll kleiner. Eine angemessene Menge zerquetschter Samen wird in ein leinenes Säckchen gethan, in ein Haartuch geschlagen, in den Napf gebracht u. der Kern darauf gesetzt. Dann legt man die ganze Form in die Preßgrube; zunächst an die Form kommt ein hölzerner Keil (Rückkeil od. Lösekeil), dessen stärkere Seite sich auf der Rückseite der Lade befindet; an diesen Keil kommt ein gerades Stück Holz (Kreuz) zu liegen, neben das Kreuz wird ein anderer Keil (Preß-, Treibe- od. Steckkeil) gelegt, dessen starke Seite sich auf der vorderen Seite der Öllade befindet. Indem der Preßkeil durch den Schlägel tiefer in die Lade getrieben wird, treibt er das Kreuz u. den Rückkeil seitwärts u. dadurch den Kern in die Form, wodurch das Öl aus den Samen gepreßt wird. Napf u. Form sind durchlöchert, so daß das Öl auf den trichterförmigen Boden der Preßgrube u. durch das Bohrloch in die unter der Lade in besonderen Gruben od. Kammern stehenden Ölgefäße läuft. Der Schlägel ist ein schwerer hölzerner od. eiserner Hammer, welcher senkrecht vor der Lade hängt u. durch eine einfache Vorkehrung mehr seitwärts gerichtet werden kann, um ihn bei beiden Preßgruben zu gebrauchen. Dieser Schlägel hängt an einer 12–14 F. langen Stange (Schlägelarm) von einer Welle (Schlägelwelle) herab; von der Schlägelwelle geht eine Zugstange[281] nach einer Daumenwelle u. endet in eine Zuglatte (Schlägelschuh), welche von den Däumlingen der Welle niedergedrückt werden kann, wodurch der Schlägel von der Lade abwärts in einem Bogen in die Höhe gehoben wird u., sobald der Schlägelschuh wieder frei ist, auf den Treibkeil fällt. Will man die eingepreßte Form wieder aus der Öllade nehmen, so läßt man den Schlägel auf den Lösekeil wirken, dessen schmale Seite dem. Schlägel zugekehrt ist, weshalb er leicht zurückgetrieben werden kann. Das Auspressen des Öls geschieht ferner b) mittelst eines Rammwerks, dessen Gerüste über den von oben in die Öllade eingearbeiteten Preßkammern angebracht ist. Der Preßkeil wird von einem größern Rammklotz (Preßramme) eingetrieben, der Rück- od. Löserkeil kann mit einem kleinern Klotz (Löserramme) zurückgetrieben werden. Beide Rammen werden von einer Daumenwelle gehoben. Die Öllade ist so eingerichtet, daß eine Form unnöthig ist; das Haartuch mit den gequetschten Samen wird zwischen zwei eiserne Platten (Jager) gelegt u. zwischen zwei Paar solcher Platten, welche in die Lade gestellt sind, werden die Keile eingetrieben. Außer den angeführten beiden Keilpressen kann das Auspressen des Öls auch c) in irgend einer Presse erfolgen, entweder in einer Schraubenpresse od. in einer Hebelpresse, bes. in einer Kniehebelpresse od. in einer Presse mit excentrischen Scheiben, od. in einer hydraulischen Presse. Vgl. T. Fontenelle, Handbuch der Ölbereitung u. Ölreinigung, deutsch von Haumann, Ilmenau 1828, 3. Aufl. Weim. 1853; Scholl, Bau u. Betrieb der Ö-n, Darmst. 1844; Schwahn, Lehrbuch der Mühlenbaukunde, 5. Abtheilung, Berlin 1852.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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