- Ebenbürtigkeit
Ebenbürtigkeit, die zwischen 2 Personen od. Familien herrschende Gleichheit des Geburtsstandes. Die E. äußert ihre rechtlichen Wirkungen bes. bei der Ehe, nächstdem auch wohl in manchen Fragen der Etiquette u. des Hofdienstes. Eine Ehe, welche zwischen, einander nicht ebenbürtigen Personen eingegangen worden ist (Mißheirath, Disparagium), äußert in sofern nicht die vollen Wirkungen einer rechten Ehe, als die daraus entsprossenen Kinder von der Erwerbung der besonderen Standes- u. Familienrechte der Eltern, insbesondere von der Succession der Stamm- u. Familiengüter, bei den souveränen Häusern von der Succession zur Thronfolge ausgeschlossen sind. Nach dem älteren Rechte galt die E. als Erforderniß einer rechten Ehe für alle Stände, so daß auch die Verbindung zwischen adeligen u. freien, zwischen freien u. hörigen Personen juristisch als Mißheirath galt u. die Kinder der ärgern Hand folgten. Seit dem 15. u. 16. Jahrh. verlor sich jedoch die Allgemeinheit des Grundsatzes hauptsächlich unter dem Einfluß des eindringenden römischen u. canonischen Rechtes, welches den Satz aufstellt, daß der Rang u. Stand des Mannes u. Vaters bei jeder Ehe auch der Frau u. den Kindern zu Theil wird. Entschieden gilt daher die Ehe zwischen einer Person des niederen Adels u. einer bürgerlichen jetzt nicht mehr als unebenbürtig. Dagegen haben sich die früheren Grundsätze bei dem Fürstenstand erhalten. Eine Ehe dieses Standes gilt nur dann als ebenbürtig, wenn beide Theile zu dem hohen Adel gehören. Unter den Begriff des hohen Adels (s. Adel) gehören in dieser Beziehung aber nicht blos die eigentlich souveränen, sondern auch die Mitglieder der vormals reichsständischen u. reichsunmittelbaren Häuser, denen das Recht der E. durch Art. 14 der deutschen Bundesacte ausdrücklich garantirt worden ist. Von außer deutschen Familien sind die regierenden von jeher als ebenbürtig betrachtet worden, ohne daß dem Alter der Dynastie, der Legitimität u. selbst der Fortdauer der Regierungsgewalt hierbei ein Unterschied eingeräumt worden ist, wie dies z.B. die Heirathen mit den Gliedern der Napoleonischen Familie u. der Familie Wasa zeigen. Hinsichtlich der Ehen mit Personen des auswärtigen Adels aber wird der entscheidende Punkt in der Regel darauf gelegt, ob die Familie nach den Begriffen der früheren Zeit zum alten Herrenstande gerechnet worden ist. Manche lassen indessen auch schon den Titel (Fürst, Herzog) entscheiden. Die E. kann übrigens durch Hausgesetze, deren im 16. u. 17. bes., in Veranlassung mehrerer eclatanten Mißheirathen, im 18. Jahrh. fast in allen Familien des hohen Adels entstanden, bald enger, z.B. nur beschränkt auf Glieder besonderer Familien, bald weiter bestimmt sein. Die Wahlcapitulation von 1790 stellte darüber einen besonderen Reichsschluß in Aussicht, der aber nicht zu Stande gekommen ist. Vgl. Klüber, Begriff, Verschiedenheit u. Rechtswirkung der E. in den Abhandlungen für Geschichtskunde, Bd. I. S. 225 f.; Göhrum, Geschichtliche Darstellung der Lehre von der E. nach gemeinem Deutschen Rechte, 2 Bde. Tüb. 1846.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.