Ferrocyān

Ferrocyān

Ferrocyān (Chem.), von Liebig angenommenes, aus 3 Äquiv. Cyan u. 1 Äquiv. Eisen (s.d. I. B) f) od. aus Fe3Cy = FeC6N3 = Cfy bestehendes, zweibasisches Haloidradical, welches noch nicht isolirt dargestellt worden u. nur in Verbindung mit Wasserstoff u. mit Metallen bekannt ist. Es verbindet sich mit 2 Atomen Wasserstoff zu Ferrocyanwasserstoffsäure (Wasserstoffeisencyanür, Eisenblausäure), Cfy 2H = FeC6N3 2H = 2CyH + FeCy. Man erhält sie durch Zersetzung von Ferrocyanmetallen mit Wasserstoffsäuren od. verdünnten Sauerstoffsäuren; so durch Behandeln von Ferrocyanblei mit Schwefelwasserstoff od. von Ferrocyanbaryum mit verdünnter Schwefelsäure u. Abdampfen der Lösung im luftleeren Raume od. Fällen mit Äther u. Trocknen der Masse über Schwefelsäure. Rein stellt man sie durch Vermischen einer concentrirten Lösung von Blutlaugensalz mit rauchender Salzsäure, Auflösen des Niederschlags in Alkohol u. Fällen mit Äther her. Sie bildet ein weißes od. gelbliches krystallinisches Pulver, warzenförmige od. büschelförmige Krystalle, ist leicht löslich in Wasser u. Alkohol, ohne Geruch, von saurem Geschmack u. wirkt nicht giftig; sie treibt Kohlensäure, Essigsäure u. Oxalsäure aus ihren Verbindungen; an der Luft zersetzt sie sich leicht u. verwandelt sich in eine blaue Masse; erhitzt geht sie unter Entwickelung von Blausäure in Eisencyanür über. Metalloxyde verbinden sich unter Wasserbildung mit ihr, indem das Metall an die Stelle des ausscheidenden Wasserstoffs der Säure tritt, zu Ferrocyanmetallen, von denen die der Alkalien u. alkalischen Erden meist löslich in Wasser, mit Krystallwasser krystallisirbar u. von salzig bitterem Geschmack sind; sie wirken nicht giftig; die der schweren Metalle sind meist unlöslich in Wasser, diejenigen, deren Metalloxyde in Ammoniak löslich sind, lösen sich ebenfalls darin auf. Die löslichen Ferrocyanmetalle geben mit Eisenoxydsalzen einen blauen, mit Kupferoxydsalzen einen rothbraunen Niederschlag. Sie bilden oft unter einander u. mit anderen Salzen Doppelverbindungen: Ferrocyanammonium (Eisenblausaures Ammoniak, Flüchtiges Blutlaugensalz), Cfy 2NH4 + 3 aq., durch Zerlegung des Ferrocyanbleies mit kohlensaurem Ammoniak dargestellt; weiße od. gelbliche, durchsichtige, luftbeständige, in Wasser leicht lösliche Krystalle, isomorph dem Ferrocyankalium, bildet mit Salmiak ein Doppelsalz, welches in großen, gelben, luftbeständigen Krystallen anschießt. Ferrocyanbaryum, Cfy 2Ba + 6 aq, durch Digestion von Berliner Blau mit Barytwasser darzustellen: kleine, gelbe, rhomboidale Prismen, schwer löslich. Ferrocyanblei, Cfy 2 Pb, fällt beim Vermischen eines löslichen Bleisalzes mit Ferrocyankalium als weißer, etwas gelblicher Niederschlag zu Boden, ist nach dem Trocknen wasserfrei. Ferrocyancalcium, Cfy 2Ca + [210] 12 aq., krystallisirt in blaßgelben Prismen, welche in Wasser löslich sind; man erhält es durch Sättigen von kohlensaurem Kalk mit Ferrocyanwasserstoffsäure od. Kochen von Berliner Blau mit Ätzkalk u. Wasser. Ferrocyanchrom: a) Chromferrocyanür, Cfy 2Cr, ein gelber Niederschlag, erhalten durch Fällen einer Auflösung von Chromchlorür mit Ferrocyankalium; b) Chromferrocyanid, 3Cfy 4Cr, ist grün u. bildet sich wahrscheinlich, wenn man schwefelsaures Chromoxydkali mit Ferrocyankalium u. Salmiak mischt u. abdampft. Ferrocyaneisen: a) Eisenferrocyanür, Cfy 2Fe, weißes od. gelblich weißes in Wasser unlösliches Pulver, wird dargestellt durch Erhitzen von Ferrocyanwasserstoffsäure unter Luftabschluß, od. indem man frisch gefälltes Berliner Blau mit Wasser anrührt, die Flüssigkeit mit Schwefelwasserstoff sättigt u. unter Abschluß der Luft längere Zeit stehen läßt; es färbt sich an der Luft blau, erhitzt geht es unter Entwickelung von Stickstoff in Kohlenstoffeisen über. Mit Ferrocyankalium bildet es ein Doppelsalz, das Ferrocyaneisenkalium, Cfy 2Fe + Cfy 2Ka, welches als weißer Niederschlag bei der Destillation von Blutlaugensalz mit Schwefelsäure entsteht; b) Eisenferrocyanid (Eisencyanürcyanid), 3Cfy + 4Fe, ist Berliner Blau, s.d. Ferrocyankadmium, ist weiß u. in Ammoniak löslich. Ferrocyankalium (Kaliumeisencyanür, Cyaneisenkalium, Eisenblausaures Kali), Cfy 2Ka + 3 aq., ist gelbes Blutlaugensalz, s.d. Ferrocyankobalt, Cfy 2Co, ist gelbgrün, wird beim Erhitzen dunkelgrün u. löst sich in concentrirter Schwefelsäure mit rother Farbe auf. Ferrocyankupfer: a) Kupferferrocyanid, Cfy 2Cu, schön rothbrauner Niederschlag, erhalten durch Vermischen einer Lösung von gelbem Blutlaugensalz mit Kupfersalz; ist unlöslich in verdünnten Säuren, durch concentrirte Schwefelsäure wird es grünlich weiß; b) Kupferferrocyanür, Cfy 4Cu, entsteht wahrscheinlich durch Fällen einer salzsauren Lösung von Kupferchlorür mit gelbem Blutlaugensalz; es ist weiß u. wird an der Luft braun. Ferrocyanmagnesium, Cfy 2Mg + 10 aq., krystallisirt in schwach gelben, nadelförmigen Krystallen; man erhält es dnrch Sättigen von Ferrocyanwasserstoffsäure mit Magnesia. Ferrocyanmangan, Cfy 2Mn, ist weiß od. schön hellroth. Ferrocyannatrium, Cfy 2Na + 12 aq., der Kaliumverbindung ganz ähnlich. Ferrocyannickel, ist hellgrün u. in Ammoniak mit hellrother Farbe löslich. Ferrocyanquecksilber, ist weiß; man stellt es durch Vermischen von gelbem Blutlaugensalz mit Quecksilberoxydulsalzen od. Quecksilberoxydsalzen her; im ersten Falle erhält man die Verbindung Cfy 4Hg, im letzteren Cfy 2Hg. Ferrocyansilber, Cfy 2Ag, ein weißer Niederschlag, welcher sich an der Luft blau färbt, löslich in Ammoniak. Ferrocyanwismuth, gelblichweiß u. in Wasser unlöslich. Ferrocyanzink, Cfy 2Zc, ist weiß, ebenso Ferrocyanzinn, Cfy 2Sn u. Cfy Sn.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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