- Fledermaus [1]
Fledermaus, 1) (Vespertilio L.), diese Linéesche Gattung ist in der neueren Zeit zur Unterordnung, bei Andern zur Familie der Flatterthiere, od. der Raubthiere (s.u. Fledermäuse u. Flatterthier) erhoben u. in viele Gattungen u. Untergattungen getheilt worden, u. zwar nach Cuvier in: A) Rusetten (Flatterthier, Fliegender Hund, Pteropus Briss.), oben u. unten 4 meiselartige Schneidezähne, 5 u. 6 od. 4 u. 5 Backenzähne; Flughaut an den Schenkeln ausgeschnitten; größte Fledermäuse in Ostindien; Fraß: Obst, auch kleine Säugethiere u. Vögel; werden gegessen, sind zähmbar. Arten: a) oben 5, unten 6 Backenzähne; ohne Schwanz: Schwarze Rusette (Kalong, P. edulis), schwärzlich u. rostroth, Flügelweite 4 Fuß 10 Zoll, das Thier selbst 15 Zoll lang, auf den Südseeinseln, Fleisch nach Bisam schmeckend; Gemeine Rusette (P. vulgaris s. Vespertilio Vampyrus), braun, Gesicht u. Seiten gelbröthlich, klaftert 3 Fuß, auf Bäumen; Fleisch beliebt; ihre Heimath ist Isle de France und Bourbon, Madagaskar u. Afrika u. sie ist dieselbe Art, welche Linné mit dem Vampyr verwechselte. Außerdem gibt es noch etwa 26 Arten dieser Abtheilung; b) mit oben 4, unten 5 Backenzähnen, einige mit kurzem Schwanze; über 6 Arten z.B.: Pandan (P. brachyotis Müll.), oben gelbbraun, unten gelbgrau, Kehle u. Halsseiten gelbroth, Flügel rußschwarz, Ohren u. Schwanz kurz, Länge 3 Zoll 4 Linien, auf Borneo; Ägyptische Rusette (P. aegyptiacus), graubraun, Länge 51/2 Zoll, Schwanz 7 Linien, Flugweite 18–201/2 Zoll; c) Großzunge (Macroglossus), Schnauze lang, dünn; Art: P. minimus, nur 31/2 Zoll lang, 10–11 Zoll Flugweite, in Ostindien u. den Südseeinseln. B) Harpye, oben 4, unten 5 Backenzähne, Schwanz kurz; Daumen mit Kralle, Zeigefinger mit od. ohne Kralle; a) Harpyia: Schwanz kurz u. breit, Zeigefinger mit Kralle: Gemeine Harpye (H. Cophalotes [341] s. Pallassii), 4 Zoll lang, Flugweite 17 Zoll, auf Amboina; b) Hypoderma, die Flughaut beginnt schon längs des Rückens, so daß sie den ganzen Rücken bedeckt, Zeigefinger ohne Kralle; Perons Harpye (Hypoderma Peronii, H. moluccensis s. palliatus), 6 Zoll 2–3 Linien, Flügelweite 2 Fuß 1–2 Linien; auf Banda, Samao, Timor u. Amboina in Menge. C) Wahre Fledermäuse, 3 kegelförmig zugespitzte Backenzähne auf jeder Seite, nebst einigen falschen; Zeigefinger ohne Nagel; u. zwar a) wo der Mittelfinger 3, die anderen Finger der Haut nur 2 Knochengelenke haben; dazu: aa) Grämler (Molossus Geoffr., Dysopes Ill.), Schnauze einfach, Ohren breit, kurz, Schwanz so lang od. länger als die Flughaut; in beiden Indien; dazu die Untergeschlechter: α) Klappenschwanz (Diclidurus Pr. W.), statt des Schwanzes sind hinten 2 Hornkapseln; Art: Weißer Klappenschwanz (D. albus Neuw), 2 Zoll 10 Linien lang, Flugweite 13–14 Zoll, Schwanzkapsel 5 Linien breit u. 3 Linien hoch, weißlich, Füße, Nägel u. Ohren schwärzlichbraun; β) Hasenmaul (Nyctinomus Geoffr.), Nase aufgeschnitten u. aufgestülpt; γ) Schildträger (Thyreoptera Spix), mit kleinen concaven Schüppchen am Daumen; Art: Th. tricolor; δ) Fliegende Ratte (Myopterus Geoffr.), Nase einfach, Ohren breit, getrennt, oben 4, unten 5 Backenzähne, Schwanzspitze frei; Art: M. senegalensis, u.a.; ε) Dinops, oben 2, unten 6 Schneidezähne, Schwanz lang, Flügel schmal, Ohren breit, vorwärts geneigt; Europäischer Grämler (D. Cestonii), in Südeuropa u. Ägypten, 3 Zoll 2 Linien lang, Flügelweite 14 Zoll; ζ) Lippenflatterer (Chilonycteris Gray), Unterlippe breit, umgeschlagen, mit Warzen besetzt, wie am Kinne, Ohren groß, getrennt, letztere mit starkem Einschnitte am Außenrande; Ch. Mac Leagii auf Cuba, 13/4 Zoll lang; η) Emballonura (Stummelschwanz), mit kurzem, freiem Schwanze, oben 4–6, unten 6 Schneidezähne, überall 5 Backenzähne, die oberen Eckzähne mit einer Seitenzacke; Nase mit spitzigem Fortsatze; E. monticola, auf den Sundainseln, Länge 2 Zoll 2–3 Linien, Flugweite 9 Zoll 3 Linien; ferner: E. saxatilis, E. canina u. E. calcanata, in Brasilien; bb) Kantenlefzer (Noctilio Geoffr.), Schnauze kurz, geschwollen, gespalten, warzig u. gefurcht; Schwanz kurz, frei; Art: Hasenschartiger Kantenlefzer (Nachtthier, N. leporinus), roftbraun, aus Amerika; cc) Blattnase (Phyllostoma Geoffr.), auf der Nase ein aufstehendes, lanzettförmiges, häutiges Blatt, ein anderes vertritt die Stelle des Ohrdeckets, Zunge warzig, ausdehnbar, 8 Schneidezähne oben u. unten, 4–5 Backenzähne oben, 5–6 unten; laufen besser als andere Fledermäuse, saugen Blut bei Menschen u. Thieren; einige haben keinen Schwanz; dd) Vampyre (Vampyrus Spix), dazu: αα) Eigentlicher Vampyr (Blutsauger, Phyllostoma Spectrum), Nasenblatt eiförmig, trichterartig, kastanienbraun, Länge des Körpers 5 Zoll 61/2 Linien, Kopf 1 Zoll 10 Linien, Nasenblatt 41/2 Linien, Flugweite 2 Fuß, saugt schlafenden Menschen u. Thieren Blut aus, wird dadurch wohl beschwerlich, aber nur selten gefährlich; in Südamerika; von einer dem gemeinen Vampyr ähnlichen Art hat man versteinerte Knochen gefunden; ββ) Brillennase (Phyllostoma [Vampyrus]), Nasenblatt kurz, ausgeschweift, 2 weiße Streifen zwischen Nase u. Ohren; andere haben den Schwanz mit der Flughaut verbunden, als: Langennase (V. hastatus s. perspicillatus) in Brasilien, wo sie Guandira heißt; noch andere den Schwanz frei, als: V. crenulatus; ee) Zungenfresser (Glossophaga Geoffr.), die Blattnasen mit schmaler, ausdehnbarer Zunge; Art: Speernase (G. soricina), aus Surinam, u.a.; b) wo der Zeigfinger 1, die anderen Finger 2 verknöcherte Glieder haben; dazu: aa) Klappngse (Großhäutler, Megaderma Geoffr.), das Nasenblatt ist zusammengesetzt, die Ohrmuscheln sind über dem Kopfe zusammengewachsen, die Ohrdeckel oft gespalten; Arten nach der Gestalt des Nasenblattes: Leier-, Kleeblatt-, Herznase (M. lyra, M. trifolium, M. spasma), u.a., aus Afrika u. Asien; bb) Hufeisennase (Kammnase, Rhinolophus Geoffr., Noctilio Kuhl.), die Blätter u. Kämme auf der Nase bilden die Gestalt eines Hufeisens, die Nasenlöcher liegen in einer trichterartigen Vertiefung; Art: Gemeine Hufeisennase (R. ferrum equinum), röthlichaschgrau, Länge 2 Zoll 2 Linien, Schwanz 1 Zoll 4 Linien, Flügelweite 12 Zoll 6 Linien, Nasenblättchen doppelt; Kleine Hufeisennase (R. hipposideros), Länge 1 Zoll 6 Linien, Schwanz 1 Zoll 2 Linien, Flügelweite 8 Zoll 6 Linien, beide in Europa, Asien u. Afrika in gemäßigteren Gegenden; cc) Nachtflieger (Nycteris Geoffr.), eine nackte Furche über der Stirn, im Maule Taschen, Nasenlöcher verschließbar; Art: N. thebaica, häufig auf den Ruinen Thebens; dd) Faltennase (Rhinopoma Geoffr.), Nase lang, rüsselförmig, vorn abgestutzt, Blatt klein, Nasengrube undeutlich, Schwanz geht über die Flughaut hinaus; Art: R. microphyllum, aus Oberägypten; ee) Grabflieger (Taphozous Geoffr., Saccopteryx Ill.), Nase mit rundlicher Vertiefung, am Ellnbogen ein faltiger Beutel; Art: T. perforatus, in Grabhöhlen Ägyptens; Beutelgrabflieger (T. lepturus). u.a.; ff) Mormops Leach., der Scheitel pyramidenförmig über der Nase erhöht, zu beiden Seiten der Nase ein Blatt; Art: M. Blainvillii, aus Jamaica; gg) Gemeine Fledermaus (Vespertilio), Schnauze ohne Blätter, vorstehend, Ohren getrennt, oben 4, unten 6 Schneidezähne, Haut mit dem Schwanze verwachsen; Fraß: Insecten; einige haben einen pfriemenförmigen Ohrdeckel, als: die Gemeine F. (V. murinus, V. myotis), Ohren von der Länge des Kopfes, länglich; oben kastanienbraun, unten hellgrau; gemein, gesellig, frißt Speck; Flügelweite. 16 Zoll, hängt sich, wie mehrere andere, Winters an den Hinterfüßen zum Winterschlaf auf; andere einen eckigen Ohrdeckel; Art: V. serotinus, kastanienbraun, langhaarig; noch andere einen halbmondförmigen; Art: Speck-F. (V. noctula, V. proterus Kuhl.), braunroth, Beine u. Flughaut schwarz, Ohren 3ckig, in hohlen Bäumen, alten Gebäuden, frißt keinen Speck, sondern, wie die anderen, Insecten; Zwerg-F. (V. pipistrellus), schwarzbraun, nur 1 Zoll 41/2 Linien. groß; hh) Großohr (Plecotus Geoffr.), Ohren größer als der Kopf, oben verwachsen, Ohrdeckel lanzettförmig sehr groß; Art: Langöhrige F. (Vespertilio [Plecotus] auritus), Ohren 11/2, Körper 13/4 Zoll lang, graufahl oben; Gemeine Barbastello (V. [P.] barbastellus), Schnauze mopsartig; ii) [342] Nycticejus Rafin., Schnauze einfach, Ohren mittelgroß, 2 Schneidezähne oben, aus Amerika; kk) Schmalhäutler (Stenoderma Geoffr.), Flughaut ist zwischen den Schenkeln ausgeschweift; Art: S. rufum. Noch andere nicht allgemein anerkannte Gattungen sind Zweiblatt (Diphylla, Artibaeus), Einblatt (Monopbyllus), Nächtling (Nyctophilus, Madataeus, Matadus), Rüssel-F. (Proboscidea, Celaeno, Scotophilus) u.a., meist von Leach, Spix u. Desmarest aufgestellt. Einzelne Theile der Fledermäuse finden sich fossil; 2) so v.w. Kleine Becassine, eine Schnepfenart; 3) eine Art Walzenschnecke (s.d.), nämlich Voluta Vespertilio; 4) (Caris vespertilionis), Milbe, auf Fledermäusen, s. Caris.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.