- Winterschlaf
Winterschlaf, der Schlaf, in welchen gewisse Thiere, meist unter der Erde od. in Bäumen, zu Anfange des Winters verfallen u. mit od. ohne Unterbrechung, mehre Monate verharren u. hierbei dem Mangel u. Leiden bei Kälte entgehen. W. halten in kältern Gegenden fast alle Amphibien, ein Theil der Insecten (einige Fliegenarten, Bienen, einzelne Wespen, Puppen etc., welche zu Eis frieren, so daß sie beim Fallen auf die Erde einen Klang wie Glas geben, u. doch leben), mehre Säugethiere (Murmelthier, Hamster, Haselmaus, Lemming, Siebenschläfer, Fledermaus, Igel, Dachs, Bär etc.). Sie verkriechen sich bei Annäherung der Kälte theils einsam, theils gesellig an stille Orte, verlieren, wenn es warmblütige Thiere sind, bei 4° R. fast alle Wärme u. haben nur einen sehr beschränkten Blutumlauf durch die größern Gefäße, athmen seltner (das Murmelthier soll nach Mangilis Versuchen während der 6 Monate W. in[276] einer Stunde kaum 15 Mal athmen, während es in wachendem Zustande 1500 Mal athmet) u. werden nach u. nach wahrscheinlich durch die wärmere Temperatur der Luft wieder erweckt. Daß aber nicht die äußere Wärme allein dies letzte bewirkt, zeigen die Murmelthiere, welche nicht selten, auch bei noch fortdauernder Kälte, nach Verlauf einer gewissen Zeit erwachen, u. andere, z.B. der Dachs, die Haselmaus, welche nach einer bestimmten Zeit aufwachen, Nahrung suchen, u. nach gefundener wieder einschlafen. Sie schlafen vom October bis Ende Aprils, sind in diesem Schlafe, gleich dem Hamster, wie erstarrt, kalt, ohne Spur von Kreislauf od. Empfindung; die Glieder steif, Magen u. Darmkanal leer. Bei der Zergliederung in diesem Zustande zeigt sich jedoch noch deutliche Muskelreizbarkeit. Schlafen sie nicht in Erdhöhlen, sondern in Kellern od. dgl., so erwachen sie zuweilen, u. bringt man sie dann ins warme Zimmer, so fressen sie auch. Im Zustande des W-s vertragen sie große Dosen von Blausäure, welche sonst diese Thiere augenblicklich tödten würde. Starke Kälte weckt sie übrigens eher aus dem W. als gelinde Wärme, weil das Bedürfniß eintritt, durch Athmen mehr Wärme zu erzeugen. Zum wahren festen W. wird, wie z.B. beim Hamster, eine gänzliche Abgeschlossenheit von der Luft erfordert. Der Wärmegrad in ihren Höhlen beträgt 8 bis 9° über Null. Bei den in W. verfallenden, etwas trägen Säugethieren, häuft sich im Herbste das Fett, verzehrt sich dann während des W-s u. trägt so zur Unterhaltung des Körpers bei. Wenn die Säugethiere erwachen, dehnen sie sich, stellen sich dann auf die Beine, geben einen knurrenden Ton von sich, wanken hin u. her u. gehen erst nach einigen Stunden. Bei Vögeln entspricht dem W. das Ziehen, von welchen Spuren auch in den Wanderungen mancher Säugethiere vorkommen; der W. der Schwalben im Schlamme ist wahrscheinlich ein Irrthum, vgl. Schwalbe u. Zugvogel. Die größte Ähnlichkeit mit dem W. der Thiere im Norden hat der Schlaf der Alligators u. des Borstenigels während der trocknen Jahreszeit in den Tropengegenden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.