Gesellenvereine

Gesellenvereine

Gesellenvereine, Vereine zur wissenschaftlichen u. geselligen Fortbildung der Handwerksgesellen. Sie wurden meist von Freunden des Handwerkerstandes unter Mitwirkung von Handwerksmeistern gestiftet u. waren ein ergänzendes Zwischenglied zwischen den vorzugsweise von Lehrlingen besuchten Sonntags- u. gewerblichen Fortbildungsschulen u. den nur für die Meister bestimmten Gewerbevereinen. Gegen das geistlose Treiben auf vielen Herbergen gerichtet, sollten sie die jungen Handwerker für bessere Unterhaltunggewinnen u. rege erhalten. In den wöchentlichen Versammlungen derselben wurde bald ein heiteres od. ernstes Lied gesungen, bald etwas vorgelesen od. declamirt, bald eine gewerbliche Arbeit od. ein neues Handelsproduct vorgezeigt u. besprochen, bald Fragen beantwortet u. discutirt, in den größeren Städten, z.B. in Berlin, selbst ganze Reihenfolgen regelmäßiger Vorträge über einzelne Zweige der Naturwissenschaften, der Gewerbkunde, Literatur etc. gehalten. An einzelnen Orten brachte man auch Büchersammlungen zu Stande, aus denen die Mitglieder unentgeltlich Bücher entleihen u. daheim lesen konnten. Da sich auch hier u. da, z.B. in einigen Städten der preußischen Rheinprovinz, von Seiten der Gründer u. Leiter der G. ein vorwiegendes Streben für kirchliche Zwecke geltend machte u. die jungen Leute für eine strengere Sonntagsfeier, für den häufigeren Besuch der Kirchen u. für die Theilnahme am Missionswesen zu gewinnen suchte, so gab es bald zweierlei G., einfach bürgerliche u. vorwiegend kirchliche. Indeß bildeten die ersteren die Mehrzahl u. nur an wenigen Orten, z.B. in Stettin, waren beide Arten (der kirchliche hieß hier Jünglingsverein) eine Zeit lang in gegenseitiger Rivalität neben einander vorhanden. Eine neue Wendung brachte das Jahr 1848 für die G.; wo sich dieselben nicht, wie in Berlin u. Hamburg, der neuen Zeitrichtung hingaben u. zu Arbeitervereinen umbildeten, da verkümmerten sie allmälig durch die Theilnahmlosigkeit der Mitglieder, bis sie sich zuletzt ganz auflösten od. aufs Unbestimmte vertagten. Diejenigen G. aber, welche sich der Zeitströmung ganz hingegeben hatten, fielen bald der polizeilichen Überwachung u. Unterdrückung anheim, indem ihre Führer theils ausgewiesen, theils eingezogen wurden, vgl. Arbeiter B). Die Normen für Bildung, Beaufsichtigung etc. der G. sind durch Bundesbeschluß vom 8. Dec. 1853 vorgeschrieben. Der ausgebreitetste G. seit 1849 besteht in Köln; er verfolgt bes. kirchliche Zwecke u. zählte 1859 191 Zweigvereine mit gegen 30,000 Mitgliedern.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Gesellenvereine — Gesellenvereine,   vorwiegend konfessionelle Standesorganisationen, denen heute unselbstständige und selbstständige Handwerkerinnen und Handwerker sowie Personen, die dem Handwerk verbunden sind, angehören. Ursprünglich als… …   Universal-Lexikon

  • Gesellenvereine — • German Catholic societies for the religious, moral, and professional improvement of young men Catholic Encyclopedia. Kevin Knight. 2006. Gesellenvereine     Gesellenvereine      …   Catholic encyclopedia

  • Gesellenvereine — nennt man auf katholisch konfessioneller Grundlage ruhende, unter geistlicher Leitung stehende Vereine von Handwerksgesellen, die seit 1849 in größerer Zahl in Deutschland, Österreich und in der Schweiz gegründet wurden. Um sie machte sich… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Gesellenvereine — Gesellenvereine, Vereine von Handwerksgesellen auf kath. konfessioneller Grundlage und unter Leitung der Geistlichkeit, in Deutschland, Österreich und der Schweiz, der erste 1846 in Elberfeld durch den spätern Kölner Domvikar Kolping gegründet.… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Gesellenverein — Gesellenvereine sind oder waren neben den Arbeitervereinen und im Gegensatz zu Gesellenbruderschaften Vereine, die ab dem Übergang zur Industriegesellschaft im 19. Jahrhundert als freie Zusammenschlüsse von selbstständigen Handwerksgesellen auf… …   Deutsch Wikipedia

  • Kolpingwerk — Logo des Kolpingwerkes Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes …   Deutsch Wikipedia

  • Katholischer Gesellenverein — Logo des Kolpingwerkes Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes Das Kolpingwerk ist ein internationaler katholischer Sozialverband mit Sitz in Köln. Er ist benannt nach Adolph Kolpin …   Deutsch Wikipedia

  • Kolping-Familienferienstätten — Logo des Kolpingwerkes Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes Das Kolpingwerk ist ein internationaler katholischer Sozialverband mit Sitz in Köln. Er ist benannt nach Adolph Kolpin …   Deutsch Wikipedia

  • Kolping-Werk — Logo des Kolpingwerkes Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes Das Kolpingwerk ist ein internationaler katholischer Sozialverband mit Sitz in Köln. Er ist benannt nach Adolph Kolpin …   Deutsch Wikipedia

  • Kolpingfamilie — Logo des Kolpingwerkes Adolph Kolping, Begründer des Kolpingwerkes Das Kolpingwerk ist ein internationaler katholischer Sozialverband mit Sitz in Köln. Er ist benannt nach Adolph Kolpin …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”