Quecksilbermittel

Quecksilbermittel

Quecksilbermittel, die Wirkungsweise dieser Heilmittel ist je nach den Präparaten u. deren Anwendung verschieden. Im Magen- u. Darmkanal unterliegen sie mannigfachen chemischen Veränderungen; alle Verbindungen des Quecksilbers können durch örtliche Wirkung entzündliche Zustände bedingen, mit einziger Ausnahme vielleicht des Kalomel. Sie vermehren die Absonderung der Schleimhaut u. ihrer Drüsen, der Leber u. des Pankreas, u. es entstehen, zumal beim Gebrauch des Kalomel, reichliche Ausleerungen von dünnen, meist grüngefärbten Kothmassen (Kalomelstühle). Mehre dieser Q., vor allem Sublimat, wirken auch schon in kleinen Gaben örtlich als starke Reizmittel, in größeren Dosen sogar stark ätzend, so daß Magen- u. Darmentzündung, Gangräne u. endlich der Tod eintreten kann; od. es zeigen sich die sogenannten constitutionellen Wirkungen des Quecksilbers, bedingt durch Übergang des Quecksilbers, sei es vom Darmkanale aus od. durch Haut od. Lungen, in die Blutmasse. Jene constitutionellen Wirkungen äußern sich zunächst als leichte katarrhalische Affection der Mund-, Magen- u. Darmschleimhaut, die Absonderung derselben, sowie der Nieren u. vor allen der Mundspeicheldrüsen (Speichelfluß), wird vermehrt, das Zahnfleisch entzündet sich u. wird geschwürig, der Athem stinkend. Allmälig schwindet das Fett, es tritt Fieber ein u. endlich wird die Blutmasse krankhaft umgeändert (Hydrargyrosis, Quecksilberkachexie). Zuweilen schwellen die Lymphdrüsen an, in der Leber stockt das Blut, ebenso in den Nieren, auf der Haut zeigt sich vermehrter Schweiß u. es treten verschiedene Ausschlagsformen Quecksilberausschlag, Hydrargyrie) ein, selbst mit bräunlicher Färbung der Haut. Bei längerer Einwirkung des Quecksilbers (wie z.B. bei Metallarbeitern) treten in Folge der Affection des Rückenmarks wandernde Schmerzen, convulsivisches Zittern in Händen u. Armen (Mercurialzittern) ein. Alle diese aus einer functionellen Störung des Nervensystems hervorgehenden Krankheitssymptome faßt man zusammen unter dem gemeinsamen Namen Mercurialfieber, Mercurialerethismus od. Mercurialhypochondrie. Die therapeutische Verwendung des Quecksilbers u. seiner Präparate ist sehr mannigfaltig; die örtlichen Wirkungen werden innerlich selten benutzt, außer etwa durch Calomel; häufiger bezweckt man die constitutionellen Quecksilberwirkungen, u. diese sind überall da im Gebrauche, wo es gilt die Blutmasse umzuändern u. deren Plasticität zu mindern od. Wucherungen, seien es Anschwellungen einzelner Körpertheile od. Neubildungen, zur Resorption zu bringen. So finden die Q. ihre Anwendung bei entzündlichen Zuständen der verschiedensten[755] Art, bei Hypertrophien, Verhärtungen parenchymatöser Organe (der Leber, der Hoden, der Milz, Gekrös- u. Lymphdrüsen), bei chronischen, hartnäckigen Affectionen der Hautdecken (Aussatz, Frambösie), bei Neurosen (Lähmungen, Krämpfe, Manie), bei Syphilis, bei der Cholera, bei der Pest u. dem Gelben Fieber, bei der Wurmkrankheit u. endlich bei der Zuckerharnruhr. Bezweckt man beim innerlichen Gebrauch der Q. vorzüglich eine örtliche Einwirkung auf die Darmschleimhaut u. deren Anhängsel, so genügen die milderen Präparate; bezweckt man die constitutionellen Wirkungen, so unterscheidet man mehre Methoden der Anwendung: a) die Extinctionscur, bestehend in längere Zeit andauernder Einwirkung schwacher Präparate u. Gaben; b) Salivationscur, kleine, allmälig steigende Gaben werden auch beim Eintritt des Speichelflusses bis zu einer gewissen Zeit verabreicht u. wieder allmälig zu kleineren Gaben herabgestiegen; vorzüglich bei Syphilis gebräuchlich; c) Mercurialisationsmethode, um die höheren Grade der Quecksilberwirkung mit großer Schnelligkeit zu erzielen; bei veralteter Syphilis als die Weinhold'sche große Quecksilbercur bekannt. Außer in dem Darmkanal werden Q. auch auf die Haut als Solutionen, Salben u. Pflaster angewendet (s. u. Mercurialmittel); bes. werden Einreibungen der Mercurialsalbe systematisch angewendet (Frictions- od. Schmiercur), zumal bei secundärer Syphilis, ferner ehedem auch Räucherungen (zumal mit Zinnober).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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