Leber [1]

Leber [1]

Leber (Hepar), 1) Organ des thierischen Körpers in der Bauchhöhle. Sie ist durchaus Galle absonderndes Organ; sie fehlt allen Pflanzenthieren, bis auf die Echinodermiten, bei denen man ein leberartiges, in Läppchen getheiltes Organ unterscheidet; auch findet sich nur bei wenigen Würmern (Regenwürmern, Blutegeln) ein leberartiges Organ, als ein gethlicher od. schwärzlicher Überzug auf der äußeren Fläche der Gedärme; bei den Krustenthieren (Krebsen, Krabben) finden sich, statt der L., große Büschel gelber Gefäße in dem Anfange des Darmkanals, welche Galle in denselben ergießen; bei den größeren Arten findet sich selbst eine in Lappen getheilte L. Bei Insecten finden sich theils ein Fettkörper mit gelb gefärbten Gefäßen, theils einzelne Gefäße, welche einen gallertartigen Saft in verschiedene Theile des Darmkanals ergießen. In den Weichthieren ist nicht nur eine L. vorhanden, sondern diese ist bei einigen Bauchfüßlern u. Kopffüßlern von beträchtlicher Größe, aber noch ohne Pfortadersystem, welches in den Thieren höherer Ordnung das Blut zur Gallenabsonderung in die L. führt. Alle Fische besitzen eine L. von beträchtlicher Größe, von sehr verschiedener Form u. von gel blicher, röthlicher od. bräunlicher Farbe; die[194] meisten haben auch eine eigene Gallenblase. Auch bei Amphibien ist die L. sehr ansehnlich u. besteht bald aus einem, bald aus mehreren Lappen. Auch bei Vögeln hat sie eine ausgezeichnete Größe u. lichtbraunrothe Farbe; die Zahl der Lappen ist verschieden; bei einigen fehlt die Gallenblase. Die L. von Säugthieren entspricht zwar im Allgemeinen, der Bildung nach, der menschlichen L., doch findet sich auch mehreres Abweichende; die Farbe ist etwas lichter, bei einigen ist die L. in zwei, bei anderen in sieben Lappen getheilt. Die Gallenblase fehlt mehreren. Im menschlichen Körper nimmt die L. einen großen Raum unter dem Zwerchfelle, nach der rechten Seite hin, ein u. erstreckt sich von der rechten unteren Rippengegend über die Oberbauchgegend weg. Ihr hinterer, abgerundeter Rand liegt höher, als ihr vorderer scharfer. In völlig gesundem Zustande ist nur ihr Rand, wenn man unter den Rippen, bes. auf der rechten Seite, stark u. etwas aufwärts drückt, durch das Gefühl zu unterscheiden. Der Wölbung des Zwerchfells entsprechend, ist auch ihre obere Fläche, u. zwar convex, gewölbt, ihre untere aber etwas concav, doch uneben durch Furchen, welche hier eine Abtheilung der L. in Lappen (Lobi, Pinnae) zur Folge haben. Nachbartheile auf dieser unteren Fläche sind: das stumpfe Ende der rechten Niere, der Grimmdarm mit seiner rechten Krümmung, der Zwölffingerdarm, das kleine Netz, der Magen mit seiner kleinen Krümmung. Links erstreckt sie sich öfters bis an das obere Ende der Milz. Ihre Befestigung erlangt sie durch eigene Leberbänder (Ligamenta hepatis), welche selbst Fortsetzungen des Bauchfells sind. Das hauptsächlichste dieser wird als Aufhängeband (Lig. suspensorium hepatis) unterschieden; von dem Zwerchfell abgehend, bestimmt es zugleich die Grenze, wo unterwärts sich die beiden vorderen Leberlappen trennen. Seitwärts geht es durch das sogenannte Kranzband (Lig. coronarium hep.) in zwei ebenfalls deutlich unterscheidhare Seitenbänder (Lig. lateralia, L. triangularia) über. Die Fortsetzung des Bauchfells auf der Fläche zu dem Grimm- u. Zwölffingerdarm bildet das Leber-, Grimm- u. Zwölffingerdarmband (Lig. hepatico-colicum, Lig. hep. renale u. Hep. duodenale), deren ersteres vom rechten Theil der Leberpforte (s. unten) u. Hohladergrube zum aufsteigenden Grimmdarm u. gegen die rechte Niere; deren zweites von der Pforte zur vorderen Wand des Duodenum, von da zum Quergrimmdarm (Lig. colicum s. Omentum Halleri) gegen die rechte Niere u. auf die vordere Furche des Magens geht. Ein anderes Leberband (Lig. hepatico-gastricum s. Omentum minus) geht von der Grube des venösen Ganges zur kleinen Krümmung des Magens. Ein auch unterschiedenes rundliches Leberband (Lig. teres), auf der unteren Fläche, ist der in eine dichte bandartige Masse verwandelte Rest der Nabelvene; durch sie wird die L. mit den Bauchdecken verbunden. Durch diese ihre Einfügung folgt sie mechanisch den auf sie drückenden Organen, mit denen sie in nächster Berührung steht, bes. dem Drucke des Zwerchfells beim Einathmen, od. geflissentlichem Niederdrücken, eben so auch dem des angefüllten Magens od. Grimmdarms. Der rechte Leberlappen (Lobus dexter) ist der ansehnlichste Lebertheil, 3–4 Mal größer als der linke (Lobus sinister), welcher gegen den linken Rand hin immer dünner wird. Er wird von diesem unterwårts durch die lange Leberfurche od. Leberrinne (Fossa longitudinalis hepatis) geschieden, welche selbst durch eine Querfurche (Fossa transversa) in zwei Theile zerfällt, in einen vorderen Theil, od. die Nabelrinne (Fossa umbilicalis), welcher zum Eintritt der Nabelvene beim Embryo, u. in einen hinteren Theil, die Furche des venösen Ganges (Fossa ductus venosi), welcher zur Aufnahme des venösen Ganges ebenfalls beim Embryo dient. Über beide zieht bisweilen ein Streifen von Lebersubstanz sich brückenartig hinweg u. verwandelt dann diese Furchen in Kanäle. In dem rechten Leberlappen wird noch ein eigener, durch die Gallenblasengrube (Fovea vesiculae felleae), in welcher die Gallenblase aufgenommen ist, einerseits u. die Nabelrinne andererseits, auf deren vorderem Theile der unteren Fläche gebildeter Abschnitt als viereckiger Leberlappen (l. obus quadratus) unterschieden. Am hinteren Rande des rechten Lappens ist noch eine kurze Furche, Hohladerfurche (Fossa venae cavae) bemerklich, durch welche die Hohlvene nach dem Zwerchfell aufsteigt (vgl. Hohladern). Die gedachte Ouerfurche, welche meist in dem rechten Theile der L. verläuft, nur wenig jn den linken übergeht, dient zur Aufnahme der Äste der Pfortader, auch der Leberarterie u. Nervengeflechte. Sie scheidet aber hinterwärts noch einen eigenen Theil des rechten Leberlappens ab, welcher den Namen Spiegelscher Lappen (Lobulus Spigelii) erhielt u. mit dem hervorragenden Theile (Tuberculum papillare) an der concaven Seite des Magens seine Lage hat, mit einem anderen, auch als geschwänzte Lappen (Lob. caudatus, auch streifiger Hügel der L.) bezeichneten flacheren Theile aber die Hohlader u. die Pfortader scheidet. Die Vertiefung zwischen beiden wird auch als Pforte (Leberpforte, Porta), od. auch Pforten (Portae) bezeichnet, indem hier die Pfortader in die Querfurche eintritt. In dieser sind die aufgenommenen Gefäße, auch Nerven, durch einen eigenen dichten Zellstoff, die Glissonsche Kapsel, umgeben. Die Farbe der L. ist gelblich rothbräunlich; nach ihr ist auch im gemeinen Leben eine Farbe als Leberfarbe bezeichnet; in jüngeren Jahren ist sie etwas heller. Ihr gewöhnliches Gewicht, in einem gefunden Menschen mittleren Alters, ist 4–5 Pfund. Ihr specifisches Gewicht (gegen Wasser) ist etwa wie 15: 10; sie gehört also zu den schwersten Theilen des Körpers. Der feinere Bau der L. ist noch nicht sicher u. genau erforscht. Der bei Weitem größte Theil der Lebersubstanz (Leberparenchym) besteht aus Leberzellen, welche dicht gedrängt u. reihenweis geordnet neben einander liegen, u. enthält außer den Blutgefäßen (Haargefäße der Pfortader u. der Leberarterie) Bindegewebe u. Gallenkanälchen. Das Verhalten der letzteren zu den Leberzellen ist noch nicht mit Sicherheit ermittelt, ja man streitet sich sogar noch, ob die L. eine sogenannte acinöse Drüse ist (d. h. aus Endbläschen u. Läppchen besteht), od. ob sie einen tubulösen Bau hat u. aus einem Netze von Blutgefäß- u. Gallengangcapillaren zusammengesetzt ist. Unter dem Bauchfellüberzüge der L. findet sich ein dünner Zellgewebsüberzug (Petrequin' sche Kapsel), welcher Fortsetzungen in das Leberparenchym schickt u. zarte Scheidewände zwischen den Läppchen bilden soll. Die L. dient nicht nur als Absonderungsorgan der Galle, sondern es werden auch in derselben aus dem Blute Stoffe abgesondert u. angehäuft, aus[195] denen sich daselbst (farblose u. farbige) Blutkörperchen bilden, welche von den Blutgefäßen aufgenommen werden, u. dabei scheinen als Rückstand die zur Gallenbildung dienenden Stoffe übrig zu bleiben, die dann als Galle durch die größeren Gallengänge abgeleitet werden. Im Übrigen ist die Bedeutung der L. noch nicht vollständig ermittelt. Vgl. Löffler, Hartmanns Hypothese über die assimilativ-blutbereitende Function der L., Lpz. 1838. 2) Als Speise wird die L. unter den vierfüßigen Thieren nur von Kälbern, od. auch von Lämmern geschätzt, Schweinsleber kommt unter Leberwürste. Unter dem Geflügel ist bes. die Gänseleber beliebt; auch die von Hühnern u. Kapaunen werden geschätzt. Unter den Fischen sind die von Hechten (s.d.) am schmackhaftesten; auch von Aalraupen u. Welfen werden sie gern gegessen.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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