- Schlüsselbein
Schlüsselbein (Clavicula), ein länglicher, doppelt u. zwar fest, wiewohl nur flach Sförmig gekrümmter Knochen, welcher am obersten Theile der Brust, am untern u. jedem Seitentheile des Halses über dem ersten Rippenpaare so liegt, daß sein hinteres Ende mit dem Akromion des Schulterblattes, sein vorderes mit dem Griffe des Brustbeins zusammenstößt. Seine Richtung ist schräg von vorn, unten u. innen, nach hinten, oben u. außen. Die Knochen beider Seiten convergiren nach vorn gegen einander. Seine äußere Hälfte ist nach hinten gewölbt, nach vorn ausgehöhlt, die innere nach hinten ausgehöhlt, nach vorn gewölbt. Die vordere Krümmung ist gewöhnlich flacher u. länger, die hintere stärker u. kürzer. Man unterscheidet an ihm den Körper od. das Mittelstück u. eine vordere u. eine hintere Extremität. a) Das Brustbeinende (Extremitas sternalis) ist der dickste Theil des Knochens, hat eine eckige, meist dreikantige Gestalt; ihre innere od. Gelenkfläche ist meist dreieckig, ungleich, leicht ausgeschweift, überknorpelt u. mit dem Griffe des Brustbeins u. der ersten Rippe verbunden. Ihr Rand ist von dem Ansatze des Kapselbandes rauh. b) Der Körper od. das Mittelstück ist breiter als das Brustbeinende, aber nicht so dick. Man bemerkt an ihm drei Flächen, die hintere ist glatt, von oben nach unten gewölbt, die obere rauh u. steigt schief nach vorn herab, die untere gerade, glatt od. doch nur wenig rauh. Von den Rändern ist vorzüglich der vordere deutlich. Von demselben entspringt der obere kleine Schlüsselbeintheil des großen Brustmuskels; von der obern Fläche entspringt nahe am Brustbeine der äußere Kopf des Kopfnickers, der Schlüsselbeinwarzenmuskel. c) Das Schulterblattende (Extremitas acromialis) ist breiter u. platter als der Körper u. rauh u. uneben. Auch hier werden drei Flächen u. drei Ränder unterschieden. Am hinteren convexen u. rauhen Rande ist der Kappenmuskel, am vorderen der Deltamuskel befestigt. Die obere Fläche ist rauh u. uneben von der Befestigung der sich vereinigenden Aponeurosen des Deltamuskels auf derselben. Die untere Fläche ist uneben u. zeigt eine rauhe Erhabenheit, an welcher sich einige Bänder befestigen. Der Endtheil des Knochenstücks ist durch einen äußern kurzen Rand, welcher eine kleine, länglich runde, überknorpelte, nach außen gerichtete Gelenkfläche einschließt, mit dem Akromion verbunden. Die Substanz des Knochens ist äußerlich sehr dicht u. fest, innerlich mit Diploe versehen; an den Extremitäten ist sie lockerer als im Körper. Das weibliche S. ist weit gerader, als das[304] männlichen, indem seine äußere Hälfte weit weniger gekrümmt ist; zugleich ist es beim Weibe kleiner u. rundlicher. Der Nutzen des S-s ist, das Schulterblatt u. mit ihm den Arm an den Thorax zu befestigen, die freien Bewegungen desselben möglich zu machen u. das zu starke Zurück- u. Vorwärtsziehen des Schulterblattes, so wie auch seine Bewegungen nach oben zu beschränken. Vgl. Schlüsselbeinbänder. Von Säugthieren hat, außer Affen u. Fledermäusen, noch eine große Zahl S-e, die nämlich, welche bes. Gebrauch von ihren Vorderfüßen machen, zum Fassen, wie Eichhörnchen u. Biber, zum Graben, wie das Murmelthier u. der Maulwurf, zum Wühlen, wie der Ameisenbär u. Igel, od. zum Klettern, wie das Faulthier u.a. Viele andere haben an dessen Stelle einen kleinen, blos zwischen Seynen steckenden Knochen, wie die meisten wilden Thiere u. die aus dem Mäusegeschlecht. Die Form der wahren S-e ist bei Thieren sehr mannigfaltig; bei Fledermäusen sind sie von auffallender Länge, die S-e des Maulwurfs sind von fast cubischer Form. Sie fehlen dagegen gänzlich den hochbeinigen Säugethieren mit keilförmiger Brust, auch den Cetaceen. Vögel haben überaus robuste S-e, welche nebst säbelförmigen Schulterblättern zur Verbindung der Flügel mit dem Rumpfe beitragen. Bei Schildkröten haben die S-e die Gestalt eines Winkelhakens, wo außen an der Ecke das Oberarmbein eingelenkt ist; bei Froschthieren finden sich zwei Paar schlüsselbeinartige Knochen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.