Weib [1]

Weib [1]

Weib, 1) eine erwachsene Person weiblichen Geschlechts. Das W. im Allgemeinen, als Individuum weiblichen Geschlechts, betrachtet u. ohne die auf die Geschlechtsfunctionen ausschließlich sich beziehenden Organe (s.u. Genitalien B) bes. zu berücksichtigen, unterscheidet sich durch mehre charakteristische Eigenthümlichkeiten von dem Manne Die Knochen des W-es sind im Allgemeinen zarter, glatter, die Vorsprünge, Leisten, Spitzen, Ecken, welche bei dem Manne durch die Wirkung der ihnen angehefteten stärkern Muskeln hervorspringender werden, sind hier weniger ausgebreitet, bes. ist die knöcherne Umgebung der Brusthöhle enger u. kürzer, nach oben schmäler, die Rippen, das Schlüsselbein weniger gebogen, die andern Rippen u. das Brustbein kürzer, weshalb der Unterleib im Verhältniß zur Brust einen merklich größern Raum einnimmt, als beim männlichen Geschlecht. Das Becken ist breiter, in seinen Aperturen weiter u. geräumiger, die Hüftknochen horizontaler gestellt, das Kreuzbein breiter u. flacher, das Steißbein mehr beweglich, der Schambogen runder u. weiter, die Schamfuge niedriger aber breiter, als beim Manne. Die Pfannen der Schenkelgelenke stehen weiter auseinander, der Hals des Schenkelknochens macht mit letzterem einen weniger stumpfen, mehr dem rechten sich nähernden Winkel, weshalb die Oberschenkel nach den Knien hin mehr convergiren. Zu Folge der ursprünglich verschiedenen Bildung der Brust u. des Unterleibs, tritt auch die arterielle Seite des Gefäßsystems u. die der willkürlichen Bewegung gewidmete Organenreihe bei dem W. mehr in den Hintergrund. Die Muskeln sind schwächer, schlaffer, die Oberfläche des Körpers mehr mit Fett gepolstert, wodurch die allgemeinen Umrisse desselben gerundeter werden. Bezüglich der mit der Respiration in engster Verbindung stehenden Stimmorgane ist der Kehlkopf kleiner, höher gelegen, weniger hervorstehend u. die Stimme seiner, höher; Die Haut ist glätter, zarter, weniger behaart, wes halb auch der Bart fehlt, der Körper im Allgemeinen kleiner u. zarter als bei dem Manne. Bei dem W-e waltet in der Regel die vegetative u. sensible Sphäre des Organismus vor, daher ist dasselbe empfindlicher gegen krankmachende äußere Einflüsse, es erkrankt leichter als der Mann, übersteht aber eine große Zahl bedeutender Krankheiten, wegen der größern Nachgiebigkeit u. Fügsamkeit der Organe,[14] leichter als dieser. In psychischer Beziehung überwiegt bei dem W-e die Gefühlsseite. Während die Handlungsweise des Mannes durch Grundsätze, welche aus Überlegung u. Vernunftschlüssen hervorgehen, bestimmt wird, folgt das W. im Leben mehr ihren Gefühlen u. einem instinctmäßigen Empfinden des Schicklichen u. Schönen, welches nebst einem sehr oft hervortretenden Scharfsinn u. schnelleren Überblick der Verhältnisse dasselbe richtig leitet; während der Mann vermöge seiner höhern Geistes- u. Körperkraft den Kreis seines Wirkens über die Grenzen seines Hauses u. seiner Familie hinaus zu erweitern strebt u. nur als nützliches Glied der Staatsgesellschaft einen größern od. geringern Werth sich erringt, ist das W. auf ihr Haus angewiesen, kann in diesem Kreise als Hausfrau u. Mutter das Bild ihres ganzen Geschlechts repräsentiren, das höchste Ziel erreichen, welches die Natur dem ganzen Geschlechte vorgesteckt hat, u. findet im Besondern u. im engern Kreise sein Glück, seine Bestimmung; s. Ehe C) u. Tochter 1).

Die Lage des W-es bei den verschiedenen Völkern u. in verschiedenen Zeiten hängt von dem Nationalcharakter u. der Culturstufe der einzelnen Völker in religiöser u. socialer Hinsicht ab. Bei den meisten rohen Völkern der alten u. neuen Welt waren u. sind die W-er nur Sklavinnen u. Mittel für die Befriedigung des Mannes, daher in völliger Abhängigkeit vom Manne u. in tiefster Erniedrigung. Selbst bei den Culturvölkern Asiens erscheint das W. in einem eigenthümlichen Lichte, da dasselbe, übrigens als mit dem Manne gleiches Wesens angenommen, z.B. in dem Parsismus u. in der Mosaischen Schöpfungsgeschichte, dort zuerst durch Ahriman u. hier durch die Schlange zur Sünde verführt wurde u. so den Fall des Menschengeschlechts begann u. durch die Verführung des Mannes vollendete, u. in den Gesetzen der Hindu als Hauptträgerin der Untugenden dargestellt wird, namentlich werden ihm folgende sechs Hauptuntugenden beigelegt: eine unordentliche Begierde nach kostbaren Kleidern, nach Schmuck, nach Leckereien; ein unmäßiger Hang zu sinnlichen Vergnügen; eine unnatürliche Reizbarkeit bei Beleidigungen; eine tiefe u. versteckte Rachbegierde; eine Sucht alles Gute an Andern in Schlimmes zu verkehren; eine Neigung zu allen lasterhaften Handlungen – eine Darstellung, wie sie sich auf Erfahrung u. psychologische Beobachtungen gründet u. wie sie bei orientalischen Völkern noch in Richtigkeit besteht, wo die Vielweiberei u. das Haremswesen das W. entwürdigt, denn nur die monogamische Ehe ist die wesentliche Bedingung für eine würdige Stellung des W-es. Daher schon bei den Hebräern, wo die Monogamie mehr u. mehr durchdrang, das W. nicht in so beschränkter u. entwürdigender Abhängigkeit u. Knechtschaft, wie in dem übrigen Orient, gehalten wurde. Die W-er bewohnten zwar bei den Hebräern im patriarchalischen Zeitalter eigene Zelte od. eine besondere Abtheilung des Zeltes, sie nahmen aber an allen häuslichen Beschäftigungen, selbst unverschleiert, Theil, spannen, webten, verfertigten Kleider u. Gürtel, holten Wasser, buken Brod etc. u. waren selbst den Fremden sichtbar. Später, beim Leben in größern Gesellschaften, deren Glieder nicht alle zu einer Verwandtschaft gehörten, änderte sich das Verhältniß der W-er. Die vornehmern lebten zurückgezogener, sie bewohnten einen eigenen, u. zwar den hintersten Theil des Hauses, gingen zwar mit den Männern zu Gastmählern, wurden aber dort von den Hauswirthinnen besonders gespeist. Ihre Beschäftigungen waren Arbeiten für die Familie u. das Hauswesen; bei Volksfesten betheiligten sie sich durch Spiel, Gesang u. Tanz; auch beim Nationalheiligthum dienten einzelne W-er, wahrscheinlich durch Handarbeiten für heilige Gegenstände. Von ihrer hohen Stellung zeigen Heldinnen, wie Debora, Prophetinnen, wie Hulda, u.a. Übrigens ehrte die W-er Kinderreichthum; Kinderlose glaubten von Gott gestraft zu sein. Bei den Ägyptiern verrichteten die W-er der mittleren u. niederen Stände mehr Geschäfte außer dem Hause, besorgten Kauf u. Verkauf, trieben den Ackerbau u. dgl., während die Männer daheim spannen, webten etc. In Griechenland war schon in den ältesten Zeiten die Stellung der Frau eine würdige, denn Alles weist darauf hin, daß, wenngleich es dem Manne nicht zum Vorwurf gereichte es mit Kebsen zu halten, doch Monogamie bestand. Schon in dem Olympischen Götterstaate ist Here die gleichberechtigte Gemahlin des Himmelskönigs Zeus. Obwohl die Frau von dem Manne durch eine Brautgabe an die Eltern erworben wurde, so machte doch dieser Kauf die Frau nicht zur Waare, nicht zur willenlosen Sklavin des Mannes (eigentlich gekauft wurden blos Sklavinnen u. Kebsen), sondern sie war eine gefreiete u. stand innerhalb der Familie (die durch das Geschlecht gesetzten Beschränkungen ausgenommen) dem Manne gleich; der edle u. verständige Mann betrachtete die herzliche Zuneigung zur Frau als Pflicht, wie des W-es Pflicht gegen den Mann die Treue war. Die W-er hatten ihre besondere Wohnung (Gynäkeion, Gynäkonitis) gleich hinter dem Männersaal, von wo sie denselben übersehen konnten (s. Wohnhaus); sie theilten mit dem Hausherrn den Tisch, selbst wenn Fremde zugegen waren, u. entfernten sich nur, wenn das Trinkgelag begann; sie nahmen an Opfern Theil, hielten Processionen, verschönerten die Feste durch Tänze, durften sogar in den Versammlungen der Ältesten des Volks erscheinen. Die Gastfreundschaft verlangte, daß sie den Gästen persönliche Dienste erwiesen. Ihre Beschäftigung war Weben, Spinnen u. Wirken, doch nahmen sie u. die Töchter aushülfsweise an häuslichen Geschäften, als Mahlen, Backen, Kochen, Waschen u. dgl. Theil; namentlich bereitete die Frau dem Hausherrn das Bett. Später erhielten die W-er bes. in Athen viel Freiheit u. nahmen auch Theil an Bildung in Wissenschaft u. Kunst. Die Aufseher über die Töchter des Hauses hatten nicht blos das Amt deren Keuschheit zu bewachen, sondern ihren Verstand u. ihr Herz zu bilden, auch konnten sie von andern Lehrern in der Dichtkunst, Philosophie, Malerei etc. unterrichtet werden, woher es mit kam, daß Griechenland so viele schöngeistige u. gelehrte W-er hatte. So wie aber in Athen die W-er die meiste Freiheit genossen, riß auch unter ihnen gegen die Zeit des Peloponnesischen Kriegs großes Sittenverderben ein (s. Hetären), welches sie zu den gewagtesten Schritten selbst in den politischen Verhältnissen verleitete. Da sich seit Alexander dem Großen die Bürger immer mehr von der Sorge um die Staatsangelegenheiten zurückzogen u. sich ihrem Hauswesen mehr zuwendeten, bekamen die W-er mehr Einfluß; auch spielten die W-er an den Höfen der nach Alexander dem Großen entstandenen Dynastien, wo sich orientalisches Wesen einmischte, eine Hauptrolle in Intriguen u. gaben durch Eitelkeit,[15] Prunksucht, Untreue den Frauen in Privatfamilien ein böses Beispiel. Von allen übrigen Griechinnen unterschieden sich, bes. seit der Verfassung Lykurgs, die Spartanerinnen; gleich den Jünglingen übten sich die Mädchen im Laufen, Steigen, Wurfspieß- u. Diskoswerfen, tanzten bei Feierlichkeiten, gingen auf die Jagd etc. Dieser Erziehung mag es zuzuschreiben sein, daß die spartanischen W-er für rauh, stolz u. anmaßend galten, obgleich dadurch auch zugleich ihr Hang zu unregelmäßigen Begierden geschwächt wurde u. das frühzeitig eingeflößte Ehrgefühl sie über die Sinnlichkeit erhob; später riß aber auch unter ihnen Sittenlosigkeit ein. Unter allen Griechen wurde den W-ern die meiste Achtung von den Pythagoreern erwiesen; diese wendeten die größte Sorgfalt auf deren geistige Bildung u. die ersten Philosophinnen gingen aus ihrem Umgang u. aus ihren Schulen hervor. Die Römerin charakterisirte Ernst, Gemessenheit u. sittliche Strenge; obgleich als Ehefrau unter der Gewalt des Mannes stehend übte die Frau doch in der Familie auf die Kinder u. das Hauswesen einen um so größern Einfluß, als die Männer sich meist dem Staatsleben widmeten. Zur Erinnerung an Thaten einzelner W-er, wie die Vermittelung zwischen Sabinern u. Römern, der Muth u. Hochsinn der Clölia (s.d.), die Errettung Roms durch Veturia (s.d.) etc. wurden mehre die W-er ehrende Anordnungen vom Senat getroffen; einzelne erhielten öffentliche Ehrendenkmäler. Noch im 2. Jahrh. v. Chr. gab es Frauen, wie Cornelia (s.d. 2), welche ihre hoffnungsvollen Söhne ihren größten Schmuck nannten. Daneben fehlte es freilich auch nicht an einzelnen Beispielen, daß W-er sich an Verbrechen betheiligten, wie eine andere Cornelia u. Sergia (s.d.) 331 v. Chr. zahlreicher Giftmorde sich schuldig machten. Geistreiche u. poetisch-regsame Frauen gab es unter den Römerinnen nicht. Die nach Carthagos u. Korinths Zerstörung einreißende Ausländerei, verbunden mit Eitelkeit u. Prunksucht, noch mehr das gegen das Ende der Republik hin beginnende gänzliche Sittenverderben brachte die römischen W-er um ihre Würde u. mit dem Verfall des politischen Lebens ging der des Familienlebens gleichen Schritt; in der Kaiserzeit vollendete Wollust u. Intriguensucht ihre Entsittlichung. Verschwörungen, Mordthaten, blutige Entwürfe gegen das Vaterland wurden oft von W-ern geleitet, vgl. Livia, Julia, Agrippina, Poppäa, Messalina, Faustina etc. In großer Achtung standen die W-er bei den Galliern, sie versöhnten oft Heere u. schlichteten Privatstreitigkeiten; dabei aber hatte der Mann volle Gewalt über die Frau. Wenn bei dem Tode Vornehmer ein Verdacht auf die Wittwe fiel, so konnte sie peinlich befragt u. im Fall, daß sie als schuldig an des Mannes Tode befunden wurde, in das Feuer geworfen werden. Nach Strabo waren die Geschäfte der W-er u. Männer anders als bei andern Völkern vertheilt. Bei den Germanen wohnten die Frauen mit Männern zusammen; ihr Grundcharakter war Züchtigkeit, Keuschheil u. Treue. Im Hause lag den Frauen die Leitung der ganzen Wirthschaft ob; sie vertheilten die Arbeiten unter Knechte u. Mägde u. sorgten mit denselben für den Tisch u. die Kleidung der Männer. Im Krieg begleiteten sie mit ihren Kindern die Männer, trieben auf der Wagenburg stehend die Kämpfer zur Tapferkeit an, warteten die Verwundeten, erfrischten die Streiter u. fochten selbst an ihrer Seite mit; Wehklagen u. Vorwürfe der, die fremde Sklaverei fürchtenden W-er trieben oft die schon Weichenden zu neuem Widerstand an; waren die Männer geworfen, so ließen die W-er den Sieger den Sieg noch theuer erkaufen, u. wenn alle Hoffnung auf Rettung verloren war, so ermordeten sie sich häufig selbst, nachdem sie ihre Kinder erwürgt hatten, um nicht in der Sklaverei Fremder entwürdigt zu werden. Aber der deutsche Mann achtete auch dafür sein W. hoch; nur selten hatte er zwei od. mehre, u. zwar war dies nur der Fall bei Fürsten, welche es der Verbindung mit andern mächtigen Stämmen wegen thaten. Eine vorzügliche Achtung gegen die W-er ergibt sich daraus, daß das Wehrgeld für eine Frau verhältnißmäßig sehr hoch war, bei den Alemannen wurde das Doppelte als für einen Mann gezahlt. Sie nahmen an allen öffentlichen Ergötzlichkeiten Theil, wurden bei den wichtigsten öffentlichen Angelegenheiten zu Rathe gezogen u. standen überhaupt in dem Rufe die Zukunft voraussehen zu können, z.B. Velleda. Vgl. Deutschland S. 5 f. u. Skandinavien S. 157.

Erst das Christenthum erhob das W. zur gleichen, vollen Menschenwürde mit dem Manne, jedoch ohne allen Emancipationismus; es stellte das Gebot auf für die Männer ihre W-er zu lieben u. als das schwächere Geschlecht zu schonen; für die W-er ihren Männern unterthan zu sein als ihren Häuptern u. einen stillen, sanften, keuschen Wandel zu führen. Nur in der Gemeinde sollten sie nicht öffentlich auftreten. Fromme Frauen waren schon Anhängerinnen Jesu u. der Apostel, wie Maria u. Martha, Tabea u. Lydia, Damaris u. Priscilla. Das Christenthum hat auch in Maria, der Mutter Jesu, das weibliche Ideal, insofern in ihm die Mütterlichkeit sich spiegelt, für Kunst u. Poesie aufgegestellt. Der Germanismus hat dann auch im Bunde mit dem Christenthum u. mit den bessern Resten des Romanismus u. des spanischen Maurenthums jenen Charakterzug des Mittelalters gebildet, welcher sich durch Würdigung der Frauen auszeichnet, weshalb das Mittelalter die Blüthezeit der Frauen war. Sie zu schützen war ein nicht geringer Theil der durch Eid erhärteten Ritterpflicht, u. Beleidigung gegen Frauen zog Unehre u. Verlust der ritterlichen Vorzüge nach sich. Bei den großartigen Schauspielen männlicher Tapferkeit erregten sie Tapferkeit u. belohnten die Sieger, u. bei der Ritterweihe überreichten sie oft dem jungen Ritter Sporen u. Handschuhe. Ihnen zur Huldigung wurden die Minnelieder (s.d.) von Sängern u. Rittern gesungen. Und wie in Deutschland, so achtete u. ehrte man die Frauen hoch, wo das Christenthum u. Ritterthum blühte, wie in Spanien, Italien, Frankreich, England; in Frankreich, wo das Ritterthum ein fast durchgängig galantes Wesen befaßte, zeugen davon die Minnehöfe u. die Provenzalische Poesie. Als in der neuern Zeit, namentlich seit dem 15. Jahrh., der Rittergeist erlosch, so trat an die Stelle dessen als die Frauenachtung erhaltenden Elementes, mit dem Wiederaufblühen der Wissenschaften die besondere Liebe zur Platonischen Philosophie, welche der Liebe u. Schönheit eine tiefere Bedeutung gab u. dadurch auch den Frauen eine hohe Achtung zu sichern schien. Aber Frankreich schritt hier hindernd ein: als dort der Geist des Ritterthums geschwunden war u. man den Schein wenigstens zu erhalten wünschte, so trat an die Stelle der Chevalerie die Galanterie, welche, weil sie dem Herzen Regeln zu scheinen gab,[16] das Äußere zu sehr auf Kosten der Wahrheit unterstützte. Es bildeten sich damals auch literarische Gesellschaften, an deren Spitze geistreiche Frauen standen. Aber der Charakter. der französischen Frauen hatte wenig Haltung in dieser Höhe; der Galanterie der Männer gegenüber bildete sich Coketterie mit körperlichen u. geistigen Gaben u. Vorzügen, welche auch in die Nachbarländer übergetragen wurde. Frankreich wurde das Vaterland des Mätressenwesens an Fürstenhöfen, welches sich im 17. Jahrh. auch theilweis über Deutschland verbreitete. Während das W. so seine Würde, welche das Christenthum ihm gebracht hatte, auf der einen Seite wieder preisgab, gewann es auf der andern Seite durch Werke christlicher Barmherzigkeit, wie Kranken- u. Armenpflege, Volksunterricht u. Besserung der Gefallenen ihres Geschlechts, hohen Ruf, so die Barmherzigen Schwestern (s.d.), mehre Damenorden (s. Damen, Vorsehungsorden) etc. Die deutschen Frauen erreichten die Französinnen weder in ihren geistigen Coketterien, noch in Intriguen u. sittlicher Verdorbenheit, sie erhielten sich dagegen Reinheit u. Sittlichkeit, tiefe Gemüthlichkeit u. Treue in dem ihnen angewiesenen Kreise. Das Elend, welches vor, während u. nach dem Freiheitskriege in mannigfaltiger Gestalt auftrat, gab Veranlassung zu der Bildung der Frauenvereine (s.d.), deren Mitglieder verwundete Krieger persönlich pflegten u. erquickten, nach dem Frieden sich die Erziehung verwahrloster u. verwaister Kinder, die Unterhaltung alter u. arbeitsunfähiger Frauen angelegen sein ließen. Solche Vereine findet man überall in Deutschland, u. oft stehen an der Spitze derselben erlauchte u. hohe Frauen; vgl. auch Diakonissinnen 3). Für die geistige Bildung des W-es wird nirgends mehr gethan, als in Deutschlands Schulen, Instituten u. Stiftern; Karl Fröbel unternahm sogar 1849 in Hamburg eine Hochschule für Damen zur Fortbildung von Mädchen von 16–20 Jahren zu gründen. doch ging dieselbe wegen unpraktischer Ausführung bereits 1851 wieder ein. Haben die deutschen Frauen auch nicht, wie in Frankreich, Einfluß auf den Stand u. den Gang der Literatur gehabt, so haben sich doch einzelne einen ehrenwerthen Platz in unserer neueren Literatur erworben. Nächst. den deutschen Frauen zeichnen sich in Sittigkeit die Engländerinnen aus, dabei haben die der höheren Stände eine ausgezeichnete, feinere u. bessere Bildung auch in Hinsicht auf Literatur u. Kunst; sie betheiligen sich selbst vielfach an der Schriftstellerei, vergessen darüber aber nicht selten ihre Bestimmung für die Familie (solche gelehrte W-er werden in England mit dem Spottnamen Blaustrümpfe [s.d. 2] genannt). Ungeachtet die Stellung der Frauen in Europa die würdigste ist, so konnten doch dadurch die Schwächen des Geschlechts nicht verschwinden; die natürliche Bestimmung des W-es hatte natürliche Beschränkungen ihrer Selbständigkeit zur Folge, was wieder auf die Gesetzgebung u. die Erziehung des weiblichen Geschlechts zurückwirkte. Um auch in dieser Beziehung das W. dem Manne gleich zu stellen, wurde bes. im 18. Jahrh. die Frage aufgeworfen, ob dies nicht durch einen andern Gang der Erziehung u. durch Theilnahme an öffentlichen Angelegenheiten seitens der W-er ermöglicht werden könnte. Bes. in England sprach sich dafür Mary Wollstonecraft aus, u. aus dieser idealen Ansicht von der Stellung der W-er ging dann im 19. Jahrh. in Frankreich durch die Bestrebungen der St. Simonisten u. der Dudevant das Zerrbild der Emancipation der W-er hervor, welches auch in Deutschland u. Nordamerika einzelne Nachbildungen fand, s. Emancipation 3).

In Italien, wo die weibliche Bildung mehr von der Phantasie ausgeht u. das Klima auch noch verführerisch auf die Sinnlichkeit wirkt, ist dem W. die Liebe ernsthaftes Bedürfniß, sie liebt weder aus Laune, noch zum Zeitvertreib, sondern mit tiefem Gefühl. Die Sitte des Cicisbeats (s. Cicisbeo) ist im nördlichen Italien da, wo sie national war, durch den Einfluß der französischen Herrschaft fast ganz verschwunden, so wie der Cavaliere servente nur an wenigen Orten noch eine Rolle spielt. Der Glanzpunkt der italienischen Weiblichkeit, d.h. in diesem Lande der Schönheit u. Liebenswürdigkeit, ist Rom, Sicilien, Toscana, Florenz, Siena, auch Venedig; während die Frauen an den Alpen beleibter, gedrängter u. weniger anmuthig werden. Das spanische W. trägt die Kennzeichen der orientalischen Abstammung noch sehr deutlich an sich; schön an ihnen ist bes. das schwarze Auge, die Gewandtheit u. Anmuth in ihren Bewegungen, Zartheit u. Ausdruck in der Haltung; die in Andalusien u. Malaga sind die schönsten. Da sie schnell körperlich reisen, werden sie schon im 13. u. 14. Jahre verheirathet u. verblühen dann früh. Dagegen haben sich die orientalischen Gebräuche im Hauswesen sehr verwischt, bes. in den Städten, wo französisches Wesen eingedrungen ist; auch schwindet die Eifersucht immer mehr, welche früher die Frauen in die Häuser einschloß u. ängstlich bewachte, u. den W-ern wird jede anständige Freiheit erlaubt. Die Erziehung der spanischen W-er ist unbedeutend; Lesen, Musik u. Nähen lernen sie in den Collegios de señoritas, Kochen u. Tanzen können sie, nach dem Sprüchwort, ehe sie auf die Welt kommen. Hervorstehende Züge der spanischen W-er sind Liebe zur Bequemlichkeit (außer den in Biscaya u. Alt-Castilien, wo sie sich den schwersten Arbeiten, dem Schleichhandel etc. unterziehen), Edelmuth, Offenheit, Lebhaftigkeit. In der Liebe ist die Spanierin leidenschaftlich u. fordert ganz Ergebung; Untreue vergilt sie mit Haß u. Rache. Ihr Cortejo ist mit festen Banden an sie gefesselt. Aber bei scheinbarer Freiheit u. Ungezwungenheit ist die Spanierin doch nicht sittenlos u. scheint mehr zu versprechen, als sie gewährt. Die portugiesischen W-er gleichen den spanischen nicht; Mangel an Bewegung u. häufiger Aufenthalt in den Klöstern gibt ihren Gesichtern eine Blässe, welche später ins Olivengelbe übergeht; jenem Mangel an freier Bewegung ist auch die Ungrazie im Gang zuzuschreiben u. Wohlbeleibtheit gilt hier für Schönheit. Eingeschlossen von den eifersüchtigen Männern, werden sie öffentlich nur auf Promenaden gesehen. Bei dieser Abgeschlossenheit sind sie zu Liebeshändeln sehr geneigt. In Schweden sind die Frauen nach germanischer Weise für das Haus mehr als der Mann, u. dem Manne mehr als alles Andere. Ihr Äußeres empfiehlt sich durch blondes Haar, meist blaue Augen, eine nicht uninteressante Blässe, durch einen wohlgefälligen Bau, freie Haltung u. gemessene Bewegung u. selbst in den Städten, wo französische Sitte in Putz u. Kleiderwechsel hingedrungen ist, ist häuslicher Sinn ein unverlöschlicher Erbe germanischer Weiblichkeit geblieben; selbst vornehme Frauen haben ein Zimmer im [17] Haus, wo ihr Webstuhl steht. Für geistige Bildung wird in neuerer Zeit mehr gethan als früher, u. Schweden hat auch seine Schriftstellerinnen. Die russischen Frauen stehen im Auslande in keinem hohen Ruf u. im Lande in keiner hohen Achtung; es fehlt ihnen Sinn für Stille, Einfachheit, Thätigkeit u. Wirthschaftlichkeit. Wo sich Glanzpunkte für die russische Frauenwelt herausstellen, da sind gewöhnlich die Kaiserinnen von deutscher Geburt mit anregendem Beispiel vorangegangen, wie der Frauenverein in Petersburg, welcher sich unter der Kaiserin Alexandra, Gemahlin des Kaisers Nikolas, gebildet hat u. welchem mehre Waisenschulen ihr Entstehen danken. In den untern Ständen tritt der slawische Charakter deutlich hervor; die W-er spielen eine ganz untergeordnete Rolle. Den natürlichen Teint verderben die Russinnen durch häufigen Gebrauch der Schminke u. der Mißbrauch der Dampfbäder macht ihre Reize früh welk u. schlaff. In den männlichen, kräftigen Formen wohnt viel sinnliche Liebe u. glühende Leidenschaft. Die Polinnen, mit weißer, lebhafter Farbe u. braunem Haar sind feurig, gelehrig u. geistreich, ohne tiefe Bildung, aber von treuer Anhänglichkeit an ihre Gatten u. von Vaterlandsliebe bis zur Aufopferung; davon haben sie Proben in den verschiedenen Versuchen des polnischen Volks seine Selbständigkeit wieder zu erkämpfen abgelegt; sie betheiligten sich an den Conspirationen, unterstützten mit Rath u. That die Krieger zum Kampfe, ja das Schwert ergriffen sogar einige, u. wenn die Hoffnung auf Freiheit u. Vergebung sank, theilten sie das Exil mit ihren Männern. Über den Zustand der W-er in den andern Erdtheilen ist unter den geographischen u. ethnographischen Artikeln nachzusehen. Vgl. Meiners, Geschichte des weiblichen Geschlechts, Hannov. 1799 f., 4 Bde.; I. I. Virey u. Fournier, Das W. im gesunden u. kranken Zustande, deutsch von I. K. Renard u. F. I. Wittmann, Lpz. 1821, u. Virey, Das W., physiologisch, moralisch u. literarisch dargestellt, deutsch von K. L. Hermann, ebd. 1827; G. Klemm, Die Frauen (kulturgeschichtliche Schilderungen des Zustandes u. Einflusses der Frauen in den verschiedenen Zonen u. Zeitaltern), Dresd. 1858, 5 Bde.; Jacobs, Über die homerischen Frauen, im 4. Bde. der Vermischten Schriften, S. 234 ff.; Grandsard, De mulierculis homericis, Strasb. 1659; Labrulaye, Recherches sur la condition civile et politique des femmes depuis les Romains jusqu'à nos jours, Par. 1843; Wainwright, Women of the bible, New York 1846; H. Merz, Christliche Frauenbilder, 3. A. Stuttg. 1861, 2 Bde.; Weinhold, Die deutschen Frauen im Mittelalter, Wien 1851; K. Ramshorn, Die Geschichte der merkwürdigen deutschen Frauen, Lpz. 1842 f., 2 Bde.; Alex. Graf Ungern-Sternberg, Berühmte deutsche Frauen, 1848, 2 Bde.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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