Kehlkopf

Kehlkopf

Kehlkopf (Larynx), der größtentheils knorpelige, bewegliche, bes. zum Stimmorgan ausgebildete Körpertheil, durch welchen die Luft zur Luftröhre, an die er unterwärts so angefügt ist, daß man ibn selbst als einen Theil von ihr betrachten kann, gelangt u. von ihr wieder zurückgelangt. Er gleicht im Allgemeinen einer abgestumpften, dreiseitigen, hohlen Pyramide, deren Basis aufwärts gerichtet ist, nimmt an der Vorderseite des Halses die Mitte ein, hat das Zungenbein über sich, den Schlundkopf u. den Anfang der Speiseröhre hinterwärts zu seiner Begrenzung. Vorwärts nur mit Haut bedeckt, ist er nicht nur am Halse leicht zu fühlen, sondern bildet auch mit seinem Obertheil, bes. beim männlichen Geschlecht, eine dem Auge bemerkbare Hervorragung (Adamsapfel). Zu seiner Bildung vereinen sich 3 unpaare u. 6 gepaarte Knorpel, 17 Bänder, 15 Muskeln u. eine Schleimhaut, die als Fortsetzung der Nasen- u. Mundschleimhaut seine innere Fläche überzieht; auch verbreiten verhältnißmäßig ansehnliche Gefäße u. Nerven sich in ihn. A) Die eigenen Kehlkopfsknorpel sind: a) der Schildknorpel (Cartilago thyreoidea), der größte, einem Schilde ähnlich, aus zwei fast viereckigen, vorwärts in einen spitzen Winkel zusammentretenden Stücken zusammengesetzt. An ihm werden vier länglichrunde Knorpelfortsätze, als Hörner (Cornua) unterschieden, zwei obere, wo sich beide ansetzen, u. zwei untere, mittelst welchen der Schildknorpel mit dem Ringknorpel articulirt; b) der Ringknorpel (Cartilago cricoidea). vorn unter dem Schildknorpel u. hinten in der Öffnung liegend, welche beide Seiten dieses Knorpels zwischen ihrer inneren Fläche lassen Man unterscheidet an ihm einen vorderen bogigen Theil, der von vorn nach hinten zu breiter wird, u. einen hinteren glatten[411] Theil, mit dem der Knorpel ringförmig sich schließt; c) Gießkannenförmige Knorpel (Cartilagines arytaenoidei), zwei der Tülle eines Gießbeckens ähnliche kleine Knorpel, dem Ringknorpel gelenkartig eingefügt u. zwischen sich die Stimmritze bildend; d) Santorinische Körperchen (Corpora Santoriana), zwei kleine, rundliche, am stumpfen Ende der gießkannenförmigen Knorpel beweglich eingelenkte u. durch kleine Kapselbänder damit verbundene Knorpel, die nebst den e) Wrisbergischen Körperchen (Corpora Wrisbergiana), zwei zwischen den Gießkannenknorpeln u. dem Kehldeckel, in den von der Schleimhaut gebildeten Gießkannen-Kehldeckelbändern liegenden, länglich keilförmigen Knorpeln, wesentlich zur Bildung der Stimmritze (Glottis) beitragen, welches die oberhalb der Luftröhre zwischen den beiden gießkannenförmigen Knorpeln gelassene, schmale, längliche Öffnung ist, durch welche beim Athmen u. Sprechen die Luft zu- u. von der Luftröhre hindurchgeht u. welche durch ihr verstattete Erweiterung od. Verengerung viel zur Abänderung der Stimmen beiträgt. Zu deren besonderem Schutz gereicht noch f) der Kehldeckel (Epiglottis), ein platter, aufwärts convexer, abwärts concaver Knorpel, zwischen der Zungenwurzel u. dem Eingang in den Kehlkopf. Mit seinem dicken Theil (Wurzel) ist er am Schildknorpel befestigt, mit seinen Rändern u. seiner abgerundeten Spitze liegt er frei. Diese ist schräg aufwärts u. rückwärts gerichtet u. läßt die Luft- u. Speisewege offen. Beim Niederschlucken aber legt sich durch eine einfache mechanische Wirkung derselbe über die Stimmritze, u. die Speisen u. Getränke gelangen gleichsam brückenartig über ihn in die Speiseröhre. B) Kehlkopfbänder: a) gemeinschaftliche, die, als ein mittleres u. zwei seitliche, zur Verbindung des Schildknorpels mit dem Zungenbein (Ligamentum thyreo-hyoideum medium, Ligamenta thyreo-hyoidea lateralia), u. eines zu der des Ringknorpels u. des ersten Ringes der Luftröhre (Ligamentum crico-tracheale) dienen; b) eigene, zur Verbindung der einzelnen Knorpel des K-es unter sich. Hierher gehören: die Ringschildknorpelbänder (Ligamenta crico-thyreoidea), Verbindungsbänder der beiden gedachten Knorpel des K-s, von denen man zwei seitliche u. ein mittleres unterscheidet; die Ring- u. Gießkannenknorpelbänder (Ligamenta crico-arytaenoidea), kleine, die gedachten Knorpel des K-s in ihren Gelenkflächen befestigende Bänder. Die Kapselbänder, welche die Santorinischen u. Gießkannenknorpel verbinden; das Schild-n. Kehldeckelband (Ligamentum thyreo-epiglotticum). festes Band, welches, der Wurzel des Kehldeckels zur Seite liegend, diesen an den Schildknorpel befestigt; Schildgießkannenknorpelbänder (Ligamenta thyreo-arytaenoidea), zwei Paar längliche Bänder, die vom Schildknorpel zu den gießkannenförmigen Knorpeln gehen, namentlich als obere, auch Taschenbänder (L. ventriculorum laryngis), auswärts liegende, schlaffere, undeutlichere; u. als untere, auch Stimmritzenbänder (Ferreinsche Saiten, indem Ferrein die Stimmritzen mit gespannten Saiten verglich, L. glottidis). tiefere, stärkere, gespanntere, vorzugsweise bei Männern entwickelte; vgl. Stimme. C) Kehlkopfmuskeln, theils gemeinschaftliche: der Brustbeinschildknorpelmuskel u. der Zungenbeinschildknorpelmuskel, theils eigene zwischen den einzelnen Knorpeln des K-s selbst. Solche sind: a) Ringschildmuskel (Musculus crico-thyreoideus), kleiner Muskel des K-s, der sich an den Ring- u. Schildknorpel ansetzt u. zu der Erschlaffung der Stimmritze dient; die Ringgießkannenmuskeln (Musculi cricoarytaenoidei), kleine, zur Bewegung dieser Theile dienende Muskeln, von denen man auf jeder Seite einen hinteren, paarig an der hinteren Kehlkopfwand, von der Platte des Ringknorpels zu dem Knöpfchen des Gießkannenknorpels, u. einen seitlichen, paarig vom seitlichen oberen Rande des Ringknorpels zur äußeren Fläche der Basis des Gießkannenknorpels, unterscheidet; durch beide wird die Stimmritze erweitert; Schildgießkannenmuskel (Musculi thyreo-arytaenoidei), auf jeder Seite ein größerer u. zuweilen ein kleinerer gehen von der hinteren Fläche des Schildknorpels aus zur unteren u. äußeren Fläche der gießkannenförmigen Knorpel; dienen zur Erweiterung der Stimmritze; Gießkannenknorpelmuskeln (Musculi arytaenoidei), die an die gedachten Knorpel befestigten, durch ihre Wirkung dieselben einander nähernden u. daher eine Verengerung od. auch Verschließung der Stimmritze bewirkenden kleinen Muskeln; man unterscheidet zwei schiefe, sich einander kreuzende, u. einen Quermuskel; die Schildkehldeckmuskeln (Musculi thyreo-epiglottici), zwei kurze Muskeln, ein größerer u. ein kleinerer, welche inwendig u. vorwärts vom Schildknorpel aus zum Seitenrande des Kehldeckels gehen u., wenn sie wirken, diesen niederdrücken. Bis zu den Jahren der Mannbarkeit bleibt der K. beim männlichen Geschlecht auffallend im Wachsthum zurück; von da an aber nimmt er rasch zu; bes. wird die Stimmritze in Einem Jahre um das Doppelte an Länge u. Weite größer; gleichzeitig ist der Übergang der Knabenstimme vom Discant in den Alt u. Tenor; bei Castraten aber bleibt der K., wie beim weiblichen Geschlecht, weit kleiner. In höherem Alter verknöchern oft die größeren Kehlkopfknorpel, seltener die gießkannenförmigen, nie aber der Kehldeckel; zugleich verlieren die Bänder ihre Geschmeidigkeit, die Muskeln ihre Kraft, die Schleimhaut wird dichter; alles dies hat merklichen Einfluß auf die Stimme. Der K. wird nicht allein beim Schlucken, sondern auch beim Singen hoher Töne bedeutend in die Höhe gezogen; doch geschieht dies mehr durch Muskeln, welche das Zungenbein heben, wo dann der K. mechanisch folgt, als durch die Muskeln des K-s selbst. Nur bei den Thieren, welche Lungen besitzen, bei Schlangen, Eidechsen u. Schildkröten ist der K. sehr unvollkommen; alle diese Thiere machen sich auch nur durch Zischen, nicht durch eine eigentliche Stimme vernehmlich; bei Fröschen u. Salamandern schon mehr ausgebildet, doch fehlt der Kehldeckel; mehrere Frösche u. Eidechsen haben in der Mundhöhle eigene Kehlsäcke, welche sie zu Zeiten aufblasen, u. welche dann etwas zur Modulation beitragen mögen. Vögel haben einen oberen u. einen unteren K.; letzter, ihr eigentliches Stimmorgan, liegt in der Nähe der Theilung der Luftröhre u. besteht in einem starken Ringe, in welchem zwei Knochenfortsätze so in der Mine befestigt sind, daß sie für jeden der beiden Luftröhrenäste eine Öffnung bilden, deren jede auch eine Stimmritze enthält, welche durch eine Falte der inneren Luftröhrenhaut gebildet wird. Nur die Säugthiere[412] haben einen vollkommenen, auch mit Kehldeckel versehenen K., wie der Mensch, doch mit sehr vielen Formveränderungen, wovon bes. auch die große Verschiedenheit der Thierstimmen abhängt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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