- Selenocyan
Selenocyan, C2NSe2, dem Rhodan analoges Radical, ist nur in Verbindung mit Metallen u. Wasserstoff bekannt. Selenocyankalium, KC2NSe, wird erhalten, wenn man Blutlaugensalz mit Selen schmilzt u. die Masse mit absolutem Alkohol auszieht; man leitet Kohlensäure in die Lösung, um das cyansäure Kali u. Cyankalium zu zerstören destillirt die Blausäure ab u. läßt das Selenocyankalium krystallisiren; es bildet nadelförmige, sehr zerfließliche Krystalle, wird fast durch alle Säuren in Cyanwasserstoffsäure u. Selen zerlegt, reagirt stark alkalisch, bewirkt bei seiner Auflösung in Wasser bedeutende Temperaturerniedrigung; in verschlossenen Gefäßen erhitzt, schmilzt es unter der Rothglühhitze zu einer farblosen Flüssigkeit, welche nach dem Erkalten krystallinisch erstarrt; an der Luft erhitzt, zersetzt es sich schon wenig über 100°. Essigsaures Bleioxyd fällt aus der Lösung gelbes Selenocyanblei; wird dasselbe in Wasser suspendirt u. durch die erwärmte Lösung Schwefelwasserstoffgas geleitet, so entsteht eine Lösung von Selenocyanwasserstoffsäure, HC2NSe2, sie läßt sich nicht ohne Zersetzung concentriren, selbst nicht im Vacuum unter Schwefelsäure, ist sehr sauer, zersetzt sich beim Sieden, an der Luft u. bei der Einwirkung fast aller Säuren; sie entwickelt dabei Cyanwasserstoffsäure u. setzt Selen ab; sie löst Eisen u. Zink unter Entwickelung von Wasserstoff auf u. treibt die Kohlensäure aus den kohlensauren Salzen aus; mit Kali, Ammoniak, Baryt, Strontian, Talkerde, Kalk u. Zinkoxyd gibt sie lösliche Salze.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.