Sequenz

Sequenz

Sequenz (v. lat.), 1) (Sequentia), eine Art alte lateinische Kirchenlieder, welche Anfangs, im Gegensatz zu den Hymnen, in Prosa geschrieben waren, daher auch Prosae hießen; sie entstanden dadurch, daß man statt der früher auf der letzten Sylbe des Hallelujah beim Gradualresponsorium textlos gesungenen Tonreihen (Jubili), diesen prosaische Texte unterlegte, von denen je eine Sylbe auf einen Ton jener Jubili kam, u. wurden, gleichsam als eine Art Finale auf das Hallelujah folgend, Sequentiae, auch wegen der veränderten Art der ursprünglichen Weise Tropen genannt. Ihr Erfinder war der St. Gallener Mönch Notker Balbulus im 9. Jahrh.; die Veranlassung dazu die Schwierigkeit die langgedehnten Modulationen über der letzten Sylbe des Hallelujah zu merken, weshalb er die in einem Antiphonarium, welches ein aus Jumièges 841 entwichener normannischer Priester mit nach St. Gallen brachte, unter jenen Modulationen geschriebenen Worte benutzte, um ordentliche Texte dazu zu fertigen, welche den Beifall seines Lehrers Yso u. auch bald die Bestätigung des Papstes erhielten. Die so entstandenen S-en mehrten sich schnell an Zahl u. nach u. nach wurden, bes. seit dem 12. Jahrh., metrische Gesänge daraus, doch mit dem Unterschied von den Hymnen, daß ihre Strophen nicht vier-, sondern drei- od. sechszeilig waren; sie erhielten dann auch eigene Melodien, wurden vom Chor gesungen u. wurden so eine neue Art in die Messe hineingeschobener Chorgesänge. Notker selbst dichtete 35 S-en (darunter Grates nunc omnes reddamus, deutsch: Gelobet seist du Jesu Christ); andere die Gallener Mönche Ratpert u. Tuotilo, der König Robert von Frankreich (Veni sancte spiritus), Adam a St. Victore (z.B. Lux juncunda lux insignis, Salve mater salvatoris), Jacobonus de Benedictis (Stabat mater dolorosa), Thomas von Aquino (Lauda Sion salvatorem, deutsch: Lob o Sion deinen Schöpfer), Thomas von Celano (Dies irae dies illa) etc. Das Buch, in welchem die S-en gesammelt waren, hieß Sequentiale. Die Anzahl dieser Lieder betrug an 350; außer Deutschland fanden sie bes. in Frankreich u. England Anklang u. Dichter. Da allmälig der Volksgesang auf ihre Weisen Einfluß gewann, so singen sie an der Kirche zu mißfallen u. bei der neuen Ausgabe des Breviers 1568 wurden sie bis auf fünf weggelassen; die fünf beibehaltenen sind Victimae paschali für das Osterfest, Veni sancte spiritus für Pfingsten, Lauda Sion salvatorem für das Frohnleichnamsfest, Stabat mater dolorosa zur Verherrlichung der leidenden Mutter Gottes u. Dies irae dies illa für die Todtenmesse. Vgl. Wolf, Über die Lais, S.u. Leiche, Heidelb. 1841. 2) Eine Folge von wenigstens drei Blättern der nämlichen Farbe nach dem Range, welchen ihnen das Spiel gibt; 3) eine Anzahl Karten von gleicher Farbe in ununterbrochener Reihenfolge im Piket, s.d.; 4) Spiel mit einer Karte von 32 Blättern, welches von zwei bis neun Personen gespielt werden kann. Wenn die Spieler ihre Plätze, um welche nicht gezogen wird, eingenommen haben u. der Geber bestimmt worden ist, bekommt jeder der Spielenden 3 Karten in 3 Würfen; nach einem jedesmaligen Wurfe wird ein Blatt herumgeschlagen u. auf den Tisch gelegt. Der Erste u. nach ihm jeder der Folgenden legt eine seiner Karten auf den Tisch u. nimmt dafür eine der darauf liegenden in sein Spiel. Wenn einer der Spielenden 3 gleiche Karten zusammen gebracht hat, so sagt er, ich passe od. ich bleibe u. hört auf zu tauschen. Dieser Kartentausch geht fort, bis Alle passen, u. es steht dann dem Letzten frei, aus den auf dem Tische liegenden Karten zu nehmen, was ihm beliebt, worauf sämmtliche Theilnehmer ihr Spiel aufzeigen. Der Spielende sucht 3 gleiche Karten, entweder ein Gedrittes, als 3 Däuser, 3 Könige etc., od. 3 Blätter von gleicher Farbe zu bekommen. Wenn diese 3 Blätter 3 auf einander folgende sind, als Daus, König, Ober etc., so werden sie S. genannt. Die S. gilt mehr als die Gedritten u. die gleichen Farben; die vom Dause ist die höchste, nach ihr die vom Könige etc. Die Gedritten überstechen die gleichen Farben; 3 Däuser ist das höchste Gedritte, nach ihm 3 Könige etc. Bei den 3 Blättern von gleicher Farbe haben die den Vorzug, welche zusammen die meisten Augen zählen. Das Daus zählt 11, der König, der Ober u. der Unter 10, die übrigen Blätter zählen nach ihrer Benennung. Wenn mehre der Spielenden geblieben sind u. die letzten nicht 3 gleiche Karten zusammengebracht haben, so überstechen 2 Däuser 2 Karten von gleicher Farbe, von welchen die am meisten zählenden die weniger zählenden überstechen. Jeder Theilnehmer erlegt zu Anfange des Spieles eine durch Übereinkunft bestimmte Summe. Nach jedem Spiele wird demjenigen, dessen Karten von allen anderen überstochen werden, ein Strich mit Kreide vorgezeichnet. Es wird auch wohl zu Anfange des Spieles ein Kreis (Hölle) auf den Tisch gezeichnet, von welchem nach jedem Spielenden zu ein langer Strich ausgeht, welcher durch 3 kleine Querstriche getheilt wird. Auf den untersten derselben setzt jeder Spieler seinen Einsatz od. irgend eine beliebige Marke u. rückt sie, wenn er die niedrigsten Karten hat, auf den zweiten, dann in gleichem Falle auf den dritten u. zuletzt in den Kreis hinein, weshalb das Spiel auch Höllefahren heißt. Wer 3 Striche hat od. in die Hölle gefahren ist, hat seinen Anspruch auf den Gewinn verloren u. darf nicht mehr mitspielen. Derjenige von den 2 zuletzt Spielenden, welcher seinen Mitspieler übersticht, gewinnt sämmtliche Einsätze. Dieses Spiel wird auch ohne S. gespielt u. heißt dann Mischeln. Commra ist, wenn keine Blätter auf den Tisch gelegt werden, sondern jeder Spielende der Reihe nach seinem Nachbar eine verdeckte Karte gibt, wofür er von ihm eine andere erhält.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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