Wolf [1]

Wolf [1]

Wolf, 1) (Lupus), Untergattung der Gattung Hund (Canis), vom Haushunde, den Schakals u. Füchsen dadurch unterschieden, daß die Vorderzähne sägenartig eingeschnitten, der ziemlich kurz behaarte Schwanz senkrecht getragen wird, die Pupille rund ist, u. in der Lebensweise unterscheiden sich die Wölfe von den beiden letzteren dadurch, daß sie sich keine Höhlen graben, die Vorderbeine haben fünf, die Hinterbeine vier Zehen, die Zunge ist nicht rauh, hinter dem Reißzahne stehen zwei. Höckerzähne; Arten: a) Gemeiner W. (Canis lupus vulgaris), hat graugelblichen, grau u. schwarz gemengten, im Sommer rothgrauen Pelz, weißen Unterleib, geradausstehenden od. niedergebogenen Schwanz, struppige Haare (bes. am Hals), steife Ohren, gelbe, braune, innen weiße Schenkel (bei alten mit schwarzem, bis zum Fuß herabgehendem Längsstrich über die vorderen), ist ausgewachsen 4 Fuß lang, 3 Fuß hoch. Die Jungen (noch blind Nestwölfe) schwärzlich, dann schmutzig fuchsroth, im zweiten Jahre graulich. Im Norden wird im Winter, zumal bei alten Thieren, der Pelz weiß. Wohl nur als Varietät zu betrachten ist der schwarze W. (C. lupus Lycaon). Man findet ihn in allen Ländern, wo der gemeine W. vorkommt. Er ist gewöhnlich ganz schwarz, unten weiß, sein Pelz u. der des weißen ist sehr gesucht. Zuweilen kommen auch Bastarde von Wölfen u. Jagdhunden vor, welche bald mehr dem Hunde, bald mehr dem W-e gleichen u. sogar in einem u. demselben Wurfe. Sie sind stark u. schwer zu bändigen. In der Jägersprache heißt die Haut Balg, der Schwanz Ruthe od. Standarte, deren weißen Spitze Blume, Vorderläufe zuweilen Branten, Zehen Klauen, Eckzähne Fänge, Ohren Lauscher, begatten ranzen, er liegt im Lager od. Bau, trabt, wenn er geht, ist flüchtig, wenn er springt, er raubt, wenn er ein lebendes Thier reißt, d.h. packt, u. wirst, d.h. niederzieht, das niedergerissene Thier Wurf. Mehre Wölfe beisammen heißen Rotte; wenn der W. sich durch die Jagdtücher beißt, so schwindet er durch. Ranzzeit vom December bis Februar, die Wölfin ist jedoch nur zwölf Tage läufisch. Die Wölfe kämpfen dann um die Wölfin, welche dann mit Einem in ein Dickigt geht. Die Wölfin wölft (wirst) nach neun od. elf Wochen in einem erweiterten Dachsbau od. in einem mit Gras ausgefütterten Lager vier bis neun, 9–14 Tage blinde Junge, welche sie gegen den Vater vertheidigt. Aufenthalt: im Norden Asiens, Europas u. Amerikas, in Frankreich, Polen, Rußland, Schweden u. Ungarn noch häufig vorkommend, seltener noch in den dichteren Wäldern Deutschlands, bes. im nördlichen Preußen, in Tyrol u. am Rheine. Er lebt am liebsten in dichten Wäldern, schläft meist am Tage in Dickigten, auch wohl im Getreide. Er geht, gesättigt, nur des Nachts auf Raub aus, besitzt viel Körperstärke, bes. im Nacken (trägt ein starkes Schaf trabend fort), hat aber wenig Muth u. ist, bes. in der Nähe von Menschenwohnungen, sehr vorsichtig. Fraß: am liebsten Schafe, doch auch Wild u. Geflügel, hungerig fällt er Pferde, Rindvieh, selbst Menschen an u. gräbt Leichen aus; sehr hungerig frißt er auch Mäuse, Ratten, Maulwürfe, kleine Vögel, Aas, füllt auch wohl seinen Magen mit Schilf, Gras, weichem Lehm an u. fällt selbst andere Wölfe an. Er schält seinen Fraß mit großer Geschicklichkeit aus der Haut u. wälzt sich stets nach dem Mahle. Nie raubt er in der Nähe seines Aufenthalts. Pferdeherden vertheidigen sich gegen ihn mit den Hufen, Rindvieh mit den Hörnern. Hat der W. einmal Menschenfleisch gekostet, so begehrt er oft dergleichen. Sehr bös sind sie bes. zur Winterszeit tiefer in Rußland, u. fallen dort oft Menschen an, doch vertreibt man sie durch Feueranschlagen, Musik od. Klirren mit etwas. Sein Geruch ist sehr widerlich. Gezähmt behält er immer etwas Tücke. Seine Stimme ist ein Heulen; Gesicht, Geruch, Gehör sehr scharf. Nutzbar ist sein Pelz; die Eckzähne werden von den Polirern u. Vergoldern zum Glätten gebraucht Das Fleisch wird nur von Lappen, Tungusen etc. gegessen. Krankheiten: Raude u. Tollwerden Große Spulwürmer veranlaßten den Aberglauben, daß im W-e Nattern gefunden würden. Die Wolfsjagd gehört zur niederen Jagd, aber in den meisten Ländern ist er wegen seiner Raubgier für vogelfrei erklärt. Wo es viel Wölfe gibt, stellt man eingestellte Jagden auf dieselben an, wobei die Stallung verlappt u. mit mittelhohen Tüchern u. Netzen (Wolfsnetzen) umstellt wird, od. schießt sie auf Treibjagden mit Nr. 0. Auch die Lauerhütte, eine von dunkelgrau angestrichenen Bretern errichtete Hütte, wendet man an, damit ein Jäger darin den an das davor gelegte Luder gehenden W. beobachte u. den übrigen, eine Strecke davon in einer anderen Wachhütte befindlichen Jägern ein Zeichen gebe, welche dann herauseilen u. den W. einlappen; bei Tage besetzen sie dann die wichtigsten Pässe u. lassen einige Treiber in den eingekreisten Bezirk, um den W. zum Schuß zu bringen. Auch in Wolfsgärten (mit Planken od. Zäunen umfriedigten Dickigten), in welche man Luder als Kirrung legt, lockt man die Wölfe; dort hat man eine große Öffnung, durch welche die Wölfe eintreten können, worauf ein bei der Kirrung in einer wohlverwahrten Hütte befindlicher Mann den außen in einer ähnlichen befindlichen ein Zeichen gibt, worauf diese den Raum schließen u. den W. tödten od. fangen. Auch schießt man sie aus einer zwölf Ellen über der Erde angelegten Schießhütte, in dessen Nähe ein Luderplatz ist. Man fährt auch wohl spät Abends in einem Schlitten aus u. lockt Wölfe, welche man heulen hört, durch ein junges, durch Kneipen zum Schreien gereiztes Schwein, od. durch ein Stück Fleisch, welches man an einer [322] Leine nachzieht u. schießt die, welche sich dem Schlitten nahen. Auch fängt man Wölfe in ungefähr 16 Fuß tiefen Wolfsgruben. In der Mitte wird eine glatte, oben mit einer Scheibe versehene Stange errichtet, auf die Scheibe bindet man ein lebendiges Schaf, eine Ente od. ein Luder. Die Grube bedeckt man mit Reisig od. auch mit zwei um eine Angel sich drehenden leichten Deckeln. Auch mit Wolfseisen (großen Tellereisen u. Schwanenhälsen) fängt man Wölfe u. bedient sich hierbei der Wolfswitterung (auf Kohlen zerlassenes Gänsefett, mit Fenchel, Baldrian, Fichten- u. Tannenknospen u. etwas Kampher). Man erschlägt die lebendig gefangenen Wölfe des Pelzes wegen, indem man sie mit Wolfszangen faßt. Auch erlegt man sie mit Prügelfallen, od. legt vergiftete Bissen für sie an. Bei den eingestellten u. Treibjagden gebraucht man auch Wolfshunde, s.d. b) Sumatraischer W. (C. l. sumatrensis), rostfarbig, unten heller; Länge 2 Fuß, Höhe 14 Zoll; im Inneren Sumatra's. c) Gewölkter W. (C. l. nubilus), in Nordamerika, am Missuri; langhaarig, namentlich über dem Rücken hin; schwarz, grau u. weiß gewölkt, der Bauch ganz hell, Länge 4 Fuß 3–4 Zoll, Schwanz 13 Zoll. d) Mähnenwolf (C. l. jubatus s. mexicanus), in den niederen sumpfigen Gegenden Paraguays, mit einer Mähne vom Hinterkopf aus bis auf die Schultern, zimmetbraunroth, unten heller; Länge 4 Fuß 4–5 Zoll, Höhe 151/2 Zoll. Er nährt sich von kleinen Wirbelthieren, Schnecken, Krebsen, Zuckerrohr u. Pomeranzen; sein Geschrei, ein langezogenes gana-a-a, hört man sehr weit; sein seiner, zottiger Pelz gibt Satteldecken etc. e) Veränderlicher W. (C. l. variabilis), unserem W-e ähnlich, aber kleiner, mit kürzerer, dickerer Schnauze, etwas kürzeren Ohren, u. ohne die dunkeln Streifen an den Beinen u. von der grauen Wolfsfarbe bis ins Weiße abändernd; Länge 3 Fuß; am oberen Missuri. f) Koupara (C. l. techichi s. cancrivorus), oben grau u. schwarz melirt, unten weiß u. gelblich, Ohren, Läufe u. Schwanzspitze schwarz, Halsseiten fuchsroth; Länge 4 Fuß 1 Zoll; Schwanz 11 Zoll; in Cayenne; frißt nicht Krebse, sondern kleine Säugethiere u. Früchte. Über den Aberglauben mit dem Wärwolfe s.d. Von dem W-e finden sich fossile Knochen in verschiedenen Gegenden; die Art, von welcher sie stammen ist vorzüglich Lupus (Canis) spelaeus, Höhlenwolf (Höhlenhund, s.d.); 2) so v.w. Gemeiner Stichling; 3) ein junger Fuchs od. Hund; 4) so v.w. Weißer Kornwurm.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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