- Spinnen [1]
Spinnen (Araueoïdes, Aranina, Araneïdes), Ordnung aus der Klasse der Spinnenthiere, s.d. Sie haben eine weiche, nicht in Ringe abgetheilte Haut, einen mit der Brust verwachsenen Kopf u. einen mittelst eines Stieles an der Brust hängenden Hinterleib; die Freßspitzen gleichen kleinen Füßen, das letzte Glied derselben hat beim Männchen die Geschlechtstheile; an dem Kinnbacken ist ein Loch, durch welches das aus Blasen in den Oberkiefern kommende Gift fließt, womit die gefangenen Insecten getödtet werden. Am Bauche sind zwei Öffnungen für die zweiblätterigen Kiemen u. am After 4–6 Spinnwarzen; diese haben zarte Löcher wie ein Sieb, aus jedem Loche kommt, wenn die Spinne spinnen will, ein zartes Fädchen, welches zuerst mit den Fädchen, die aus den Löchern der einen Warze gehen, dann mit denen aus den ihrigen Warzen kommenden zusammengedreht wird, so daß ein einziger Spinnenfaden aus einigen Tausenden der feinsten Fädchen besteht, ein merkwürdiges Zeichen von Dehnbarkeit (90 Fäden der Kreuzspinne geben einen Faden von der Stärke eines einfachen Fadens des Seidenwurmes; 18,000 zusammengedrehte geben erst die Stärke eines Barthaares; von jungen S. bedarf man 4 Mill. Fäden, um jene Stärke zu gewinnen). Diese Fädchen werden entweder zu einem Gewebe (Spinnewebe, Netz) von verschiedener Form zum Fange der Insecten, od. vom Weibchen auch zur Einhüllung der Eier gewoben u. sind (doch ohne sonderlichen Erfolg) zu allerhand gewebten Waaren benutzt worden. Das verfertigte Gewebe soll die S. nur fünfmal neu verfertigen können, alsdann der Vorrath der zu den Fäden dienlichen klebrigen Feuchtigkeit aufhören. Merkwürdig ist, daß wenigstens manche S. die Kraft haben ihre Fäden auf 1–2 Fuß in gerader Linie fortzuschießen u. dadurch Gelegenheit bekommen, auch auf getrennte Gegenstände überzugehen, indem der so geschossene Faden mittelst seiner Klebrigkeit sich fest ansetzt. Dadurch erklärt man zum Theil den Alten Weibersommer (s.d. und Spinne i). Die meisten bauen ihr Nest (Spinnengewebe) senkrecht in die Luft u. befestigen es mit einzelnen Fäden an benachbarte Gegenstände; einige wohnen in der Mitte desselben, andere in einer dabei erbauten Kammer. Die Gattungen Segestria u. Clubiona sitzen in Erdlöchern od. zwischen Blättern in röhrigen Geweben; Tegenaria, Agelena u. Argyroneta machen ein horizontales Gewebe, neben welchem sie in einer gewebten Röhre sitzen; Theridium webt schwebende Gespinnste, deren Fäden sich unregelmäßig durchkreuzen; Epeira, Tetragnatha etc. weben kreis- od. radförmige freischwebende, horizontale od. senkrechte Netze. Hiernach heißen diese S. Zellen-, Röhren-, Web-n. Radspinnen. Die Tapezierspinnen (Mygalidae) leben in Erdlöchern, welche sie mit einem Gewebe auskleiden; dahin gehören die großen Vogelspinnen (Mygale), Mauerspinnen u. dergl. Jagdspinnen nennt man die., welche kein Gewebe machen, sondern nur. einzelne Fäden ziehen, von diesen laufen die Krabbenspinnen vor- u. rück- u. seitwärts, die Hüpf- u. Tigerspinnen springen od. hüpfen nach ihrer Beute, die Wolfsspinnen haschen ihre Beute im Laufe u. tragen einen Eiersack mit sich umher. Zu letzteren gehört die Tarantel. Die Begattung geschieht, namentlich von Seiten des Männchens, welches oft nach der Begattung vom stärkeren Weibchen aufgefressen wird, sehr vorsichtig. Die Jungen kriechen zum Theil noch in demselben Jahre, wo die Eier gelegt sind, aus, andere erst im Frühjahre. Bis zur ersten Häutung bleiben die Jungen beisammen in dem Gespinnst, welches die Eier umgibt; dann zerstreuen sie sich. Das Leben der meisten S. dauert nur ein Jahr, bei wenigen einige Jahre. Ihr Fraß besteht aus allerhand Insecten, welche sie theils im Sprunge, mehrentheils aber im Netze erhaschen. Größere Insecten werden mit Fäden so umsponnen, daß sie sich nicht rühren können u. schnell durch Giftspeichel getödtet. Die S. sind meist nächtlich arbeitende Thiere u. unter sich selbst sehr feindlich. Sie werden von manchen Völkern gegessen u. zu diesem Behufe, wie andere Eßwaaren, zu Markte gebracht. Gewöhnlich gelten sie als Wetterverkündiger; sieht die gewöhnliche Fenster- od. Hausspinne (s.u. Spinne 2) f) mit dem Vordertheil ihres Körpers aus ihrem Gespinnst, so deutet es auf gutes Wetter, umgekehrt auf schlechtes; sitzt die Kreuzspinne (s.u. [560] Spinne 2) g) ruhig in der Mitte ihres Netzes, so deutet es auf beständiges, schönes Wetter; läuft sie unruhig hin u. her, auf veränderlich; zerreißt sie es dagegen selbst u. frißt es auf, so ist starker Regen, Gewitter, Sturm u. dgl. zu erwarten. Nach der Mythe wurde die kunstreiche Weberin Arachne (s.d. 1) von Minerva in eine Spinne verwandelt. Als Kennzeichen der Gattungen hat man den Stand u. die Zahl der Augen gewählt. Alle stehen nach Linné unter Aranea; Cuvier theilt sie in die Abtheilungen: Minir-(Erd-)spinnen, Tapezierspinnen, Ungleichwebende (Inaequitelae), Kreisweber (Orbitelae), Seitengänger (Laterigradae), Schnellläufer (Citigradae) u. Springer (Saltigradae). Der Gattungen sind viele gebildet worden.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.