Tarantel

Tarantel

Tarantel, Arten aus der Gattung Luchsspinne (s.u. Lanfspinne, s.d. a): a) wahre T. (Lycosa tarantula Latr., Aranea t. L.), oben graubraun (bald Heller, bald dunkler), mehr od. weniger behaart, Kinnladen u. Freßspitzen gegen die Mitte rostroth, Unterleib gelbroth mit schwarzem Bande; Schenkel u. Füße unten röthlichweiß, schwarzgefleckt; die größte europäische Spinne, wird bis zu 1 Zoll groß; im südlichen Europa, namentlich in Italien, bes. im südlichen Theile (um Tarent, woher auch der Name) u. Spanien. Die T. hält sich in einem förmlichen Bau auf; dieser ist oft 1 Zoll weit, steigt 4–5 Zoll in die Tiefe, biegt sich dann horizontal herum u. nach einer kleinen Strecke dieses Laufs wieder vertical hinab. In dieser Biegung sitzt die T. u. lauert auf ihren Raub. Oben über der Öffnung ist meist ein 2 Zoll im Lichten weiter ringförmiger Wall von Holzstücken mit Lehm verbunden aufgeworfen. Die innern Flächen dieses Walles, wie die Röhren des Baues, sind mit dem Gespinnst der T. bekleidet. Man kann die T. leicht aus dem Baue locken, wenn man das Summen einer Fliege nachahmt, od. vorn an der Röhre eine Ähre hin u. her bewegt. Sie saugt die Fliegen nicht aus, sondern verschluckt sie ganz. Die T. ist leicht zu zähmen u. gewöhnt sich leicht an einen Glaskerker. Sind zwei Männchen zusammen eingesperrt, so kämpfen sie nach einigen Versuchen zu entfliehen mit einander u. suchen sich mit den Haken ihrer Kinnladen zu verwunden u. zu tobten, den Körper frißt der Sieger endlich auf. Die T. ist sehr leicht reizbar, ähnlich wie der Scorpion, u. wird daher neben diesem in Italien u. Spanien weit mehr als alle stechenden Kerbthiere gefürchtet. Der Biß derselben verursacht eine lästige, wenn auch nicht gefährliche Entzündung, wurde aber früher als Ursache eines Paroxismus (Tarantismus) angegeben, in welchem der Kranke zum Tanz gezwungen würde. Diese Krankheit, ähnlich dem St. Veitstanz, erreichte im 17. Jahrh. die größte Höhe u. befiel sowohl Einheimische als auch Fremde. Zu diesem Tanz gab es eine eigene Musik (s. Tarantella 1), welche gewöhnlich von einem Geistlichen auf einer Geige gespielt wurde u. dem Kranken Hülfe brachte. Neuere Beobachter gaben sich Mühe die wirkliche Existenz eines krankhaften Taranteltanzes zu beweisen, während die neuesten Forschungen ergeben haben, daß allen von dem Tarantelbiß erzählten Geschichten, wo nicht geradezu Betrug od. Täuschung stattfand, doch blos irgend eine verkannte Nervenkrankheit zu Grunde lag u. daß der Biß der T. nicht viel schmerzhafter od. nachtheiliger als der der gewöhnlichen Kreuzspinne ist. Dem Biß folgt unmittelbar ein brennender Schmerz, ähnlich dem nach dem Stich einer Wespe; nach kurzer Zeit schwillt der gebissene Theil an, wird roth, dunkelt bald nach, bis er endlich in Violet übergeht. Der Schmerz u. die Entzündung dauern ungefähr zwölf Stunden, gehen aber dann ohne alle nachtheilige Folgen vorüber. Dessenungeachtet ist der Aberglaube des Taranteltanzes in Italien u. Spanien noch allgemein verbreitet, von dort auch in andere Kinder übergegangen u. in Folge davon auch fast überall sprichwörtlich geworden. b) Nordamerikanische T., noch einmal so groß, als obige, c) Falsche T. (Mygale calpejana, Teraphosa c.), röthlichbraun, am Bauch mit drei viereckigen, vorstehenden Flecken, bei Gibraltar.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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