- Ternaux
Ternaux (spr. Ternoh), 1) Guillaume Louis, Baron de T., geb. 1763 in Sedan, Sohn eines Kaufmanns, wurde sehr jung Theilnehmer an dessen Geschäft u. schon 1780 alleiniger Chef desselben. Er brachte die damit verbundene Fabrik in wenig Jahren in den größten Flor u. gründete mehre ähnliche Unternehmen; er führte zuerst in Frankreich Spinnmaschinen ein, verbesserte die Schafzucht, erfand z.B. eine hydraulische Maschine die Tücher zu appretiren etc. Paris war der Hauptplatz seiner Unternehmungen; außerdem hatte er in Rouen, Havre, Bayonne, Bordeaux, Genua, Livorno, Neapel u. Petersburg Handelshäuser u. in Louviers, Sedan etc. Fabriken. 6000 Arbeiter waren oft in seinen Fabriken, 120–150 Personen in seinem Handelsgeschäft thätig. Beim Ausbruch der Revolution erklärte er sich zwar für dieselbe, sprach sich jedoch in der Schrift Voeu d'un patriote [387] sur les assignates (Par. 1790) gegen das Papiergeld aus u. mußte, weil er mit Lafayette das constitutionelle Königthum erhalten wollte, 1793 auswandern. Nach seiner Rückkehr weigerte er sich für das lebenslängliche Consulat u. für das Kaiserreich zu stimmen, wurde aber dennoch von Napoleon, welcher ihn persönlich achtete, vielfach ausgezeichnet. Nach der Restauration wandte er sich entschieden den Bourbonen zu u. folgte denselben während der Hundert Tage 1815 nach Gent, wofür ihn Ludwig XVIII. zum Baron erhob. Er wurde Oberst der Nationalgarde, Mitglied des Seinedepartementsraths, des Comité cantonal, des öffentlichen Unterrichts, des Municipalitätsrathes, der Commission für die neue Finanzordnung u. 1818 u. 19 Deputirter des Seinedepartements. Auch für die Agricultur war er thätig u. namentlich verdankt man ihm die Einführung der Silos u. der Kaschmirziegen in Frankreich, von der Wolle der letzteren lieferte er Ternauxshawls (s.u. Kaschmirshawls), welche, als die Thiere ausarteten, ferner aus anderer seiner Wolle gefertigt wurden. 1827 wurde er von einem Wahlbezirk der Stadt Paris in die Deputirtenkammer gewählt, wo er sich völlig der Opposition anschloß u. im März 1830 mit zu den 221 Unterzeichnern der berühmten Adresse (s. Frankreich S. 580) an den König gehörte. T. st. 2. April 1833 zu St. Ouen u. schr. noch: Mémoire sur les moyens d'assurer les subsistances de la ville de Paris, Par. 1819; Mémoire sur les expériences faites à Saint Ouen pour la conservation des grains dans un silo, ebd. 1821; Procès-verbaux des opérations relatives aux essais de conservation effectués avec des blès appartenant à l'administration des approvisionnements de Paris, ebd. 1826; Notice sur l'amélioration des troupeaux de moutons de France, ebd. 1827. 2) Mortimer, Neffe des Vor., geb. 1808 in Paris, wurde 1830 nach der Julirevolution Mitglied der Commission der Nationalbelohnungen, bald darauf Staatsrath, Requetenmeister u. Mitglied des Generalraths der Seine. Die Stadt Rethel wählte ihn 1842 zum Kammerdeputirten, wo er Anfangs das Ministerium unterstützte, aber 1845 zur Opposition trat u. bes. für Wahlreform arbeitete. 1848 ward er vom Departement der Ardennen in die Constituirende Versammlung gewählt, trat in den Poitierverein u. bekämpfte als Mitglied des Finanzcomités alle finanziellen Maßregeln der Provisorischen Regierung. Unter Cavaignacs Ministerium wurde er Mitglied des Municipalrathes der Stadt Paris u. gehörte nachher als Orleanist zu den Gegnern der Bonaparte.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.