- Thränenfistel
Thränenfistel (Fistula lacrymalis), 1) echte Th., mit enger, callöser, an der äußeren Oberfläche im Nasenwinkel befindliche Öffnung versehenes Geschwür der Schleimhaut des Thränensackes; unechte Th., in Folge einer Entzündung u. Eiterung der über dem Thränensack befindlichen Haut entstanden, u. wo sich die Eiterung bis auf den Thränensack u. durch dessen vordere Wand erstreckt hat. Beide Arten heißen Thränensacksistel (Fistula sacci lacrymalis). 2) Krankheit des inneren Augenwinkels an der Nase, bei welcher das Heruntersteigen der Thränen aus dem Auge in die Nase durch die Thränenwege gehindert ist. Das Auge thränt u. die Nase ist an der leidenden Seite ungewöhnlich trocken. Das Hinderniß liegt entweder in Atonie od. Verengerung, od. Verschließung der Thränenpunkte od. Thränenkanälchen, wo man diese durch Einbringen einer seinen Fischbeinsonde öffnet u. offen erhält. Das Hinderniß kann aber auch im Thränensacke od. Nasenkanäle liegen, so daß entweder der Thränensack entzündet, verdickt, exulcerirt od. fistulös ist, od. eine Verengerung od. gänzliche Verschließung des Thränenkanals vorhanden ist. Ist eine Verstopfung od. Verschließung des Nasenkanals vorhanden, so öffnet man gewöhnlich den ausgedehnten Thränensack an einer passenden Stelle u. führt die Mejeansche Sonde od. eine dünne Stricknadel ein u. sucht mit dieser in den Nasenkanal einzudringen u. ihn zu eröffnen; ist dieses gelungen, so führt man eine dünne Darmsaite durch den Kanal zur Nase heraus, u. wenn der Nasenkanal hinlänglich erweitert ist, legt man eine bleierne Sonde ein; endlich sucht man die äußere Wunde des Thränensackes wieder zu schließen. Um die Wiederverengerung des Nasenkanals zu verhüten, hat man ein goldenes Röhrchen in denselben eingebracht. Kann man das Leiden dennoch nicht heben, so hat man nach Eröffnung des Thränensackes mittelst eines Troikars od. ähnlichen Instrumentes das blosgelegte Thränenbein zu durchbohren u. ein silbernes od. goldenes Röhrchen auf die Dauer einzulegen. 3) Ähnliche Krankheit bei Pferden; entspricht der Th. bei Menschen, wird bes. durch Einspritzen von verdünntem Bleiwasser in die Thränenwege od. durch Öffnung des Thränensackes heilbar.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.