- Zungenentzündung
Zungenentzündung (Glossitis), befällt bald das ganze Organ, bald nur einzelne Stellen desselben, u. verhält sich in Hinsicht des Grades, Verlaufs u. Ausgangs wie andere Entzündungen. Die Symptome derselben sind: klopfender Schmerz, Trockenheit u. oft so bedeutende Geschwulst der Zunge, daß Sprechen, Schlingen u. Athemholen mehr od. weniger erschwert wird, die ganze Mundhöhle ausfüllt u. die Luftwege so beengt werden, daß Erstickungszufälle eintreten. Die Zunge selbst ist von dickem Schleime od. ausgeschwitzter Lymphe bedeckt u. aus dem Munde fließt unter Räuspern, Husten od. ohne alle Anstrengung zäher Speichel aus. Hierzu gesellt sich im höheren Grade Fieber, entzündliche Affectionen der Mund- u. Rachenhöhle; der Schlaf ist gestört, der Kranke hat großen Durst, Kopfweh, aufgetriebenes rothes od. blasses eingefallenes Gesicht. So verläuft die Z. bald mit größerer, bald mit geringerer Heftigkeit der Zufälle u. entscheidet sich meist am siebenten Tage auf kritische Weise, indem Schweiß, Sediment im Harn u. Speichelfluß eintreten, durch Zertheilung; od. es geht die Entzündung unter den gewöhnlichen Veränderungen in Eiterung, Verhärtung u. Brand über. Die Zungenverhärtung kann bei kachektischen Subjecten leicht Zungenkrebs zur Folge haben. Der Zungenbrand, sowie auch die Erstickungsanfälle, welche durch enorme Geschwulst verursacht werden, haben bisweilen den Tod zur Folge, beim ersteren ist Verlust eines Stücks der Zunge der glückliche Ausgang. Die Ursachen der Z. sind theils unmittelbar auf die Zunge wirkende Schädlichkeiten, z.B. Stiche, bes. von Insecten, scharfe Zahnecken, Quetschung u. Beißen beim Kauen u. in epileptischen Anfällen, Verbrennungen, Einwirkung von scharfen ätzenden Giften, theils Entzündung benachbarter Organe, z.B. der Speicheldrüsen, welche sich dann auf die Zunge verbreiten, theils andere Krankheiten des Mundes, Mißbrauch des Quecksilbers, Schwämmchen, venerische Geschwüre, theils Erkältung, Unterdrückung des Schweißes u. gewohnter Blutungen. Die Z. ist im Allgemeinen beschwerlicher als gefährlich, weil auch die höheren Grade der Krankheit durch zweckmäßige Heilmittel beseitigt, die Erstickungsgefahr abgewendet werden kann u. der Übergang in Brand theils sehr selten, theils nicht immer tödtlich ist. Die Behandlung erfordert zuerst Entfernung od. Verminderung der noch fortwirkenden Schädlichkeiten, sodann die entzündungswidrigen Mittel örtlich u. allgemein Blutegel u. Einschnitte in die Zunge bewährt sich bes.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.