- Myrrhe
Myrrhe (Myrrha, Myrha rubra s. vera Gummi-Resina s. Smyrnae), braunrothes, zer. reibliches, etwas durchscheinendes, fettglänzendes, in der Wärme nicht schmelzendes, sondern sogleich verbrennendes, im Wasser fast ganz in Alkohol zum Theil auflösliches Gummtharz, nach Ehrenberg von Balsamodendron myrrha u. Bals. kataf, beides in Arabien u. Nubien heimische Bäume, deren an der Luft erhärteter Saft es ist, abstammend, von eigenem aromatischem Geruch, bitterm, gewürzhaftem Geschmack. Im Handel unterscheidet man gewöhnlich drei S orten: die feinste auserlesene (M. electa, selecta s. in lacrymis), schöne helle, goldgelbe u. weißgesprenkelte Tropfen; die zweite, Mittelsorte, röthlich, in Stücken von verschiedener Form u. nur theilweise mit hellen Tropfen vermischt; die geringste Sorte (M. in Sorten) ist nur etwas röthlich, größtentheils aber braun u. erdfarben; die feinern Sorten kommen von Mokka, Bassora u. Moskate; außer diesen erhalten wir viel von Marseille, Venedig u. Livorno; hier unterscheidet man die Waare in Tropfenmyrrhe, halben u. gebrochenen Tropfen u. in ordinäre. Man verfälscht sie wohl auch, indem Kirschgummi in eine Myrthenauflösung gelegt u. mit Myrrhenpulver gepudert wird. Als ein Prüfungsmittel echter M. gilt die Salpetersäure, welche die M. rosenroth od. violett färbt. Die M. enthält,[609] als vorzüglich wirksame Bestandtheile ein ätherisches Öl u. ein Balsamharz; sie gehört unter die wirksamsten, die Lebensthätigkeit der Schleimhäute u. des Gefäßsystems erhebenden Mittel u. wird daher bei Verschleimungen, chronischem, feuchtem Asthma, Schleimflüssen der Gebärmutter, Amenorrhöe, auch äußerlich bei übeln Geschwüren, Mundfäule, schlaffem, blutendem Zahnfleisch, cariösen Zähnen, als heilendes u. antiseptisches Mittel mit Erfolg angewendet. Sie wird nicht nur zu einigen Präparaten, z.B. Myrrhenbalsam (Liquamen myrrhae, gepulverte M., mit Wasser aufgekocht u. filtrirt); Myrrhenextract (Extractum myrrhae, M. wird mit heißem Wasser übergossen, einige Tage macerirt u. die abgeklärte u. filtrirte Flüssigkeit zur Trockne abgeraucht), Myrrhenlösung (Liquor u. Liquamen myrrhae, braungelbe, trübe, dickliche, wie M. riechende u. schmeckende, Auflösung des Myrrhenextracts in 5 Theilen destillirten Wassers), Myrrhentinctur (Tinctura myrrhae, blaßbraune, aus M. mit Alkohol durch Digestion bereitete Tinctur) verwandt, sondern macht auch einen Bestandtheil vieler zusammengesetzter Mittel, als Pillen, Latwergen, Elixir, Zahnpulver u. Zahntincturen, Pflastern, Salben etc. aus. Im Alterthum wurde der Baum, welcher die M. gibt, verschieden beschrieben, weil ihn namentlich die Griechen nicht durch eignes Anschauen, sondern nur aus Hörensagen kannten. Der Saft floß entweder von selbst aus (dies war die edelste Art), od. er wurde durch Einschnitte in den Baum gewonnen. Die M. kam in verschiedenen Sorten, nicht selten verfälscht od. durch andere Harze ersetzt, in den Handel, bes. durch Nabatäer u. Phöniker aus Arabien nach Ägypten, Palästina u. Europa, u. galt als etwas Kostbares, daher M-n unter den Geschenken der Magier an das Christuskind waren. Gebraucht wurde die M. zum Räuchern, Parfümiren der Kleider, zu Salben, als Arznei, zum Einbalsamiren der Leichen, zur Vermischung des Weins (s. Myrines).
Pierer's Lexicon. 1857–1865.