Nevers [2]

Nevers [2]

Nevers (spr. Newähr), das Geschlecht der Grafen von N. wird bis auf Otto Wilhelm zurückgeführt, welcher 987 als Graf von Nivernois vorkommt; sein Nachfolger war um 992 sein Schwiegersohn Landri, Herr von Maers u. Monceaux. Ihm folgte 1028–1040 sein Sohn Reinald I. in Auxerre u. N.; dessen Enkel theilten, Reinald II. erhielt N., Robert aber Auxerre; nach des Letzteren Tode 1089 vereinigte Wilhelm II., Reinalds II. Sohn, beide Grafschaften; er besaß auch Tonnère, welches schon sein Vater von seinem Bruder Wilhelm geerbt hatte; ihm folgte 1147 bis 1161 in Auxerre u. N. sein Sohn Wilhelm III.; Wilhelm IV., seit 1159 Graf von Tonnère, vereinigte auch Tonnère wieder mit N. Ihm folgte 1168 sein Bruder Guido u. diesem 1175 sein unmündiger Sohn Wilhelm V. Mit Letztem starben 1181 die Grafen von N. im Mannsstamm aus, u. während seine Mutter Mathilde Tonnère behielt, folgte in Auxerre u. N. seine Schwester Agnes, Gemahlin Peters von Courtenai, Kaisers von Constantinopel. Ihr folgte 1192 ihre Tochter Mathilde I., Gemahlin Hervei's, Barons von Donzy; deren Urenkelin Mathilde II. erbte nach dem Tode ihrer Urgroßmutter 1257 die Grafschaften N., Auxerre u. Tonnère u. heirathete Hugo von Burgund. Dessen älteste Tochter, Jolantha, erbte 1265 N. u. heirathete 1265 Johann Tristan von Frankreich, Sohn Ludwigs des Heiligen, u. nach dessen Tode (1270) den Grafen Robert III. von Flandern u. gebar Ludwig I., welchen Margarethe, Tochter des Königs Philipp V. von Frankreich, heirathete. Für diese wurde N., Rethel u. Donzy zur Pairie erhoben, u. unter diesem Titel erhielt es 1322 ihr Sohn Ludwig II. von Crecy u. 1346 dessen Sohn Ludwig III. von Male. Diesem folgte 1384 seine einzige Tochter Margarethe, vermählt mit dem Herzog Philipp dem Kühnen von Burgund, welche die Grafschaft ihrem Sohn Johann gab, u. da dieser Herzog von Burgund wurde, überließ er N., Rethel u. Donzy seinem Bruder Philipp. Diesem folgte 1415 sein unmündiger Sohn Karl I., u. diesem 1464 sein Bruder Johann von Burgund in N. u. Rethel; als mit diesem 1491 die männliche Linie der alten Grafen von Nivernois ausstarb, kam Auxerre, N. u. Rethel an seine ältere Tochter Elisabeth, vermählt mit Engelbert, Herzog von Kleve. Ihm folgte sein Sohn Karl von Kleve 1506, u. diesem 1521 sein Sohn Franz I.; als dieser 1538 Margarethe von Bourbon-Vendôme heirathete, erhob det König von Frankreich N. zum Herzogthum, mit der Bestimmung, daß der Titel in Ermangelung männlicher Nachkommen auch an die weibliche Linie übergehen solle. Franz I. st. 1562; ihm folgten seine Söhne Franz II. (st. 1563) u. Jakob (st. 1564), u. da Beide keine Kinder hatten, so kam N. an ihre Schwester Henriette, welche mit Ludwig von Gonzaga-Mantua (s. unten 1) vermählt war. Beider Sohn, Karl II., Herzog von Mantua u. Montserrat, folgte 1601 auch als Herzog von N. u. Rethel, u. dessen Enkel, Karl III., Sohn Karls, welcher vor seinem Vater starb, verkaufte N. an den Cardinal Mazarin, welcher es bei Ludwig XIV. auswirkte, daß der Titel u. die Pairie von N. auch auf ihn überging. Er hinterließ N. seinem Neffen Mancini, Philipp Julius, bei dessen Nachkommen es geblieben ist. Merkwürdig sind: 1) Ludwig von Gonzaga, Herzog von N., dritter Sohn des Herzogs Friedrich II. von Mantua, geb. 1538; trat früh in französischen Dienst, verheirathete sich 1565 mit Henriette von Kleve u. erhielt mit derselben das Herzogthum N. Mit Auszeichnung diente er unter Heinrich II., Karl IX. u. Heinrich III. u. wurde Statthalter von Champagne. Obgleich eifriger Katholik, willigte er doch nicht in das Unionsedict, welches den König von Navarra vom Throne ausschloß, u. nach Heinrichs III. Tode behauptete er strenge Neutralität, bis er sich für Heinrich IV. erklärte u. sich ihm zugleich mit 500 Edelleuten zur Schlacht von Ivri stellte. Auch ging er, als der König wünschte, sich wieder mit dem Papste zu versöhnen, für ihn nach Rom. Als Gouverneur von Champagne stellte sich N. dem Herzog von Parma entgegen, welcher Herr eines Theiles der Picardie war, u. wenn auch dieser Feldzug ihn nicht mit Sieg krönte, so hinderte doch seine Vorsicht die Spanier, ihre Vortheile zu verfolgen. Er st. 1595. Seine Mémoires, herausgegeben von Gomberville 1665, 2 Bde., Fol. 2) Phillpp Julien Mancini-Mazarin, Herzog von N., Schwestersohn des Cardinals Mazarin, geb. 1631 in Rom, erhielt das erkaufte Herzogthum N. von seinem Oheim 1641, widmete sich den Wissenschaften, wurde in manche literarische Fehde verwickelt u. st. 1707; er schr.: Gedichte u.a. 3) Louis Jules [850] Barbon Mancini-Mazarin, Herzog von N., geb. 1716 in Paris; nahm als Brigadier 1743 den Abschied von der Armee, ging 1748 als Botschafter nach Rom, kehrte 1752 zurück u. wurde 1756 nach Berlin geschickt, um die Allianz des Königs von Preußen mit England zu hindern, er kam aber erst an dem Tage an, wo der König den Tractat unterzeichnete. Während des Siebenjährigen Krieges beschäftigte er sich mit den Wissenschaften u. ging 1763 als Gesandter nach London, wo er den Friedenstractat unterzeichnete. 1771 stand er an der Spitze der französischen Pairs im Streit gegen das Ministerium Maupeau u. trat unter Vergennes selbst auf kurze Zeit ins Ministerium. 1793 saß er gefangen u. dichtete, als er glaubte hingerichtet zu werden, die berühmt gewordenen Stanzen: Anacharsis en prison. Robespierres Sturz rettete ihn, er lebte still in Paris als der Bürger Mancini u. st. 1798. Seine Oeuvres gab François de Neufchateau, Par. 1807 heraus.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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