- Consalvi
Consalvi (spr. Konsalwi), Ercole, geb. 8. Juni 1757 in Rom, stammte aus dem Geschlecht der zu Toscanella ansässigen Marchesen C.; empfing eine geistliche Bildung auf dem Seminar zu Frascati u. trat 1776 in die Accademia ecclesiastica zu Rom. Früh eingeführt in die feineren Gesellschaftszirkel, wußte sich C. durch seine geistigen Fähigkeiten u. sein gefälliges Benehmen die persönliche Gunst des Papstes Pius VI. zu erwerben. Der Papst ernannte ihn 1792 zum Uditore della sacra ruota, u. C. widmete sich nun dem Studium der Rechte. Beim Ausbruch der Französischen Revolution war er einer der leidenschaftlichsten Gegner derselben u. nicht ohne Einfluß auf die päpstliche Politik, welche jeden Friedensschluß mit der Französischen Republik verweigerte, bis de Schlachten am Senio u. bei Ancona im Februar 1797 den Papst nöthigten, zu Tolentino Frieden zu schließen. C. schon vorher Assessore delle arme (Kriegsminister), behielt diesen Posten bei, ohne die schroffe Stellung aufzugeben, welche er der französischen Regierung gegenüber eingenommen hatte. Die Revolution im December 1798 suchte er mit Waffengewalt niederzuwerfen. Als die Franzosen darauf im Februar 1799 Rom besetzten, wurde er gefangen genommen, jedoch nach einiger Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt. Nach Pius VI. Tode beförderte er die Wahl des Bischofs Chiaramonti zum Papste u. dieser ernannte ihn 1800 zum Staatssecretär. Von nun an war C. die Triebfeder der päpstlichen Politik u. verstand es bald ein besseres Einvernehmen mit Bonaparte herbeizuführen, indem er auf Ludwig XVIII. keine weitere Hoffnung setzte. Napoleon bedurfte der Kirche, um seine Macht zu befestigen, u. diesen Umstand benutzte C., um für die Römische Curie die Macht wieder zu gewinnen, die sie in Frankreich verloren hatte. Am 20. Juni 1801 ging C. nach Paris u. brachte dort am 15. Juli das Concordat mit Frankreich zu Stande, welches der Kirche viele der verlorenen Rechte wieder einräumte. In Folge der Ereignisse des Jahres 1805, in welchem Napoleon, ohne sich um den Papst zu kümmern, über die Fürstenthümer Benevent u. Pontecorvo verfügte u. das Königreich Neap unter französische Herrschaft kam, nahm C. 1806 seine Entlassung. Doch stand er nach wie vor in enger Beziehung zum päpstlichen Cabinet u. war mit seinem Rathe an dem Entschlusse des Papstes 1809, gegen Napoleon die Bannbulle zu verkünden, nicht unbetheiligt. 1810 weigerte er sich bei der Versammlung der Cardinäle, welche Napoleon nach Rom berufen ließ, um deren Einwilligung zur Trennung seiner Ehe mit Josephine u. zur Verheirathung mit Marie Louise von Österreich zu verlangen, dem Wunsche des Kaisers zu willfahren, welchem Beispiele der größte Theil der übrigen Cardinäle folgte. Nach Abschluß des Concordats mit dem gefangenen Papste, ging C. im Februar 1813 nach Paris, wurde aber, als der Papst auf C-s u. anderer Cardinäle Rathschlag den eingegangenen Vertrag für ungültig erklärte, erst in Fontainebleau, dann in Bezieres gefangen gehalten. Nach Napoleons Sturz wieder zum Staatssecretär ernannt, begab sich C. 1814 nach London u. dann nach Wien, um die Interessen der Römischen Curie auf dem Congresse zu vertreten. Während des Congresses u. in den folgenden Jahren entfaltete er eine geschickte diplomatische Thätigkeit u. erreichte durch den Abschluß von Concordaten mit den wichtigsten Staaten Europas u. durch Sicherung der weltlichen Macht des Papstes die Wiederherstellung des Ansehens der Römischen Curie. Zugleich führte er durch das bekannte Moto proprio vom 6. Juli 1816 die politischen Einrichtungen des Kirchenstaates fast ganz auf die vor der Revolution bestandenen Verhältnisse zurück, wodurch er sich eine große Zahl von Feinden, namentlich unter dem Adel erwarb. Er st., nachdem er noch an der Wahl Leos XII. zum Papste Theil genommen hatte, am 24. Januar 1824. Vgl. Bartholdy, Züge aus dem Leben des Cardinals C., Stuttg. 1824.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.