- Enfantin
Enfantin (spr. Angsangtäng), geb. 1796 in Paris, bildete sich auf der Polytechnischen Schule u. wurde später Inhaber eines Bankiergeschäftes; er gründete mit Rodrigues, Bazard u. Ruchez eine Zeitschrift im St. Simonistischen Interesse, Le producteur, u. trat mit dem Ersteren an die Spitze der socialistischen Schule, welche die Theorien St. Simons zu realisiren versuchte; 1831 an dem zu diesem Ende von den Anhängern der Schule eingerichteten gemeinsamen Haushalt theilnehmend, gerieth er bald in die extremste Richtung des Socialismus, indem er für die Emancipation des Weibes u. des Fleisches auftrat. Als er jedoch, um auch das Princip praktisch durchzuführen, 1831 ein socialistisches Concil berief, verließen ihn viele seiner ehemaligen Genossen. Völlig isolirt stand er endlich, als im Winter 1832 die Geldmittel des gemeinsamen Haushaltes, in Folge der verschwenderischen Feste desselben u. mehrerer verunglückter Speculationen, auf die Neige gingen. Mit noch 42 Anhängern zog sich E. nun auf sein Landgut Menilmontant zurück, organisirte dort einen neuen Haushalt, dessen Theilnehmer sich nach Kategorien in die Arbeit theilten, eine eigene seltsame Kleidung trugen, sich Bart u. Haar wachsen ließen u. mit unter die Pariser zu öffentlichen Mahlzeiten einluden. Seine sociale Doctrin legte E. dann in dem Buche Le livre nouveau nieder, welches das Evangelium einer neuen Zeit sein sollte. Auf Grund des Clubgesetzes wurde indeß im Februar 1832 eine Untersuchung gegen E. u. seine Genossen eingeleitet u. im August erfolgte die Verurtheilung; nach einer kurzen Hast trat E. als Ingenieur in ägyptische Dienste, wurde dann Postmeister in der Nähe von[694] 'Lyon u. später Mitglied der wissenschaftlichen Commission von Algier; gegenwärtig bekleidet er ein Amt bei der Verwaltung der Nordbahn. Er war Mitarbeiter des Globe bis zu dessen Aufhören (1832) u. schr.: Exposition de la doctrine St. Simon, Par. 1828–32, 2 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.