Hainbund

Hainbund

Hainbund (Göttinger Dichterbund), eine Vereinigung für Zwecke der Poesie, welche in Göttingen aus dem freundlichen Verkehr einiger junger Leute hervorging, die auf der dortigen Universität studirten u. in der Verehrung für Klopstock u. seine vaterländische Dichtung zusammenstimmten. Als Ostern 1772 J. H. Voß nach Göttingen kam, hatten sich Boie, der als die Stütze des Ganzen zu betrachten ist, Bürger, Wehrs, J. M. Miller, dessen Vetter G. D. Miller u. Hölty schon befreundet. Die Genannten bildeten mit Ewald, F. Cramer, Esmarch u. Seebach eine Gesellschaft, die sich der Reihe nach bei den Mitgliedern wöchentlich ein Mal (gewöhnlich Sonntags Nachmittags) versammelte, um die Producte eines Jeden vorzulegen u. zu beurtheilen, wobei Boie verbesserte. Durch des Letzteren umfassenden Briefwechsel standen od. traten auch Auswärtige, wie Ramler, Knebel, Denis, Wieland, Gleim, Jacobi, Michaelis, Dusch, Ebert, Lessing, Weiße u.a. mit der Dichtergesellschaft in Verbindung. Das Organ der letzteren war der von Boie u. Gotter begründete Musenalmanach (s.d.). Auch mehrere Göttinger Professoren zeigten sich diesen Bestrebungen gewogen. Die Stiftung eines eigentlichen engeren Dichterbundes erfolgte am 12. Sept. 1772 durch die beiden Miller, Fr. Hahn (der schon im Sommer der Gesellschaft beigetreten war), Hölty, Wehrs u. Voß. Voß wurde zum Ältesten erwählt; die Zusammenkünfte wurden alle Sonnabende Nachmittags gehalten u. in denselben Gedichte Klopstocks u. Ramlers, sowie die eigenen Poesien gelesen, besprochen u. beurtheilt. Von letzteren sollten diejenigen Stücke, welche Billigung fanden, in ein Bundesbuch eingetragen u. dann gedruckt werden; durch die Gebrüder Stolberg (mit ihrem Hofmeister Clausewitz), die im Herbst 1772 nach Göttingen kamen, wurde der Bund in Verkehr mit Klopstock gebracht, welchem die Mitglieder in ihrer Begeisterung eine cultusartige Verehrung widmeten. Außer den Grafen Stolberg traten noch Cramer u. der Prediger Brückner zu Großen-Vielen dem Bunde bei. Das Jahr 1772 u. der Sommer des folgenden war die Zeit, wo das Leben in diesem Freundeskreise auf seiner Höhe stand. Durch den Weggang der Gebrüder Stolberg im Herbst 1773 erhielt derselbe einen Verlust, der durch die neugewonnenen Mitglieder nicht ersetzt werden konnte. Leisewitz wurde am 2. Juli 1774 aufgenommen, blieb aber nur kurze Zeit in Göttingen. Um Michaelis desselben Jahres erhielt der Bund einen Besuch von Klopstock; gegen Ausgang des Jahres 1774 waren bereits die meisten Bundesglieder aus Göttingen geschieden; auch Boie verließ dasselbe bald darauf. Die Freunde starben später entweder od. gingen in ihren Lebensbahnen, wie in ihren Richtungen, weit auseinander. Nur eine Zeitlang wurde noch wenigstens ein äußerlicher Zusammenhang unter einem Theile derselben durch die Musenalmanache, sowie durch das Deutsche Museum, das seit 1776 zuerst von Boie u. Dohm, nachher von Boie allein herausgegeben wurde. Der Name H. wird von den Bundesgliedern selbst nicht gebraucht;[858] die Veranlassung desselben ist unbekannt. Vgl. Prutz, Der Göttinger Dichterbund, Lpz. 1841.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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