- Hyperīdes
Hyperīdes, Sohn des Glaukippos, u. im attischen Demos Kollytos um 395 v. Chr. geboren. Von Isokrates zum Redner gebildet, trat er auf die Seite der vaterländischen Partei, welcher er auch, wie der mit ihm befreundete Demosthenes, durch alle Stürme hindurch gegen Philippos, Alexander u. Antipater treu blieb. Er rüstete bei dem Zuge nach Euböa (358) auf eigene Kosten drei Dreidecker aus, verfolgte den Philokrates (346) u. nahm Theil an der Expedition gegen Byzanz (340); nach der Schlacht von Chyronea (338) stellte er vergebens Anträge auf den äußersten Widerstand gegen die Macedonier u. erneuerte seine Aufforderungen zum Kriege gegen dieselben nach dem Tode Philipps, weshalb auch von Alexander d. Gr. seine Auslieferung verlangt wurde. Diesem Verlangen ward nicht gewillfahrt, u. H. rieth den Atheniensern ab, ihre Schiffe zur Flotte Alexanders stoßen zu lassen. Später zerfiel er mit Demosthenes, gegen den er sogar in dem Processe über die Schätze des Harpalos als Ankläger auftrat. Nach Alexanders Tode forderte er wieder zum Aufstande gegen Macedonien auf u. trug wesentlich zum Lamischen Kriege bei. Nach der Niederlage von Krannon (322) floh H. nach Ägina, wurde jedoch hier von Archias gefangen genommen u. zu Korinth vor Antipater gestellt, welcher ihn durch die Folter zum Verrath der Staatsgeheimnisse zu zwingen suchte. H. verrieth aber nichts u. soll während der Tortur gestorben sein. Von seinem Privatleben, welches übrigens nicht tadellos war, ist wenig bekannt; er hatte Umgang mit der Phryne, die er durch eine seiner Reden vom Tode errettete. Obgleich die Alten 77 Reden von ihm kannten, war außer verschiedenen Fragmenten nur ein größeres Bruchstück (aus der Grabrede für Leosthenes bei Stobäos) erhalten, bis 1848 zu London von Harris ziemlich bedeutende Bruchstücke aus der Rede gegen Demosthenes im Harpalischen Proceß erschienen, denen die Reden für Lykophron u. für Euxenippos (herausgegeben von Babington, Lond. 1852; von Schneidewin, Gött. 1853) folgten. Alle drei Reden waren von Harris in einem Grabe in den Ruinen von Theben auf einer Papyrusrolle gefunden worden. Hierzu kam ein großer Theil der Rede des Leosthenes, welcher ebenfalls auf einer Papyrusrolle, die 1856 aus Ägypten durch H. Bobart an das Britische Museum verkauft wurde, enthalten ist u. von Babington (Lond. 1858), Cobet (Leyd. 1858) u. H. Sauppe (im Philologus, Supplementband 1, Gött. 1859) herausgegeben wurde. Sämmtliche Reste der Reden des H. herausgegeben von Müller in den Oratores attici (Paris 1848–58, 2 Bde.). Vgl. Kießling, De Hyperide, Hildb. 1737; Schäfer, Demosthenes u. seine Zeit, Lpz. 1858–59, 3 Bde.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.