Isländische Sprache u. Literatur

Isländische Sprache u. Literatur

Isländische Sprache u. Literatur. Die J. Sprache, wie sie gegenwärtig auf Island gesprochen u. geschrieben wird, ist mit wenigen Umwandlungen noch dieselbe Altnorwegische Sprache, welche im 9. Jahrh. durch die auswandernden Norweger nach Island in ihre neue Heimath gebracht wurde. Da sich bei weitem der größte Theil der Denkmäler der Altnorwegischen Sprache u. Literatur in Island erhalten hat od. auf Island selbst verfaßt wurde, so pflegt man die Altnorwegische Sprache u. Literatur auch unter dem Namen der Isländischen mit zu begreifen, od. auch isländisch als gleichbedeutend mit altnordisch zu nehmen, neuere Grammatiker unterscheiden jedoch strenger zwischen Altnorwegisch (Oldnorsk) u. Isländisch, indem sie letzteres auf die Form des Altnorwegischen beschränken, welche heutigen Tags noch in Island im Munde des Volkes ist. In diesem beschränkteren Sinne umfaßt man unter Isländischer Literatur alles das, was seit Einführung der Buchdruckerkunst u. der Reformation in J-r S. geschrieben worden ist, während man alle noch vorhandenen Denkmäler aus früherer Zeit unter dem Namen der Altnordischen Literatur zusammenfaßt (s. Altnordische Sprache u. Literatur). Gegen Ende des 14. Jahrh., nachdem Island 1380 mit Norwegen an Dänemark gefallen war, geriethen Wissenschaften u. Künste, welche schon vorher unter der norwegischen Herrschaft zu sinken begannen, in gänzlichen Verfall. Wenn sich auch nach Einführung der Reformation (1540–51) die Bildung wieder gehoben hatte, so blieb die nationale Literatur, doch fast nur auf Gedichte, Volksschriften u. Lehrbücher beschränkt; zu wissenschaftlichen Arbeiten bedienten sich die Isländer der Dänischen od. der Lateinischen Sprache. Dabei gewann das Dänische unter den gebildetern Klassen immer größere Verbreitung. Wenn im 15. Jahrh. auch noch Dichter, wie Sigurd Fosfri, Lopti Guttormsdon, später Jonas Halli auftraten, so haben doch die folgenden Jahrhunderte wenig bedeutende Schriftsteller aufzuweisen. Erst im 19. Jahrh. hat sich die Isländische literarische Gesellschaft (Islands Literatur-Selskab) um die Erhaltung u. Fortbildung des Isländischen als einer Cultursprache die größten Verdienste erworben. Dieselbe wurde durch Aufforderung Rask's am 30. März 1816 in Kopenhagen begründet u. besteht aus zwei Abtheilungen, von denen die eine in Kopenhagen, die andere (unter dem Namen Hid íslenzka bókmentafélag) in Reykjavik auf Island ihren Sitz hat. Neben Rask erwarben sich um die Einrichtung derselben die Isländer Arni Helgason (später Stiftsprobst), Bjarni Thorsteinsson (später Amtmann), Finn Magnusson (später Geheimer Archivar) u. Grimur Tonsson (später Amtmann) besonderes Verdienst. Die Gesellschaft hat den Zweck, ältere in der J. S. verfaßte Schriften, sowie neuere, deren Verfasser todt sind od. deren Verlust zu befürchten steht, herauszugeben, ingleichen die Abfassung u. den Druck neuerer Bücher zu besorgen, die für den gemeinen Mann od. den Schulunterricht nützlich sind. Außerdem läßt die kopenhagener Abtheilung eine Zeischrift, Skirnir, drucken, welche eine Übersicht über die wichtigsten politischen u. sonstigen Begebenheiten, sowie über Landbau, Handel, in u. ausländische Literatur gewährt. Außer zahlreichen ältern Literaturwerken hat die Isländische literarische Gesellschaft auch eine Anzahl der bessern neuern Arbeiten drucken lassen. Dahin gehören die Liodhmáli von Stephan Olafson (1823), Jonas Hallgrimsson (1847), Sigurd Petersson (1844), M. Stephanson (1847), die Rimur von S. Breitsiord (1843), das Islenzk Liodhabok von J. Thorlaksson (1842–44, 2 Bde.), die Krädi von Bjarne Thorarensen (1847). Hieran reihen sich die isländischen Übersetzungen von Miltons verlorenem Paradies (Paradisar-missir) durch Jonas Thorlaksson (1828), der Iliade u. Odyssee Homers (Ilions-Kvidha, 1855, 2 Bde.; Odysseifs-Kvädhi, 1853) von Sveinbiörn Egilsson, der Klopstockschen Messiade durch J. Thorlaksson, der 1001 Nacht in einer Auswahl von B. Gröndal u.a. m. Der Predigtliteratur gehören an Sievertsen's Föstupredikanir (1844) u. T. Sämundson's Rädur (1841). Unter den historischen Werken sind zu nennen die Arbokr Islands im Sagastyl von J. Espolin (1821–55, 12 Bde.) u. die beiden Sammelwerke Islands Sagnablödh (1817–26, 10 Bde.) u. Safn til sögn Islands[91] (1853 ff.) Von großem Interesse für die Rechtshistoriker ist der Lagasafn handa Islandi von O. Stephenson u. J. Sigurdsson (1856 ff., 6 Bde.), eine Sammlung der wichtigern auf Island bezüglichen Gesetze u. Erlasse seit 1096. Andere juristische Arbeiten sind Vidalin's Skyringar á fornyrdrum islenzkrar Lögbokar er Ionsbok nefnist (1847–49, 3 Bde.), Th. Jonasson's Um Sättamal a Islendi (1847) u. die Tidhindi fra Althingi islendinga (1845–47). Die isländischen Sprüchwörter sammelte G. Jonsson (1830). Um die J. S. machten sich K. Gislason (Dönsk Orthabok med islenzkum Thydingum, 1851; Um frumparta islenzkrar Tungu i Fornöld, 1846) u. Sveinbjörn Egilsson (Lexicon poeticum antiquae linguae septentrionalis, 1856–59) verdient. Auf den Faröer wird ein skandinavischer Dialekt gesprochen, welcher dem Isländischen sehr nahe steht, wenn er auch von dem Formenreichthum mehrfach Einbuße gelitten hat. Die zahlreichen Heldenlieder, welche sich auf der Inselgruppe von Mund zu Mund fortgepflanzt haben, wurden gesammelt von H. C. Lyngbye (1822) u. V. U. Hammershaimb (1851, 2 Thle.).


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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