Kaspisches Meer

Kaspisches Meer

Kaspisches Meer, 1) (a. Geogr., Hyrkanisches Meer, Mare Caspium, Hyrcanus sinus). großes Binnenmeer Asiens, zwischen Scy aboldsmallthien, Hyrkanien, Atropatene, Albanien u. Asiatischem Sarmatien; seine Gestalt nennen die Alten halbmondförmig, Andere länglich rund (u. zwar länger von Osten nach Westen) u. es galt für noch einmal so lang als breit, die Länge ungefähr 150, die Breite 80 geographische Meilen, wiewohl die Angaben sehr verschieden waren; das Wasser war weniger salzig als das übrige Seewasser. Das K. M. soll einst durch den Phasis mit dem Schwarzen Meere zusammengehangen haben, doch schon zu Herodots Zeiten war es als ein abgeschlossenes Binnenmeer bekannt; dagegen wurde seit der Zeit Alexanders des Großen die Meinung aufgestellt, daß es mit dem Nördlichen Eismeer durch eine Meerenge in Verbindung stehe, bis Ptolemäos erst[361] wieder die richtige Ansicht herrschend machte. Manche unterscheiden auch das K. M. von dem Hyrkanischen Meere u. glauben, daß die Alten unter letzterm den Aralsee verstanden haben; Andere dagegen nehmen den Namen K. M. für den westlichen, Hyrkanisches Meer aber für den östlichen Theil. Übrigens gab es allerdings eine alte Sage, daß das K. M. mit dem Aralsee einst durch einen Hauptarm des Oxos in Verbindung gestanden habe, u. man nimmt noch jetzt an, daß diese einstige Verbindung durch die Niederungen, welche sich nach Osten zum Aralsee (Aralo-Kaspische Niederung) u. nach Westen zum Schwarzen Meer (Ponto-Kaspische Niederung) erstrecken, vermittelt worden sei. Einige haben auch in dem Sonnenteiche bei Homer die erste Andeutung des K-n M-es zu finden geglaubt. Das K. M. blieb den Alten lange ziemlich unbekannt, daher konnte noch Strabo behaupten, daß auf demselben gar keine Schifffahrt getrieben wurde, weshalb es Mela hafenlos nennt; vgl. Kephalides, De mari Caspio, Gött. 1814; Eichwald, Alte Geographie des K-n M-es, Berl. 1838. 2) (n. Geogr., auch Kaspi-See, bei den Türken Bahri Gase, bei den Russen Chwolinski Mora od. Astrachaner Meer, bei den Tataren Ak-Dinghis [d. i. Weißes Meer], bei den Persern Gursen od. Kulßum, bei den Grusiern Kurschesk, bei den Armeniern Ssorf), See in Asien, der größte Landsee der Erde; hat 7330 QM. Flächenraum, von Nord nach Süd 165 Meilen lang, von Ost nach West von 25 bis zu 60 Meilen breit. Mit dem nördlichen u. westlichen Theile gehört er zu Rußland, mit dem südlichen zu Persien u. mit dem mittleren östlichen zur Freien Tatarei. Von den zahlreichen Zuflüssen sind die bedeutendsten aus Asien: der Ural, Emba, Attreck, Gurgan, Kisil-Ofen u. Kur, aus Europa: Terek, Kuma u. Wolga. An der Ostküste befinden sich die Buchten Mertwoi od. Todte Bai mit der südwestlich abgezweigten Karasu, Kotschak, Alexanderbai, Kenderlinkbai, Kara-boghas (so genannt nach dem Eingange in die Bucht), an der Südküste die Asterabad- u. Enselibai, an der Westküste die Buchten Kisil-Agatsch u. Agrachan. Von den vielen Inseln, deren sich bei fortschreitender Wasserabnahme u. den Anschwemmungen der Flüsse immer noch neue bilden, sind zu erwähnen die Wolgainseln von dem Deltalande dieses Flusses, Koklin, Buituk, Ruins, die Seehundsinseln Kulaly, Morskoi, Swiatoi u. Podgornyi, ferner Tschelekän, Ogurtschin-Aulak. Dagegen ist nur eine Halbinsel von Bedeutung, Apscheron, vorhanden. Die nennenswerthen Vorgebirge sind an der Ostküste das Cap Karagan, an der Westküste die Caps Apscheron, Amburan, Bolak u. Agrachan. Was die Tiefe des Sees anbelangt, so theilt derselbe sich durch eine Linie von dem Cap Agrachan nach dem Cap Karagan in ein nördliches flaches (nur bis 9 Faden Tiefe) u. in ein südliches tiefes Becken. Das südliche Becken kann durch eine Linie, welche an der schmalsten Stelle des Meeres gezogen wird, wiederum in ein nördliches tieferes u. in ein südliches flacheres Becken getheilt werden. Die Tiefe ist im Allgemeinen noch nicht hinreichend erforscht, doch hat man Stellen von mehr als 200 Faden Tiefe gefunden. Das Wasser hat nach neuesten Untersuchungen auf 1000 Theile Wasser 14 Theile verschiedener Salze, von denen 1/4 schwefelsaure Magnesia u. 3/5 gewöhnliches Kochsal; sind. Demnach hat das K. M. kaum 1/3 des Salzgehaltes vom Ocean (0, 036 bis 0, 043); in dem nördlichsten, flachen Becken ist der Salzgehalt wegen der Menge des zuströmenden süßen Wassers noch viel geringer. Im Übrigen ist der See fischreich, namentlich an Stören u. Hausen u. hat viele Seehunde. Da den ganzen nördlichen Theil des Sees die Steppe umgibt, so sind hier durchgängig die Ufer flach, mit Ausnahme der Gegend bei dem Karasu, während das tiefe Becken meist hohe Uferländer hat, hie u. da mit schmalem Vorlande, nur um den Karaboghas u. von dem Asterabadschen Busen nordwärts ist die Küste ebenfalls flach. Der Spiegel des K-n M-es liegt 84 engl. Fuß tiefer, als der des Schwarzen Meeres. In der Ponto-Kaspischen Niederung beabsichtigt man von russischer Seite durch einen Kanal eine Wasserstraße nach dem Asowschen Meere her zustellen. Die ganz neuestens von Bergsträsser veranstalteten Vermessungen haben ergeben, daß der Manitschsee, etwa die Mitte zwischen dem Kaspischen u. Asowschen Meere, nur 23 Fuß über dem letzteren u. 107 Fuß über dem ersteren liegt. Durch die Kuma u. den östlichen Manitschfluß gespeist würde der Kanal nach dem Manitschsee führen u. aus diesem, vermittelst des westlichen Manitschflusses, nach dem unteren Don. Vermittelst der Wolga u. verschiedener Kanäle, welche zwischen einigen Zuflüssen dieses Stromes u. dem Ladogasee hergestellt sind, steht das K. M. schon seit längerer Zeit mit der Ostsee u. durch die Kanäle zwischen der Wolga u. Dwina auch mit dem Polarmeere in Verbindung. Die Schifffahrt auf dem K-n M-e ist nicht unbeträchtlich, obwohl theilweise gefährlich u. dadurch noch erschwert, daß die Schiffe wegen des seichten Wassers, namentlich im Norden, weitab vom Lande ankern müssen; auch unterhält Rußland eine Kriegsflotille auf dem See.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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