- Knorpel
Knorpel (Catilagines), nebst den Knochen u. Horngebilden die festesten Bestandtheile des thierischen Körpers, zeichnen sich durch hohen Grad von Elasticität u. Biegsamkeit neben großer Festigkeit aus, treten bei der Entwicklung des Embryo zuerst mit auf. Ihrer Mischung u. Textur nach stehen sie den Knochen am nächsten u. sind (alle freiliegenden K. nämlich, mit Ausnahme der Gelenkknorpel) wie diese mit einer sehnigen Haut, Knorpelhaut (Perichondrium) überzogen, die aber weniger fest wie die Knochenhaut angeheftet ist. Die K. lassen sich mit dem Messer schneiden, sind von bläulicher, gelblicher od. röthlichweißer Farbe, widerstehen der Fäulniß lange, brechen bei starker Biegung querdurch, bes. wenn sie nicht von Knorpelhaut umgeben sind, mit glatter, körniger od. faseriger Bruchfläche. In der Jugend sind die K. weicher, später werden sie fester, undurchsichtiger, spröder, im Alter poröser, brüchig, glanzlos u. undurchsichtig. Die chemische Zusammensetzung der K. zeigt Ähnlichkeit mit der der Knochen, ist jedoch noch nicht genau ergründet. Durch Kochen mit Wasser lösen sie sich entweder ganz od. mit Zurücklassung einer fasrigen Substanz zu einer gallertartigen Masse, Knorpelleim (Chondrin, s.d.) auf. Die Ernährung der K. geschieht wahrscheinlich auch nur beim Embryo u. dem Neugebornen, durch sehr wenig seine farblose Blutgefäße, die aus der Knorpelhaut od. aus dem Knoch en, mit dem sie in Verbindung stehen, eindringen. Die meisten K. sind beim Erwachsenen gefäßlos, nur auf der Knorpelhaut verbreiten sich Blutgefäße. Nerven u. Lymphgefäße lassen sich gar nicht nachweisen, daher ist auch die Lebensfähigkeit der K. höchst gering u. es beruht ihre Entstehung u. ihr Wachsthum nicht, wie in den meisten anderen Theilen, auf Stoffwechsel mittelst der Blut- u. Lymphgefäße, sondern nur auf der selbständigen Entwicklung der Knorpelzellen; nachdem dieselben vollendet, scheint keine weitere Veränderung der einmal gebildeten Knorpelsubstanz einzutreten, eine Regeneration ist daher unmöglich, getrennte Knorpelstücke vereinigen sich nicht durch neuerzeugte Knorpelmasse, sondern durch häutige Substanz (Zellgewebe) u. Zusammenwachsen der Knorpelhaut. Krankhafte Neubildung von K. kommt häufiger vor, bes. in den nervösen u. fibrösen Geweben (z.B. Gelenkmäuse u. Knorpelgeschwulst Enchondrom). Der Nutzen der K. ist die Biegsamkeit gewisser Theile (der Ohren, Nase, Kehlkopf, Rippen etc.) zu vermitteln, ferner als Polster zu dienen, wo die Enden zweier mit einander beweglich od. unbeweglich verbundener Knochen auf einander drücken, stoßen od. reiben würden, ferner an Stellen, wo Sehnen hin- u. hergleiten, die Reibung zu mindern. Die Textur der K. zeigt eine homogene od. faserige Grundsubstanz (Intercellularsubstanz). in welcher man Höhlen (Knorpelhöhlen) mit einer od. mehreren Zellen (Knorpelzellen) bemerkt; diese schließen oft einen od. mehrere Kerne ein, welche wiederum zwei od. drei Kernkörperchen enthalten. Die K. bilden die erste Grundlage zur Entstehung fast aller Knochen, doch gibt es auch K., welche nie od. nur abnormer Weise verknöchern, daher unterscheidet man A) bleibende K. (Cart. permanentes), die während des ganzen Lebens in der Regel nicht verknöchern, u. diese zerfallen wieder in a) wahre, hyaline, echte K., zu denen die Gerüst- od. Organenknorpel (Nase, Luftröhren u. Kehlkopf), die Gelenkknorpel (Cart. articulares) die K. der Nähte u. Synchondrosen, die Knochengerüstknorpel (Rippenknorpel) gehören; u. in b) Faserknorpel, Band- od. Sehnenknorpel (Cart. fibrosae s. ligamentosae, Fibrocartilagines); diese enthalten neben Zellen eine faserige Grundsubstanz, sind weicher; biegsamer u. verknöchern noch seltener als die wahren K.; zu ihnen gehören die K. des äußeren Ohres, der Schambeinfuge, der inneren Schlüsselbeinverbindung u. ein Theil der Zwischenwirbelbänder. B) Verschwindende, ossificirende, verknöchernde K. (Cart. temporariae, ossescentes s. formativae), welche die erste Grundlage der Knochen (vor ihrer Verknöcherung) bilden. C) Knochenknorpel (verknöcherter K., C. ossium)[618] die organische Grundmasse des Knochens nach seiner Verknöcherung, die man durch Ausziehung der Knochenerde mittelst Salzsäure erhält. Dieser unterscheidet sich von den beiden vorigen dadurch, daß er durch Kochen mit Wasser Glutin gibt, während jener Chondrin liefert; s.u. Knochen.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.