- Paracelsus
Paracelsus, eigentlich Philipp Theophrastus von Hohenheim od. gräcisirt P. genannt Aureolus Bombastus, geb. 1493 zu Einsiedeln im Canton Schwyz. Von seinem Vater, dem natürlichen Sohn eines Adeligen, von Hohenheim, einem Arzt u. Chemiker, erhielt er den ersten Unterricht, dann lernte er noch die Chemie bei Abt Tritheim in Sponheim u. die Alchemie bei dem Wundarzt Sigismund Fugger. Sonst genoß er keinen eigentlichen Universitätsunterricht, erwarb sich aber durch eignes Studium, viele Reisen als Scholastikus u. als Feldarzt etc. ausgebreitete Kenntnisse in der Heilkunst. Im Jahr 1527–28 trat er als Lehrer der Medicin in Basel auf, gab aber diese Stelle wegen eines Zwistes mit dem Magistrate wieder auf u. führte dann ein mehr wanderndes Leben im Elsaß u. in Deutschland, bis er 23. Sept. 1541 in Salzburg starb, wo sich in der St. Sebastianskirche noch sein Grabmal findet. Ob er gleich sehr vieles schrieb, so erschien doch sehr wenig von ihm bei seinem Leben gedruckt, die Herausgabe seiner meisten Werke erfolgte vielmehr erst später durch seine Anhänger. P. wurde ebenso sehr angestaunt u. bewundert, als mit wegwerfender Geringschätzung beurtheilt. Früh mit dem Scharfblicke des Genies die Gebrechen der galenisch-arabistischen Medicin seiner Zeit erkennend, wurde er dadurch zum Reformator der Heilkunst, daß er über deren Mängel u. Leere aufzuklären suchte, indem er selbst sinnbildlich die Werke Galens u. Avicennas öffentlich verbrannte u. zur naturgemäßern hippokratischen Medicin zurückzugehen verlangte, daß er die Medicin aus der einseitigen humoristischen Ansicht des Lebens (s. Humoralpathologie) in seinem gefunden u. krankhaften Zustande zu einer mehr geistigen, dynamischen zu erheben u. dieselbe von den überladenen Zusammensetzungen der Arzneimittel Galens u. der Araber zu befreien u. den chemisch-metallischen Mitteln mehr Eingang zu verschaffen suchte. Sein unruhiger u. excentrischer, durch eine ausschweifende Phantasie erregter u. sich oft in mystisch-kabbalistischen, sowie alchymistischen u. astrologischen Schwärmereien ergehender Geist, verbunden mit übertriebener Verachtung des vorhandenen Guten der Wissenschaft, prahlerischer Eitelkeit, ungeregelter Lebensweise führten ihn aber auch zu so vielen Verirrungen, daß seine geistigen Schöpfungen sowohl der sichern Grundlage der Erfahrung, als auch der wissenschaftlichen Einheit, welche letztere auch seine zahlreichen Anhänger (Paracelsisten) nicht in dieselben zu bringen wußten, entbehren, obgleich in ihrer Dunkel- u. Verworrenheit manche Lichtfunken eines tiefern Schauens hindurchblicken, u. verleiteten ihn auch die Kunst mit der Ruhmredigkeit des Charletanismus zu beflecken, in dessen höchstem Dünkel er sich selbst der Erfindung einer Universalmedicin rühmte. Auch die Alchemie gewann durch ihn eine neue Stütze; auf die praktische Medicin aber gewann er dadurch einen bedeutenden Einfluß, daß seit dieser Zeit chemisch bereitete Mittel, u. unter ihnen eine Menge Arcana, die frühern einfachen Pflanzenmittel immer mehr verdrängten. Insbesondere verpflanzte auch die Rosenkreuzergesellschaft seine Lehren. Werke herausgegeben von I. Huser, Basel 1589–90, 11 Bde., Strasb. 1616–18, 3 Bde., am vollständigsten Genf 1658, 2 Bde.; vgl. M. B. Lessing, P., Berl. 1839; Marx, Zur Würdigung des Theophrastus von Hohenheim, Gött. 1842; Lindner, Theophrastus als Bekämpfer des Papstthums, Lpz. 1845. I. v. d. Traun hat das Leben P's dramatisch behandelt.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.