- Radetzky
Radetzky (eigentlich Hradecky v. Hradec), eine der Katholischen Confession folgende, alte böhmische Familie, welche 1764 in den Grafenstand erhoben wurde in der Person des 1) Wenzel Leopold Johann, er war der Sohn des 1728 verstorbenen Kreishauptmanns Peter Eusebius, geb. 1704 in Prag u. seit 1731 mit Anna Veronica v. Procub vermählt. 2) Graf Joseph Wenzel R. von Radetz, Herzog von Custozza, Herr auf Neumarkt in Krain u. Rzidko in Böhmen, Enkel des Vorigen u. Sohn des 1776 verstorbenen Grafen Peter Eusebius, geb. den 2. Nov. 1766 zu Tzrebnitz in Böhmen, trat 1784 als Cadett in ein Kürassierregiment, wurde 1786 Lieutenant u. machte 1788–90 unter Lascy u. Laudon die türkischen Feldzüge u. 1703-95 die in den Niederlanden u. Deutschland mit, wo er erst des Erzherzogs Albrecht, dann Clairfaits Adjutant war. Bereits 1794 zum Rittmeister avancirt, wurde er 1796 Adjutant des Generals Beaulieu in Italien u. 1797 Major in dem neu errichteten Pionniercorps. Wegen seiner ausgezeichneten Dienstleistung in dem Feldzuge von 1799–1800 wurde er, nachdem er kurze Zeit als Oberstlieutenant beim großen Generalstab gestanden hatte, Generaladjutant u. Oberst beim Kürassierregiment Erzherzog Albrecht, welches er in dem Winterfeldzug 1800 in Deutschland commandirte; 1805 wurde er Generalmajor u. kam zur italienischen Armee, wo er beim Davidovichschen Corps thätig war; im November d. J. erhielt er Befehl nach Cilly vorzugehen, um den durch Marmont bedrohten Rücken der österreichischen Armee zu decken. Nach dem Frieden war R. in Wien mit Ausarbeitung von Reglements für das Trainwesen u. Thierarzneiinstitut beschäftigt u. betheiligte sich auch an der Begründung des Equitationsinstitutes. 1809 wurde er Feldmarschalllieutenant, Chef des Generalquartiermeisterstabes u. Inhaber des fünften Husarenregiments u. stand beim Armeecorps des Erzherzogs Ludwig, wo er sich bes. auf dem Rückzug über Landshut u. bei Lambach auszeichnete, die Schlacht bei Wagram mitmachte u. dann Chef des Generalstabes beim Fürsten Liechtenstein wurde. Nach dem Frieden beschäftigte er sich als Chef des Generalquartiermeisterstabes unausgesetzt mit Verbesserungen im österreichischen Militärwesen. 1813 entwarf er als Chef des Generalstabes beim Fürsten Schwarzenberg den Operationsplan für den Krieg u. die Disposition zur Schlacht von Leipzig. Er wurde 1816 Commandant einer Cavalleriedivisionin Ödenburg u. 1818 zum Generalcommando in Ungarn berufen; 1829 wurde er General der Cavallerie u. Commandant der Festung Olmütz, 1831 Gouverneur der Lombardei u. 1836 Feldmarschall. Die Friedensjahre benutzte er zur Ausbildung der Armee u. hielt jährlich die berühmten Herbstmanövers, welche von Offizieren fast aller europäischen Armeen zahlreich besucht waren. Er sah die Katastrophe von 1848 kommen, ohne ihr vorbeugen zu können, u. mußte sich im Anfang des Kriegs vor den Sardiniern bis Verona zurückziehen. Aber desto glänzender führte er dann diesen u. den 1849 wiederausgebrochenen Krieg durch die entscheidenden Schlachten von Custozza u. Novara zu Ende, darüber s. Lombardisch-Venetianisches Königreich. Als es 1850 schien, daß ein Krieg zwischen Österreich u. Preußen ausbrechen würde, wurde R. nach Wien gerufen, um eventuell den Operationsplan zu machen, doch kehrte er im Dec. d. J. in seine Stellung als Generalgouverneur u. Landesmilitärcommandant der Lombardei u. Venedig zurück. 1852 erhielt er von den Ständen Krains das Gut Thurn bei Laibach zum lebenslänglichen Genuß überlassen, wurde auf wiederholtes Bitten Ende Febr. 1857 in ehrenvollsten Ruhestand versetzt, st. 5. Januar 1858 in Mailand u. wurde zu Wetzdorf (unweit Wien) beigesetzt. Er war seit 1797 vermählt mit Franciska geb. Gräfin Strassoldo-Grafenberg; sein Sohn Theodor ist Oberst in einem österreichischen Dragonerregiment. Vgl. Strack, Graf R., Wien 1849; Schneidawind, Feldmarschall Graf R., Augsb. 1851; Der Feldmarschall Graf R., Stuttg. 1858; Denkschriften militärisch-politischen Inhalts aus dem handschriftlichen Nachlasse des Feldmarschalls Graf R., ebd. 1858; Troubetzkoi, Campagnes du Feldmaréchal Comte R. dans le nord de l'Italie en 1848–49. Lpz. 1860.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.