- Scheuer [1]
Scheuer (Scheune), landwirthschaftliches Gebäude, in welchem die geernteten Körnerfrüchte mit Stroh u. Heu aufbewahrt u. erstere ausgedroschen u. gereinigt werden. Bei Landgütern baut man die S-n womöglich im Hofe u. in der Nähe der Stallungen u. des Speichers, in Städten der Feuersgefahr wegen vor den Thoren. Man soll die S-n nicht zu umfänglich anlegen, um Baucapital zu ersparen, da sich die Körnerfrüchte auch sehr gut im Freien in Feimen aufbewahren lassen. Die Stelle, wohin eine S. gebaut werden soll, muß frei, lustig u. etwas erhöht sein, damit kein Wasser eindringen kann u. der Ein- u. Ausfuhr der Erntewagen kein Hinderniß entgegengestellt wird. Die Längenseiten sollen möglichst den herrschenden Winden ausgesetzt sein. Die S. muß vom Hofe aus leicht übersehen werden können. Da wo das Getreide gedroschen wird, haben die S-n die Gestalt eines länglichen Vierecks; wo es Pferde od. Ochsen austreten, hat man auch runde S-n. Die Umfassungsmauern einer S. sind von Steinen od. [145] Lehm od. bestehen aus Bundwänden; der Theil vom Fußboden bis an das Dach heißt der Rumpf. In Wänden u. Giebeln bringt man Luftlöcher in der Höhe an; Dunströhren muß man vermeiden. Die Tenne (Dreschtenne) geht entweder durch die Länge der S. (Langtenne), u. zwar so, daß sie in der Mitte u. zu jeder Seite eine Banse angebracht ist (Mittenlangtenne); od. die Tenne ist an der einen Seite, die Banse an der anderen Seite (Seitenlangtenne), wie in Nieder-Deutschland; od. die Tenne ist nach der Tiefe der S. (Quertenne), u. dann sind fast immer zu beiden Seiten Bansen. Langtennen haben 2 Thore, daß man durchfahren kann; Quertennen nur 1 Thor, in letzterm Fall muß in der entgegengesetzten Wand ein Deichselloch angebracht sein, um den Wagen, dessen Deichsel durch dieses Loch hinausgeht, weiter hinterschieben zu können. Die Tenne muß 14 Fuß breit sein, ihre Länge ergibt sich aus der Tiefe der S. Die Dreschtenne ist mit Bohlen belegt od. mit einer Decke von Lehm überzogen; dieser wird von allen Steinen gereinigt, eingeweicht, zu einem harten Teig gemacht, fleißig mit den Füßen getreten, 11/2 Fuß hoch auf die wagerecht geebnete Tenne gebracht, wagerecht geebnet u. mit den Füßen gleichgetreten. Dann werden auf die Tenne Breter gelegt, von wo aus die Arbeiter die Lehmdecke mit dem Behr, einem schaufelähnlichen Geräth, derb u. glatt schlagen. Sowie eine Stelle genug geebnet u. getrieben ist, werden die Breter weiter gelegt. Nach dem Behren bleibt die Tenne 48 Stunden liegen; dann wird sie 1 Stunde tüchtig mit Dreschflegeln geschlagen u. wieder 24 Stunden liegen gelassen. Ist die Tenne völlig trocken u. fest, so wird sie mit Rindsblut überstrichen, welches völlig einzieht u. die kleinen Ritzen ausfüllt; endlich wird Hammerschlag über das noch zähe Blut gestreut u. die Tenne so lange gebehrt u. gedroschen, bis sie hart u. nicht mehr rissig ist. Man fertigt auch Tennen aus Lehmsteinen; diese werden, wenn sie völlig ausgetrocknet sind, eingesetzt, mit einem dünnen Mörtel verbunden u. ausg rollt. Am Eingang der Tenne wird beim Dreschen das Scheuernbret vorgesetzt, um zu verhindern, daß beim Dreschen Körner von der Tenne hinaus springen; es ist so lang, als die Tenne breit ist u. ungefähr 21/2 Fuß hoch; es wird in 2 Ständer, welche mit einem Falz versehen sind, eingeschoben. Die Bansen (Tassen) sind die auf einer beiden Seiten (s. oben) befindlichen Räume neben der Tenne zur Aufbewahrung eines Theils des Getreides. Sie werden von der Tenne durch ungefähr 5 Fuß hohe Wände (Tennenwände, Bansenwände) geschieden, welche aus Schwellen, Ständern u. Riegeln bestehen u. mit starken Bretern beschlagen sind. In die Bansen wird das Getreide schichtweise gelegt (Einbansen). Man schlägt einen Theil der Bansen mit Lehm aus, um auch Früchte mit kleinen Samen ohne bedeutenden Körnerverlust u. Verderb aufbewahren zu können, belegt auch den Boden derselben mit Stangen, damit das Getreide hohl zu liegen kommt; feuchte Bansen werden drainirt od. wenigstens der Boden mit aufrecht gestellten Reisig- od. Rapsstrohbündeln ausgefüllt. Die Emporscheune entsteht durch Bedeckung der Balken über der Tenne, auch meist über den Bansen mit Bretern od. Stangen. Da, wo die Garben in die Emporscheune hinausgehoben werden, schneidet man 1 od. 2 Balken aus u. läßt sie auf Wechseln ruhen (Obertenneloch). Zur Sicherung gegen Unglücksfälle wird dasselbe in den vier Ecken durch senkrechte Pfosten begrenzt, die unten auf dem ersten Gebälk u. oben an den Dachsparren befestigt werden. Auf diesen Pfosten werden auf die ganze Höhe u. auf allen vier Seiten Quersprossen aufgenagelt, welche von oben nach unten 4 Fuß von einander entfernt sind. Die Emporscheune ist der Höhe nach in 2 od. 3 Abtheilungen getheilt, welche durch die eigentlichen Balken, Kehl- u. Hahnebalken gebildet werden. Man hat auch S-n, wo durch große Luken die Garben in die Banse gebracht werden u. kein Wagen auf die Tenne kommt. Ferner hat man S-n an einer abhängigen Länge, welche ein Thor in den Giebel haben, durch welches man mittelst einer Brücke fährt. Gewöhnlich ist hier der untere Raum ein Keller. Eigenthümlich ist die Alsen'sche S. In der Mitte der S. befindet sich der Raum für das Roßwerk der Dreschmaschine u. für den Umgang der diese Maschine treibenden Thiere. An die beiden gegenüber liegenden Längeseiten dieses Raumes schließt sich ein Scheunenfach von angemessener Tiefe. Je nachdem auf dem einen od. andern Scheunenfach gedroschen werden soll, wird das Roßwerk in seiner Stellung verändert. Die beiden länglichen Scheunenfächer sind mit einflügeligen Thüren in gleichmäßiger Entfernung von einander versehen. Entsprechend jeder Thüre wird ein Feimen aufgestellt. Zur Erntezeit wird über dem Platz, auf welchem ein Feimen errichtet werden soll, ein starkes Seil, wie bei den Seiltänzern über zwei Mal je zwei Querstreben gespannt u. über diese gewöhnliche Leinwand aufgerollt, wodurch der Feimen gegen Regen geschützt ist. Ist im Winter eins der Scheunenfächer leer gedroschen, so wird vor dem einzubringenden Feimen die Seitenthür geöffnet u. bei eisigem Wetter das getheerte Segeltuch angewendet. Aus der Thüre des Scheunenfaches wird zum Feimen hinauf eine aus Bretern zusammengenagelte Rinne gelegt u. in derselben die Garben in das Scheunenfach befördert. Man hat in England auch bewegliche S-n, für welche das Getreide in viereckigen Feimen aufbewahrt wird, bis es gedroschen wird; sie bezwecken, daß, wenn das Getreide aus den Feimen auf die Tenne gebracht werden soll, nicht so viele Körner verloren geben, das Getreide in dem abgerissenen Feimen nicht vor dem Dreschen wieder beregnet werde, od. nicht nur bei gutem Wetter gedroschen zu werden braucht. Sie bestehen aus einer Tenne; welche mit starken Bohlen gedielt ist, u. aus einem leeren Raum, welcher von der Seite über den Feimen geschoben wird, von der man zuerst das Getreide zum Dreschen wegnimmt. Wenn ein Theil des Feimens abgedroschen ist, wird die S. weiter nachgeschoben. Das Dach dieser, ungefähr 28 Fuß langen, 17 Fuß breiten, 16 Fuß hohen S-n ist gewöhnlich von Schilf, die Seitenwände von leichten Bretern, welche über einander fassen; das Ganze ruht auf hölzernen Schwellen; an jeder der beiden langen Seiten sind drei Räder angebracht. Um das Fortbewegen dieser S-n zu erleichtern, bedient man sich hölzerner Rinnen, in welchen die Räder geben. Der beweglichen S. ähnlich ist die bewegliche Dreschtenne, welche bes. bei solchen Früchten in Anwendung kommt, welche leicht ausfallen, wie die Ölgewächse, od. welche man möglichst lange auf dem Halme stehen läßt, bei deren Einerntung dann aber bedeutender Körnerverlust zu befürchten ist, wie die Hülsenfrüchte.[146] Der Ausdrusch geschieht dann auf dem Felde, wo man mit dem Ausdreschen nicht so sehr zu eilen braucht. Die beweglichen Dreschtennen sind aus dünnen, ungeschälten Fichtenstangen von 2–21/2 Zoll Durchmesser zusammengesetzt, welche durch in Einschnitte gepaßte Stricke verbunden sind u. auf zwei starken Querbalken ruhen. Unter der Tenne ist ein grobes Tuch ausgebreitet, welches zur Aufnahme der durchfallenden Samenkörner dient; neben der Tenne befinden sich Aufsetzbreter, welche durch Eisenstangen gestützt werden, welche mit halbkreisförmigen Enden in Einschnitte an den Querbalken greifen. Beim Transport von u. nach dem Felde werden die Tennen zusammengerollt u. sammt den übrigen Stücken auf einen Wagen geladen. Auf größeren Gütern ist in der Regel während der Dreschzeit ein besonderer Knecht (Scheuernknecht, Tennenmeister) angestellt, welcher die Aufsicht über S.u. Drescher führt, aber auch selbst mit arbeitet. Die Größe einer S. richtet sich nach der Menge der zu einer Wirthschaft gehörigen Felder, aber auch zugleich nach dem Umstand, ob das Wintergetreide gebauen od. geschnitten wird. Im Allgemeinen dürfen S-n, wenn es die Localität gestattet, nicht unter 36 Fuß tief werden; sie erhalten 12–16 Fuß hohe Wände, 14–16 Fuß breite Tennen u. zu jeder Seite derselben 30–32 Fuß lange Bansen. Auf 1 Schock Garben von Wintergetreide werden durchschnittlich 240, von Sommergetreide 210, auf eine vierspännige Fuhre Hülsenfrüchte 600 Cubikfuß Raum gerechnet. Vor der Ernte muß die S. von allen Rückständen der frühern Aufbewahrung gereinigt u. gelüstet u. das Dach auf schadhafte Stellen untersucht werden. In der S. muß jede Körnerart sorgfältig von der anderen geschieden, aber so gebanst werden, daß man zu jeder Zeit zu ihr gelangen kann. Das Einbansen muß so fest als möglich geschehen. Wo man noch keine Wurfmaschinen anwendet, ist es von Vortheil die S. so anzulegen, daß die Tenne dem Ost- u. Westwind offen steht.
Pierer's Lexicon. 1857–1865.