Sontag

Sontag

Sontag, Henriette, geb. 3. Januar 1806 (nicht 13. Mai 1805, wie sonst angegeben wurde) in Coblenz. Von ihren Eltern, welche selbst Schauspieler waren, für die Bühne bestimmt, trat sie schon als fünfjähriges Kind zu Frankfurt a. M. im Donauweibchen als kleine Salome auf u. erwarb sich bald eine ziemliche Ausbildung der Stimme. Neun Jahre alt, verlor sie ihren Vater u. ging nun mit ihrer Mutter nach Darmstadt u. von da nach Prag, wo sie Unterricht im Conservatorium für Musik erhielt u. im 15. Jahre mit ausgezeichnetem Erfolge auftrat; darauf ward sie bei wachsendem Beifall in Wien für die Deutsche Oper engagirt, sang aber auch mit großem Beifall in der Italienischen Oper u. bildete sich vorzüglich nach der Fodor-Mainville. 1824, nach Auflösung der Italienischen Oper, machte sie ihre erste Kunstreise, trat auch in Leipzig in mehren Gastrollen auf, gefiel sehr u. sang bes. als Rosine u. Euryanthe mit stürmischem Beifall. In demselben Jahre wurde sie nebst ihrer Mutter u. jüngsten Schwester an dem neuen Königstädter Theater in Berlin engagirt u. erwarb durch jugendliche Anmuth u. Kunstfertigkeit des Vortrags einen unerhörten Beifall. Unter den Journalisten erhob sich Fehde, angefacht durch einen Roman Rellstabs (Die Sängerin Henriette) u. durch die fortgesetzten Angriffe Saphirs; allein die S. erhielt sich fortwährend in der Gunst des Publicums u. des Hofs, wurde zur Königlichen Hof- u. Kammersängerin ernannt u. ging zur Königlichen Bühne über. 1828 gab sie Gastvorstellungen in Paris u. kehrte zwar über Frankfurt a. M. u. Weimar nach Berlin zurück nahm aber 1827 ein zweijähriges Engagement in Paris an u. erregte hier, so wie in London, wohin sie 1828 zu Gastvorstellungen in der Italienischen Oper ging, den rauschendsten Beifall. Ende 1828 verheirathete sie sich insgeheim mit dem Grafen Karl Rossi, welcher bei der sardinischen Gesandtschaft in Holland angestellt war, u. betrat die Bühne nur noch auf ihrer letzten großen Kunstreise in Berlin, wo sie vorläufig ihre dramatische Laufbahn[296] mit der Semiramis von Rossini schloß; dann besuchte sie als Concertsängerin Petersburg u. Moskau u. kehrte über Hamburg, wo sie zum letzten Male öffentlich sang, nach den Niederlanden zurück. Die Heirath mit Rossi wurde nun öffentlich erklärt u. sie lebte einige Zeit mit ihrem Gemahl im Haag; später wurde derselbe sardinischer Geschäftsträger in Rio Janeiro, 1835 bis 1838 Gesandter beim Deutschen Bundestag in Frankfurt, dann wieder im Haag, bis 1843 in Petersburg u. bis 1848 in Berlin, wohin sie ihn überall begleitete. Nachdem sie fast 20 Jahre nicht mehr öffentlich aufgetreten war, nahm sie, da ihr Gemahl durch die Revolution 1848 seinen diplomatischen Posten verloren hatte u. weil dessen Vermögensverhältnisse sehr zerrüttet worden waren, wieder ein Engagement bei der Italienischen Oper zu London für die Saison von 1849 an, betrat die Bühne zuerst wieder den 7. Juli als Linda von Chamouny u. erntete reichen Beifall Von London machte sie nur einmal 1850 einen Ausflug auf den Continent, um in Brüssel ein Concert zu geben; 1851 ging sie mit Lumley nach Paris, worauf sie Anfangs 1852 nach Deutschland kam, in Stuttgart, Dresden, Leipzig u.a. Städten auftrat, im Aug. 1852 aber sich in Liverpool einschiffte, um nach Nordamerika, zunächst nach New York, zu gehen. Auf dieser Kunstreise in Amerika begriffen, starb sie 17. Juni 1654 in Mexico an der Cholera; ihr Leichnam wurde nach Europa gebracht u. 4. Mai 1855 im Kloster St. Marienthal bei Ostritz in der Sächsischen Lausitz beigesetzt. Ihre Hauptrollen waren: Rosine (in Rossinis Barbier von Sevilla), die Italienerin in Algier, Cenerentola (in Aschenbrödel), Helene (im Fräulein vom See), Donna Anna (im Don Juan), Prinzessin von Navarra (in Johann von Paris), Euryanthe, Agathe (im Freischütz), Karoline (in der heimlichen Ehe), Sophie (im Sargino), wozu bei ihrem späteren Auftreten auch noch Martha, Marie (Regimentstochter) u. Lucrezia Borgia kamen. Julius Gundling hat ihr Jugendleben zu dem Kunstroman Henriette S. (Lpz. 1861, 2 Bde.) benutzt.


Pierer's Lexicon. 1857–1865.

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